Es ist ein großes Erdbeben im europäischen Fußball. Sechs englische (Manchester City, Manchester United, FC Liverpool, FC Chelsea, FC Arsenal und Tottenham Hotspur), drei italienische (Juventus Turin, Inter und AC Mailand) und drei spanische Vereine (Real Madrid, FC Barcelona und Atlético Madrid) gründen die Super League. Ein Wettbewerb mit 15 festen Mannschaften, die dann permanente Mitglieder sind, fünf weitere Clubs können sich jährlich qualifizieren. Der Plan ist, unter der Woche zu spielen, das Wochenende bleibt weiter für die nationalen Ligen. Deutsche und französische Clubs sind derzeit nicht dabei. Drei weitere Mitglieder würde aber noch dazukommen.
Es soll damit "ein neues Kapitel für den europäischen Fußball aufgeschlagen werden, dass einen Weltklasse-Wettbewerb und höhere Einnahmen gewährleistet, auch für die weitere Fußball-Pyramide" wird der amerikanische Milliardär Joel Glazer, Vorstandsvorsitzender von Manchester United and Vizepräsident der Super League in einer Pressemitteilung zitiert.
Damit wäre die Champions League als offiziell höchster Club-Wettbewerb der UEFA entwertet. Das Kalkül der zwölf Gründungsmitglieder: viel Geld für ihren Wettbewerb zu generieren, dass dann bei diesen gegenwärtig zum Teil hochverschuldeten Clubs verbliebe. Die Super League zielt dabei auf den chinesischen Markt. Die 15 permanenten Mitglieder müssten nicht Jahr für Jahr um die Qualifikation kämpfen. Das heißt, dass die Kluft im europäischen Fußball noch größer würde.
US-Investmentbank JP Morgan finanziert die Super League
Verkündet wurde es von Andrea Agnelli, dem Chef der europäischen Klubvereinigung ECA und Präsident von Juventus Turin. Die amerikanische Investmentbank JP Morgan hat zugesagt, die Super League zu finanzieren. Laut Gründungserklärung erhalten die Teilnehmer einen Betrag von 3,5 Milliarden Euro.
Die UEFA reagierte sehr verärgert. Ihre offizielle Mitteilung der UEFA endet mit dem Satz "Genug ist genug". Sie bezeichnet das Projekt als "zynisch" und fährt ihrerseits Geschütze auf: Sie droht den Clubs, diesen die Teilnahme an anderen Wettbewerben auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene zu untersagen und ihren Spielern die Möglichkeit zu verwehren, ihre Nationalmannschaften zu vertreten. Das bestätigt auch UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nach der Exekutivsitzung.
Damit würden die Vereine unattraktiver für Topspieler. Daher wollen die Gründungsclubs dagegen klagen. Es läuft derzeit alles auf eine harte Konfrontation hinaus. Die Frontlinie verläuft zwischen den 12 Topclubs auf der einen und der UEFA, FIFA und den nationalen Verbänden auf der anderen Seite.
Von Seiten der EU-Kommission kritisierte Vize-Kommissionspräsident Margaritis Skinas das Vorhaben scharf und schrieb auf Twitter, dass ein werteorientiertes, europäisches Sportmodell verteidigt werden müsse. Dazu gehörten nationale Ligen, Aufstiege, Abstiege und Unterstützung für den Amateurfußball. Das könne nicht "für die wenigen reichen und mächtigen Clubs" reserviert werden.
Große Empörung in allen Ländern
Es gibt sehr viel Empörung, in der englischen, italienischen und spanischen Presse, von prominenten Spielern wie dem englischen Ex-Nationalspieler Gary Neville, dem früheren portugiesischen Weltfußballer Luís Figo, den früheren Weltmeistern Rudi Völler und Lukas Podolski oder auch von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson sowie aus den skandinavischen Ländern. Fan-Vertreter laufen dagegen Sturm. Insbesondere der englischen Clubs. "Spirit of Shankly", eine Fangruppe von Meister FC Liverpool, fordert die Clubeigner auf, die Pläne aufzugeben. Sie hätten die Fans in ihrem "unerbittlichen und gierigen Streben nach Geld ignoriert".
Borussia Dortmund zeigt kein Interesse am Beitritt zur Super League und setzt auf eine reformierte Champions League. Vorstandsvorsitzender Hans-Joachim Watzke wird in einer Stellungnahme auf der BVB-Homepage zitiert mit den Worten, "es war die klare Meinung der Mitglieder des ECA-Boards, dass man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehnt". Dies gelte auch für den deutschen Rekordmeister Bayern München. Beide Großklubs hätten "in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgleiche Auffassungen vertreten". Der FC Bayern hat sich bisher nicht geäußert.
UEFA beschließt trotzdem Champions League-Reform
Das UEFA-Exekutivkomitee hat trotz der überraschend erfolgten Super League-Gründung einen Tag vor ihrer Sitzung heute die viel kritisierte Reform der Champions League beschlossen. Diese war ein Zugeständnis an die Spitzenvereine, die schon länger mit einem Alleingang gedroht hatten.
Demnach sollen zwei der vier neuen Plätze nicht mehr wie bisher aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden, sondern auf Basis der Platzierungen in der Fünfjahreswertung der UEFA. Diese sieht zudem ab der Saison 2024/25 eine Ausweitung von bislang 32 auf 36 Teams bei der Gruppenphase vor. Es soll deutlich mehr Spiele geben, weitere Details müssen noch geklärt werden.
Der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig kritisierte im NDR Sportclub daran, "dass die Tabellensituationen in den nationalen Ligen nicht mehr das entscheidende Kriterium sind für die Teilnahme am internationalen Wettbewerb, also wenn hier über Wild Cards, oder 10-Jahres-Boni in An- und Abführung Punkte vergeben werden, die dann dazu führen, dass man trotz sportlichem Misserfolg einer Saison weiterhin an den Fleischtöpfen dran ist, tritt das jeden sportlichen Gedanken mit Füßen und vor allen Dingen ist dieses ganze System problembehaftet. Je größer der Jackpot, deto höher die Einsätze und diese Anreize, die geschaffen werden durch diese Reformen, also allen die Wurst hinhalten und jetzt guckt, dass ihr viel investiert, deshalb in die falsche Richtung, weil die Risikobereitschaft steigen wird. Das heißt, die Vereine werden zu unvernünftigen wirtschaftlichen Aktivitäten getrieben."
EM-Austragung so nicht vertretbar
Die UEFA entscheidet heute auch noch über die finalen Austragungsorte der Fußball-Europameisterschaft im Sommer. München wird wohl seinen Status als Austragungsort für vier EM-Partien verlieren, weil in der momentane Pandemielage keine Zusage gemacht wird, das im Stadion mindestens 20 Prozent Zuschauer zugelassen werden.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte die UEFA, dass sie die Europameisterschaft nicht unter der Maßgabe "Sicherheit zuerst" durchführt mit wenigen Austragungsorten und keinen oder nur ganz wenigen Zuschauern.
"Wenn das ein paar hundert Zuschauer oder wenige tausend Zuschauer sind, kann man sich das noch im großen und Ganzen vorstellen. Wenn wir aber hier über 10.000, 20.000 Zuschauer sprechen, dann ist das nicht machbar. Dafür haben wir schlicht keine Testerfahrung und dann wird auch noch gereist. Also ich halte das nicht für vertretbar. Das fällt auch unserer Corona-Politik in den Rücken. denn die Spiele beginne ja schon zu einem Zeitpunkt, wo wir wahrscheinlich noch in einem relativ harten Lockdown sein werden."