Unvergessen bleibt die massive Ratlosigkeit jenes Tages vor acht Jahren, als Friedrich Schirmer, neu als Chef am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, der Stadt mit stolz geschwellter Brust erklären wollte, wie sein spezielles Theaterprofil aussehen würde. Der vorgesehene Spielplan sah ganz ordentlich aus. Und mit der Neuinstallation einer eigenen Jugendbühne setzte sich Schirmer an die Spitze eines Trends jener Zeit. Optisch allerdings erntete er Kopfschütteln – als Signet setzte er auf einen Delfin. Und das erste Spielzeitbuch strotzte nur so von Bildern vom Hafen. Wollte der Neue, geboren in Köln und aufgewachsen in Bremen, ausgerechnet den Hamburgern erklären, wie ein Hafen aussieht? Das wussten sie schon.
Wer sich obendrein den Spaß machte, per Internet nachzublättern in Schirmers Antrittsauftritt am vorigen Dienstort in Stuttgart, der staunte noch mehr – auch die Schwabenmetropole hatte Schirmer zur Hafenstadt erklärt. Sie hat zwar einen am Neckar, klar. Aber für Stuttgart war das ein spezieller Ort. Für Hamburg gar nicht. Schirmer startete mit einer PR-Panne, einer Fehleinschätzung allererster Güte. Richtig ernst zu nehmen war er vom ersten Augenblick an nicht.
Warum wird diese olle Kamelle hier aufgebacken? Darum: Unabhängig davon, wie stark der Spielplan oder wie mittelmäßig das Ensemble war, das Schirmer für Hamburg engagiert hatte - was sich ja erst mit den Jahren erwies -, wie tragisch auch die Umstände gewesen sein mögen, unter denen er das Theater in schwerster finanzieller Schieflage verließ vor bald drei Jahren, blieb dieser Anfangsirrtum in Erinnerung – das Ankommen war misslungen. Und wenig ist wichtiger als das.
Vom ersten Augenblick hing Sebastian Hartmann am Schauspiel Leipzig der Ruf an, nicht angekommen zu sein. Im alten Haus, demonstrativ und als Schlussstrich gegenüber allem Vorherigen und unter Bezug auf ganz alte Traditionen in "Centraltheater" umbenannt, markierte er einen Theaterstil, der konträr zu den Gewohnheiten des Stadttheaters stand. Und wie unübersehbar sich auch die Stärken der Spiel- und Regieteams entwickelten in fünf Jahren: Hartmann-Gegner in der Stadt konnten beharrlich streuen, der Intendant mache Theater gegen die Stadt. Das war zwar Unfug - und das war sogar beweisbar. Aber der miese Ruf blieb. Hartmann zog selbst die Reißleine vor dem absehbaren Rausschmiss nach nur einer Intendanzperiode – und eine wichtige Theatererneuerung brach jetzt ab vor der Zeit.
Karin Beier kam an in Köln und hatte neben latentem Erfolg gegenüber einem schwachen Vorgänge politisches Glück. Durch geplante Um- und Neubauten am Theater war sie ständig Teil der öffentlichen Debatte; und in der hat sie sich beispielhaft geschlagen. Klaus Weise dagegen kämpfte nebenan in Bonn über zehn Intendantenjahre hin mit dem Bedeutungsverfall der alten Hauptstadt. Theater gibt es, die werden von den verschiedenen Ebenen der Politik derart mies behandelt, dass Resonanz über die Stadtgrenzen hinaus nur noch durch schlechte Etatnachrichten möglich ist.
Beispiel Stuttgart: Hasko Weber, scheidender Schauspielchef dort, wurde jahrelang hingehalten, was die Renovierung des Schauspielhauses betraf. Ein Skandal, über das Ländle hinaus. Beim Abschiedsfest immerhin haben die Stuttgarter ihm gezeigt, wie fest sie trotzdem immer zu diesem Theater standen.
Wichtiger denn je werden in dieser Situation also Theaterleitungen, die notfalls auch auf die Straße gehen können für ihr Haus – und dabei nicht allein im Regen stehen. Bevölkerungen können und wollen oft auch kämpfen für ihre Bühnen: Wer diese Energie nicht zu nutzen versteht, ist halbwegs selber schuld.
Image – das ist auch eine Regel - gehört zur öffentlichen Wirkung über die Jahre hin. Ziemlich meisterlich hat das die Truppe von Armin Petras am kleinen Berliner Maxim-Gorki-Theater bewiesen. Und die Imagebildnerei darf durchaus so weit gehen, dass die Qualitäten des allabendlichen Spielplans chronisch überschätzt werden: Es sichert mehr denn je das Überleben, eine Marke zu haben, vielleicht sogar selber eine zu werden.
