Fußball
Wie die Frauen-Bundesliga wirtschaftlich wachsen will

Die Vereine der Frauen-Fußball-Bundesliga arbeiten künftig stärker als Projektgesellschaft zusammen. Ziel der neugegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist es, die Liga wettbewerbsfähig zu halten und zu professionalisieren. Mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) der Männer ist das Vorhaben aber noch nicht zu vergleichen.

Von Simone Maurer, Jessica Sturmberg und Julian Tilders |
    Spiel in der Frauen-Bundesliga Köln gegen Werder (v.li.n.r.): Tuana Mahmoud (geb. Keles, SV Werder Bremen, 10), Chiara Hahn (SV Werder Bremen, 21) und Nina Lührßen (SV Werder Bremen, 27) in einer Mauer gegen den Freistoß von Manjou Wilde (1. FC Köln, 7)
    Rekordkulisse: Im März 2024 kamen 30.123 Fans zum Spiel zwischen dem 1. FC Köln und Werder Bremen in der Frauen-Fußball-Bundesliga. Dieses Potenzial wollen die Klubs künftig gemeinsam besser nutzen. (picture alliance / foto2press / Oliver Baumgart)
    Es ist ein sperriger Ausdruck: "Geschäftsplan Frauen-Bundesliga Projekt GbR". Dahinter verbirgt sich die Zusammenarbeit von elf Vereinen aus der Fußball-Bundesliga der Frauen. Sie wollen unabhängiger vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) werden und sich selbst besser vermarkten. Ziel ist es, künftig professioneller, finanziell eigenständiger und international wettbewerbsfähiger zu werden.

    Was steckt hinter dem "Geschäftsplan Frauen-Bundesliga Projekt GbR"?

    Zweck des Zusammenschlusses ist nach Angaben der Vereine "die konzeptionelle Entwicklung und Ausrichtung der Frauen-Bundesliga in ein sich selbst tragendes und eigenständiges Ökosystem". Eine entsprechende gemeinsame Erklärung der Vereine veröffentlichte unter anderem der Meister FC Bayern München. Eine Taskforce soll künftig die Ziele umsetzen. Sie hat von allen Klubs das entsprechende Mandat erhalten. Die geplanten Maßnahmen sollen die Attraktivität der Liga steigern und die Professionalisierung vorantreiben. Und natürlich soll sich die Zusammenarbeit auch monetär auswirken.
    Die Neuausrichtung ziele darauf ab, die deutsche Frauen-Bundesliga "international wettbewerbsfähig" zu halten, ließ sich Bianca Rech, Direktorin Frauenfußball des FC Bayern, zitieren: "Mit einer Neustrukturierung der Bundesliga wollen wir die Rahmenbedingungen für weiteres Wachstum schaffen."
    In den vergangenen Jahren hat sich im Fußball der Frauen bereits einiges entwickelt. Die Zuschauerzahlen sind deutlich gestiegen, vor fünf Jahren lag der Zuschauerschnitt in den Stadien noch bei ein paar Hundert Fans pro Liga-Spiel, in der letzten Saison 2023/24 waren es fast 3.000. Auch als Event funktioniert Frauenfußball sehr gut, das letzte DFB-Pokalfinale in Köln stellte mit fast 45.000 Fans auf den Rängen einen Rekord auf.
    Alle Ligaspiele werden außerdem auf unterschiedlichen Kanälen übertragen. Die Vergabe der Medienrechte ab 2023 brachte der Liga aber nicht nur mehr Sichtbarkeit, sondern auch mehr Geld. Bis 2026/2027 kommen 5,175 Millionen Euro pro Saison zusammen. Und auch die Verdienstmöglichkeiten für die Spielerinnen sind viel besser geworden. Die meisten von ihnen können inzwischen von ihrem Sport leben.
    Mit der Gründung der Projektgesellschaft ist nun der erste Schritt für eine wirtschaftlich eigenständige Frauen-Bundesliga getan, die sich in Zukunft finanziell möglichst selbst trägt und nicht am Tropf des männlichen Lizenzfußballs hängt.
    Mit Ausnahme des 1. FFC Turbine Potsdam, der SGS Essen und Carl Zeiss Jena finden sich in der Frauen-Fußball-Bundesliga vor allem Namen bekannter Männer-Bundesliga-Mannschaften. Für die Vereine sind die Frauen-Teams überwiegend noch Zuschussgeschäfte und werden zum Teil mit den Einnahmen aus dem Männerfußball querfinanziert. Mit der Neuausrichtung will sich die Gesellschaft dann zentral um Vermarktung, Spielorganisation und einheitliche Standards kümmern.

    Welche Vereine gehören dazu?

    Im Prinzip alle zwölf Bundesliga-Vereine. Neben den Vertreterinnen von Bayern München gehören Eintracht Frankfurt, RB Leipzig, der 1. FC Köln, die TSG Hoffenheim, die SGS Essen, der SC Freiburg und Werder Bremen dem Taskforce-Gremium an.

    Wir arbeiten beim 1. FC Köln daran, dass der FC-Frauenfußball ein eigenes Ökosystem bildet, sich somit finanziell selbst tragen kann und wirtschaftlich nicht vom männlichen Lizenzfußball abhängig ist.

    FC-Geschäftsführer Christian Keller
    Der zweifache Champions-League-Sieger VfL Wolfsburg ist der Gesellschaft "aus konzerninternen Gründen" nicht beigetreten. Der Klub ist eine 100-prozentige Tochter der Volkswagen AG. Zwischen dem Automobilkonzern und dem Fußball-Verein bestehen gewisse vertragliche Verpflichtungen. Trotzdem will der VfL nun eng mit der GbR kooperieren, schreiben die Vereine in ihren Mitteilungen. Inhaltlich steht Wolfsburg also voll hinter dem Vorhaben der Klubs.
    Das gilt auch für den Deutsche Fußball-Bund (DFB). Der Verband organisiert die Fußball-Bundesliga der Frauen und schafft auch deren Sponsoren ran. Der DFB hat für die kommende Saison bereits die Aufstockung der Eliteklasse von zwölf auf 14 Mannschaften beschlossen.

