"Der Filmverlag ist eine Zusammenfassung von Regisseuren und Autoren, die genügend Bewusstsein haben, um den Kaufleuten des Films nicht unnötig Produktionsmittel zu überlassen. Wir betrachten uns als unsere eigenen Produzenten und haben außerdem noch die Möglichkeit, über das Produkt unter uns zu diskutieren."
Wenders, Schamoni, Fassbinder und Co.
Regisseur Peter Lilienthal erläutert den Plan einer Gruppe junger Filmemacher, die in einer Münchener Wohnung dicht gedrängt zusammenhocken. Einen Monat später, am 18. April 1971, gründen sie den Filmverlag der Autoren. Es ist der Versuch von jungen Regisseuren wie Wim Wenders oder Thomas Schamoni, ihre Filme ins Kino zu bringen.
Denn der Widerstand in der etablierten Filmwelt gegen sie ist gewaltig, wie es Rainer Werner Fassbinder damals formuliert: "Das deutsche Kino ist verstopft, aber das wird sich hoffentlich ändern." "Gegen die beständig weiter rollende Welle der Sexfilme und Familienkomödien in Fortsetzungen können sich die jungen deutschen Regisseure nicht durchsetzen."
Dabei haben sie damals im Ausland hohes Ansehen. Als Initialzündung für den jungen deutschen Film gilt das Oberhausener Manifest von 1962, an das – so der Filmkritiker Fritz Göttler – der Filmverlag anknüpft: "Im Grunde muss man die Gründung des Filmverlags der Autoren ein bisschen als zweites Manifest des jungen deutschen Films anschauen."
Das Oberhausener Manifest
Mit dem Slogan "Papas Kino ist tot" traten 1962 auf den Kurzfilmtagen Oberhausen junge Filmemacher mit der Forderung nach einer Erneuerung des Kinos an. Damit entsprachen sie einer allgemeinen Erwartung, denn das deutsche Kino war in einer tiefen Krise. Das Publikum hatte sich vom als veraltet verschrienen deutschen Film abgewandt und die Presse stimmte Untergangsszenarien an. Dazu Fritz Göttler:
"Das Entscheidende bei dem Oberhausener Manifest dürfte gewesen sein, dass das endlich mal konzentriert wurde, dass Stimmen zusammenfanden und dass eine Aktion gestartet wurde, die quasi auch für die Öffentlichkeit klar machte, dass der neue Film jetzt fällig war."
Erfolg im Ausland, Ablehnung zu Hause
Mit Erfolg - in der Folge wurden die ersten deutschen Filmakademien und Filmförderungsinstitutionen gegründet. Jungregisseure wie Volker Schlöndorff und Alexander Kluge, die sich in Anlehnung an die französische Nouvelle Vague als Autoren ihrer Filme bezeichneten, drehten nun Filme, die auf internationalen Festivals gefeiert wurden. Aber die ablehnende Haltung der deutschen Produzenten blieb, so Fritz Göttler:
"Das ist der Gegensatz zu Frankreich, wo die jungen Filmemacher Godard und Truffaut sehr schnell ältere Produzenten fanden, die ihnen ihre Filme produziert haben."
Fassbinder übergab sein Gesamtwerk
Anders als die Nouvelle-Vague-Regisseure konnte sich der deutsche Filmnachwuchs nicht in eine gewachsene Filmstruktur einfügen. So entstand die Idee für die Gründung einer eigenen Produktionsfirma und eines Verleihs. Der Filmverlag der Autoren sollte finanzielle Risiken kollektiv verteilen. Fassbinder war von diesem Kollektiv-Konzept so begeistert, dass er sein gesamtes Werk in den Verleih gab – und der Filmverlag wurde bald zum Aushängeschild des Neuen Deutschen Films.
Dessen Hauptmerkmal war die intensive Auseinandersetzung mit deutscher Gegenwart und Vergangenheit: ob als Road Movie wie in Wim Wenders‘ Filmen oder kunstvoll verfremdet wie bei Fassbinder, der klassisches Melodram mit eigenen filmischen Visionen kontrastierte.
Von Rudolf Augstein gerettet
Zusammen mit Wenders und Werner Herzog bildete Fassbinder das Triumvirat des Neuen Deutschen Films. Ihre vom Filmverlag verliehenen Werke wurden international gefeiert, die New York Times schrieb von einer Wiedergeburt des deutschen Films. Aber beim heimischen Publikum stießen die Filme auf Desinteresse und der Filmverlag rutschte in die Pleite. 1977 wurde er von "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein, der als Mehrheitsgesellschafter einstieg, gerettet:
"Wenn der deutsche Qualitätsfilm gepflegt werden soll, muss der Gesetzgeber etwas tun. Ich will diese Pause überbrücken helfen."
Wiedergeburt des deutschen Films blieb aus
Der Filmverlag feierte weiter künstlerische Erfolge. Er brachte Fassbinder-Filme wie "Lili Marleen" und "Die Ehe der Maria Braun" heraus, der in New York 54 Wochen am Stück lief, und Wenders‘ in Cannes prämierten Film "Paris, Texas". Im folgenden Jahrzehnt verlor der Filmverlag den Anschluss an die neue Regie-Generation, 1999 wurde er aufgekauft. Der Filmverlag hatte den deutschen Film der Siebzigerjahre geprägt, aber von einer Wiedergeburt konnte keine Rede sein – denn der deutsche Film fand weiterhin kein Kinopublikum und lief stattdessen im Fernsehen. Fritz Göttler bilanziert:
"Die Grundidee war natürlich gut, aber sie hätte nur funktionieren können, wenn wir wirklich eine gesunde Filmwirtschaft gehabt hätten."
Den von Fassbinder formulierten Anspruch, zur Schaffung einer deutschen Filmkultur - wie sie bis 1933 existiert hatte - beizutragen, konnte der Filmverlag nicht einlösen. Aber das haben auch die nachfolgenden Film-Generationen nicht geschafft.
"Die Grundidee war natürlich gut, aber sie hätte nur funktionieren können, wenn wir wirklich eine gesunde Filmwirtschaft gehabt hätten."
Den von Fassbinder formulierten Anspruch, zur Schaffung einer deutschen Filmkultur - wie sie bis 1933 existiert hatte - beizutragen, konnte der Filmverlag nicht einlösen. Aber das haben auch die nachfolgenden Film-Generationen nicht geschafft.