Und dieser fatale erste Augenblick entscheidet über vieles, was folgt – darum wird zu kämpfen sein, demnächst von Neuem in Hamburg, Zürich und Berlin, Köln und Weimar, Stuttgart und Bonn. Und Friedrich Schirmer übernimmt im nächsten Sommer die Landesbühne in Esslingen.
Viel Glück ihnen allen.
Wer sich obendrein den Spaß machte, per Internet nachzublättern in Schirmers Antrittsauftritt am vorigen Dienstort in Stuttgart, der staunte noch mehr – auch die Schwabenmetropole hatte Schirmer zur Hafenstadt erklärt. Sie hat zwar einen am Neckar, klar. Aber für Stuttgart war das ein spezieller Ort. Für Hamburg gar nicht. Schirmer startete mit einer PR-Panne, einer Fehleinschätzung allererster Güte. Richtig ernst zu nehmen war er vom ersten Augenblick an nicht.
Warum wird diese olle Kamelle hier aufgebacken? Darum: Unabhängig davon, wie stark der Spielplan oder wie mittelmäßig das Ensemble war, das Schirmer für Hamburg engagiert hatte - was sich ja erst mit den Jahren erwies -, wie tragisch auch die Umstände gewesen sein mögen, unter denen er das Theater in schwerster finanzieller Schieflage verließ vor bald drei Jahren, blieb dieser Anfangsirrtum in Erinnerung – das Ankommen war misslungen. Und wenig ist wichtiger als das.
Vom ersten Augenblick hing Sebastian Hartmann am Schauspiel Leipzig der Ruf an, nicht angekommen zu sein. Im alten Haus, demonstrativ und als Schlussstrich gegenüber allem Vorherigen und unter Bezug auf ganz alte Traditionen in "Centraltheater" umbenannt, markierte er einen Theaterstil, der konträr zu den Gewohnheiten des Stadttheaters stand. Und wie unübersehbar sich auch die Stärken der Spiel- und Regieteams entwickelten in fünf Jahren: Hartmann-Gegner in der Stadt konnten beharrlich streuen, der Intendant mache Theater gegen die Stadt. Das war zwar Unfug - und das war sogar beweisbar. Aber der miese Ruf blieb. Hartmann zog selbst die Reißleine vor dem absehbaren Rausschmiss nach nur einer Intendanzperiode – und eine wichtige Theatererneuerung brach jetzt ab vor der Zeit.
Karin Beier kam an in Köln und hatte neben latentem Erfolg gegenüber einem schwachen Vorgänge politisches Glück. Durch geplante Um- und Neubauten am Theater war sie ständig Teil der öffentlichen Debatte; und in der hat sie sich beispielhaft geschlagen. Klaus Weise dagegen kämpfte nebenan in Bonn über zehn Intendantenjahre hin mit dem Bedeutungsverfall der alten Hauptstadt. Theater gibt es, die werden von den verschiedenen Ebenen der Politik derart mies behandelt, dass Resonanz über die Stadtgrenzen hinaus nur noch durch schlechte Etatnachrichten möglich ist.
Beispiel Stuttgart: Hasko Weber, scheidender Schauspielchef dort, wurde jahrelang hingehalten, was die Renovierung des Schauspielhauses betraf. Ein Skandal, über das Ländle hinaus. Beim Abschiedsfest immerhin haben die Stuttgarter ihm gezeigt, wie fest sie trotzdem immer zu diesem Theater standen.
Wichtiger denn je werden in dieser Situation also Theaterleitungen, die notfalls auch auf die Straße gehen können für ihr Haus – und dabei nicht allein im Regen stehen. Bevölkerungen können und wollen oft auch kämpfen für ihre Bühnen: Wer diese Energie nicht zu nutzen versteht, ist halbwegs selber schuld.
Image – das ist auch eine Regel - gehört zur öffentlichen Wirkung über die Jahre hin. Ziemlich meisterlich hat das die Truppe von Armin Petras am kleinen Berliner Maxim-Gorki-Theater bewiesen. Und die Imagebildnerei darf durchaus so weit gehen, dass die Qualitäten des allabendlichen Spielplans chronisch überschätzt werden: Es sichert mehr denn je das Überleben, eine Marke zu haben, vielleicht sogar selber eine zu werden.
Und dieser fatale erste Augenblick entscheidet über vieles, was folgt – darum wird zu kämpfen sein, demnächst von Neuem in Hamburg, Zürich und Berlin, Köln und Weimar, Stuttgart und Bonn. Und Friedrich Schirmer übernimmt im nächsten Sommer die Landesbühne in Esslingen.
Viel Glück ihnen allen.