    Ist die Gesellschaft mit der DFL der Männer vergleichbar?

    Es ist zumindest ein erster Schritt in diese Richtung – hin zu einem eigenen Verband im Stil der DFL bei den Männern. Aber die Ausgestaltung ist eine andere. Denn bis dahin muss noch einiges geklärt werden, vor allem mit dem Deutschen Fußball-Bund.
    Im Männer-Fußball läuft es so: Die DFL ist vor 24 Jahren gegründet worden. 36 Profi-Klubs der 1. und 2. Bundesliga haben sich am 18. Dezember 2000 zu einem Ligaverband zusammengeschlossen. Seither organisiert und vermarktet dieser Ligaverband, der sich seit 2016 Deutsche Fußball Liga nennt, den Männer-Profifußball in Deutschland. Der DFB, der die verschiedenen Landesverbände vertritt, ist selbst nur noch für die deutschen Fußball-Nationalmannschaften, die 3. Liga der Männer sowie alle Amateurklassen abwärts verantwortlich. Das Verhältnis der DFL zum DFB wird in einem Grundlagenvertrag geregelt.
    Die zunehmende Kommerzialisierung des Männer-Fußballs in Deutschland führte zuletzt immer wieder zu Fanprotesten. Unter anderem auch wegen des mittlerweile geplatzten Investorendeals der DFL.
    Anders als bei den Männern organisiert in der Bundesliga der Frauen momentan alles noch der DFB – und er wird diese auch weiter vermarkten, Sponsoren aquirieren und den Spielbetrieb organisieren. Das könnten die zwölf (ab der nächsten Saison dann 14) Frauen-Bundesligisten ohne den DFB alleine noch nicht leisten und auch finanziell nicht stemmen.
    Das Vorhaben "Geschäftsplan Frauen-Bundesliga Projekt GbR" bietet zwar die Möglichkeit, durch eine eigene Gesellschaftsform – vielleicht in Zukunft eine GmbH – wirtschaftlich anders aktiv zu sein als der DFB als eingetragener Verein.
    Anders als bei den Männern bleibt der DFB aber mit im Boot. Bianca Rech, Direktorin Frauenfußball des FC Bayern, ist zuversichtlich, dass die Zuammenarbeit mit dem DFB gelingt. „Die Vereine arbeiten in der Taskforce mit dem DFB zusammen, um den Frauenfußball in Deutschland weiterzuentwickeln", wird sie in der Mitteilung des Klubs zitiert.

    Welche Schritte plant die Taskforce als nächstes?

    Die Taskforce soll nun einen eigenen und unabhängigen Geschäftsplan für die Liga entwickeln, inklusive der daraus abzuleitenden Maßnahmen, schreiben die Klubs in ihrer Mitteilung. Vorangetrieben werden sollen mehrere Themen: Mindestgehälter für die Spielerinnen, adäquate Trainingsstätten, Stadionkapazität, Rasenheizung, Sponsorengewinnung.

    Warum wurde die GbR von den Vereinen und nicht vom DFB bekannt gemacht?

    Neun Vereine haben die Gründung der GbR parallel auf ihren jeweiligen Webseiten veröffentlicht. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Initiative von den Vereinen ausgeht. Es gab im Frühjahr schon einmal ein 70-seitiges Struktur-Wachstum-Konzept, das im DFB entwickelt wurde. Das war einigen Vereinen offenbar aber noch zu weitreichend.
    Der Vorsitzende der DFB-Geschäftsführung, Holger Blask, erklärte nun zu der neuen Projektgesellschaft: „Die Aufgabe, die Google Pixel Frauen-Bundesliga zu einem sich selbst tragenden Wirtschaftssystem zu entwickeln, bedarf einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Klubs und Liga. Daher ist es vollkommen verständlich und legitim, dass sich die Klubs auch externe Unterstützung suchen. Wenn dieser Schritt den Klubs in ihrer Bewertung hilft und den Konsens zur Investitionsbereitschaft fördert, kann es nur positiv für die (...) Frauen-Bundesliga sein.“

    Wie realistisch ist es, dass sich die Frauen-Bundesliga selbst trägt?

    Die unterschiedlichen Wachstumsziele der verschiedenen Klubs müssen nun in Einklang gebracht werden. Die reinen Frauen-Vereine wie die SGS Essen oder Turbine Potsdam können nur organisch wachsen, weil sie keinen Männerlizenzverein im Hintergrund haben, der Mittel zuschießen kann.
    Aber auch unter den Vereinen mit Männer-Bundesliga-Teams sind die Ziele unterschiedlich. Nicht alle wollen so viel Geld investieren und das Wachstum anheizen. Eine eigenständige Finanzierung ist auf einem kleineren Niveau zwar schneller erreichbar, was dann aber nicht zusammen gehen würde mit der gewünschten starken Professionalisierung.
    Einerseits ist der deutsche Frauen-Fußball mittlerweile ein schnell wachsender Markt, andererseits ist auch der Druck von außen größer geworden. Der internationale Wettbewerb ist schärfer. Andere Ligen sind schon ein paar Schritte weiter. Zum Beispiel die englische "Women's Super League", die im Februar ebenfalls schon eine Vermarktungsgesellschaft gegründet hat – mit einer kräftigen Anschubfinanzierung der Männer-Premier-League.