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Großes Mysterium der Ägyptologie gelöst

Archäologie. - Die neuen DNA-Analysen belegen nach Ansicht des Ägyptologen Christian Loeben vom Museum August Kestner in Hannover zweifelsfrei, dass Echnaton der Vater von Tutenchamun war. "Wir als Ägyptologen können uns endlich sicher sein", sagte Loeben im Gespräch mit Monika Seynsche.

    Seynsche: Dr. Christian Loeben ist Leiter der Ägyptischen Sammlung des Kestner-Museums in Hannover. Herr Loeben, es gibt jetzt diese Mumie, die dem Gentest zufolge der Vater von Tutanchamun war. Aber woher wissen denn die Ägyptologen überhaupt, dass das wirklich Echnaton war?

    Loeben: Ja, die Ägyptologen haben das schon länger vermutet, dass diese Mumie, die in dem Königsgrab Nummer 55 gefunden wurde, entweder Echnaton ist oder ein Sohn von ihm, Semenchkare, der dann ein Halbbruder von Tutanchamun gewesen wäre. Die Sicherheit hatten wir bis dato nicht. Man hatte spekuliert, sind die Knochen - die Mumien, muss man dazusagen, sind sehr schlecht erhalten -, sind Knochen die von einem jungen Mann, dann müsste es eben der jüngere König sein, Semenchkare. Sind sie von einem alten Mann, dann wäre es Echnaton. Aber das blieb immer unsicher. Und dank der Genanalyse, die jetzt heute veröffentlich wurde, können wir uns als Ägyptologen endlich sicher sein, dass in dem Königsgrab 55 die Mumie von Echnaton wiederbestattet wurde - er war sicher vorher in Amarna, seiner neuen Hauptstadt, bestattet, und wurde dann wiederbestattet im Tal der Könige.

    Seynsche: Warum ist es denn überhaupt so kompliziert herauszufinden, wer jetzt welche Mumie ist. Gibt es keine Hinweise im Grab, dass das definitiv der eine und das andere der andere ist?

    Loeben: Ja, bei diesem Grab Nummer 55 handelt es sich um ein ganz großes Mysterium der Ägyptologie, denn es wurden Beigaben gefunden, die also auf verschiedene Personen schließen ließen. Und zwar die Königin Teje, als das Grab entdeckt wurde, hatte man die Schreine, die dort aufgestellt waren, konnte man sofort als die der Königin Teje identifizieren. Teje wäre also die Mutter von Echnaton gewesen und die Gattin von Amenhotep III. Erst später hat man dann erkannt, dass das überhaupt männliche Knochen waren. Also wusste man schon, dass derjenige, der in dem Grab bestattet ist, einen Schrein hatte, der eigentlich ihm nicht gehörte, sondern eben ursprünglich für die Königin Teje angefertigt wurde, wiederverwendet wurde für diese Wiederbestattung.

    Die anderen Beigaben sind genauso rätselhaft. Das Einzige übrigens, was auf Echnaton wies bis dato, waren sogenannte magische Ziegel - das sind so kleine Schlammziegel, die die Ägypter an die vier Wände einer Grabkammer gelegt haben, um den Toten magisch zu schützen -, und die trugen, obwohl sie sehr, sehr unleserlich geschrieben sind, den Namen von Echnaton. Also das war der einzige Hinweis, vielleicht auch überhaupt der einzige Anhaltspunkt, mit dem man den König in Verbindung gebracht hat.

    Seynsche: Aber ist es nicht ein Ringschluss zu sagen: Wir haben diese Mumie, die könnte Echnaton sein, und jetzt gibt es Ergebnisse, dass diese Mumie definitiv der Vater von Tutanchamun ist, also ist es Echnaton gewesen?

    Loeben: Ja, das ist ganz eindeutig, denn die Großeltern von Echnaton mütterlicherseits, die stehen fest. Die kennen wir genau, das sind zwei bürgerliche Leute mit dem Namen Juja und Tuja, und die sind die Eltern der Königin Teje. Also Teje, die Gattin von Amenhotep III., und dementsprechend sind diese beiden Personen die Großeltern von Echnaton, weil Echnaton eben der Sohn von Amenhotep III. und Teje ist. Und das war eben interessant festzustellen, dass von diesen Großeltern her eine Mumie, die in diesem KV35 als sogenannte Ältere Dame bekannt ist, dass die jetzt eben eindeutig als Tochter von Juja und Tuja identifiziert ist dank der heute veröffentlichten Genanalysen, und dementsprechend wissen wir, dass diese Mumie, die bis dato auch unbekannt war, wirklich die Königin Teje ist.

    Dann gibt es andere Mumienreste, von denen man nicht hundertprozentig sicher war, ob sie Amenhotep III. sind, aber einigermaßen sicher, und die beiden Personen, also die neu identifizierte Teje und die wahrscheinliche Mumie von Amenhotep III., die beiden sind definitiv die Eltern von der Person, die in KV55 bestattet wurde, und die ist wiederum der Vater von Tutanchamun. Also kommt da niemand anders infrage. Das war jetzt etwas kompliziert, aber es ist absolut logisch von diesem Stammbaum her, dass diese Knochen KV55 Echnaton sein müssen.

    Seynsche: Das heißt, es gibt jetzt keinerlei Zweifel mehr über die Vaterschaft? Ich hatte immer den Eindruck, dass es entweder Echnaton sein kann oder Amenhotep, also dass es immer noch Zweifel gab, wer eigentlich der Vater von Tutanchamun war.

    Loeben: Ja, also da ist es so, dass erstens jetzt der Gentest das natürlich ganz genau beweist, und ich bin da auch so naturwissenschaftsgläubig, dass ich damit kein Problem habe. Man kann sagen, in der älteren Ägyptologie wurde lange diskutiert, ob Amenhotep III. oder Echnaton der Vater von Tutanchamun sind. Das wäre aber nur möglich gewesen, wenn die beiden Könige Amenhotep III. und Echnaton eine sehr, sehr lange Zeit zusammen regiert hätten. Und das ist eine sogenannte Koregenz. Die wird eben von der jüngeren ägyptologischen Forschung gänzlich abgelehnt, an die glauben wir einfach nicht mehr. Deswegen hat also die aktuelle Ägyptologie eigentlich nie Zweifel gehabt, dass Amenhotep III. nicht Vater von Tutanchamun sein könnte.