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Gründungsradar
Stifterverband: Gute Gründungskultur an Hochschulen

Andrea Frank vom Stifterverband für die deutsche Wirtschaft lobt, dass "aus den Hochschulen hochwertige, zukunftsrelevante Gründungen hervorgehen". In den letzten zwei Jahren habe es mehr Gründungen gegeben als zuvor, sagte sie im Dlf.

Andrea Frank im Gespräch mit Sandra Pfister |
    Notebook in einem Start-up
    Hoschschulen helfen Start-ups von Studierenden oder Angestellten auf die Beine (Unsplash / rawpixel)
    Sandra Pfister: Wenn es um Unternehmensgründungen geht, dann ist die TU München die Klassenbeste unter den deutschen Hochschulen. Es ist eigentlich schon fast keine Nachricht mehr, weil das schon seit Jahren so ist. Im Gründungsradar des Stifterverbandes für die deutsche Wirtschaft, der gerade heute neu erschienen ist. Und diesen Gründungsradar, den leitet Andrea Frank, guten Tag, Frau Frank!
    Andrea Frank: Guten Tag!
    Pfister: Frau Frank, um das Bild rund zu machen: Auch die Uni Oldenburg hat bei den mittelgroßen Unis gewonnen bei Ihrem "Gründungsradar", und bei den Kleinen, da gilt die Leipzig Graduate School of Management als die beste, was Existenzgründungen angeht. Was ist das Wichtigste, was diese Hochschulen besonders gut hinkriegen?
    Frank: Diesen drei Hochschulen gelingt es, jeweils in ihrer Größenklasse in allen Bereichen besonders gut und erfolgreich zu sein. Alle Bereiche heißt hier: Ihnen gelingt es, Studierende für dieses Thema zu sensibilisieren und zu begeistern. Ihnen gelingt es, Gründungsvorhaben, also erste Gründungsideen gut zu beraten. Ihnen gelingt es, konkrete Gründungsvorhaben zu unterstützen, sei es durch Infrastruktur oder andere Aktivitäten. Und ihnen gelingt es auch, viele Fördermittel zu generieren für das Thema und viele Ausgründungen vorzuzeigen. Dass es eine gute Gründungskultur an diesen drei Institutionen gibt.
    "Aus den Hochschulen gehen hochwertige, zukunftsrelevante Gründungen hervor"
    Pfister: Eine gute Gründungskultur, darüber sollten wir gleich noch reden. Erst mal interessiert mich noch, in welchen Bereichen wird gegründet? Klischeemäßig IT, Medizintechnik - stimmt das?
    Frank: Wir haben das erste Mal in diesem Jahr auch geschaut, in welchen Zukunftsfeldern oder Technologiefeldern gründen die Hochschulen. Und in der Tat kann man sagen, es wurde nicht nur mehr gegründet in den letzten zwei Jahren als in dem Vergleichszeitraum vorher, sondern es wurde in wichtigen Technologiefeldern und in zukunftsrelevanten Branchen gegründet. Und da sind die dabei, die Sie auch genannt haben, also die klassischen IT-Dienstleistungen oder IT-gestützte Analysetools. Da gehört aber auch E-Health dazu, die Medizintechnik und auch Gründungen im Bereich der Umwelt-, Klima- und Energietechnologie. Also man kann schon sagen, dass aus den Hochschulen auch hochwertige, zukunftsrelevante Gründungen hervorgehen.
    "Gründer bleiben der Region verbunden"
    Pfister: Nun ist es ja das eine, weil wir auch über Gründungskultur sprachen, Start-ups von Studierenden oder Angestellten der Hochschulen auf die Beine zu helfen. Aber wer kümmert sich darum, dass sie auch Jahre später noch aufrecht stehen? Kümmern die Unis sich genug darum, dass das nachhaltig wird?
    Frank: Die Universitäten und Fachhochschulen haben vor allem den Auftrag oder vor allem die Aufgabe, sich zu Beginn der Gründungen um ihre Gründer zu kümmern. In der Vorbereitung der Gründungsidee, in den Businessplanerstellungen, bei den ersten Schritten der Gründung. Und in der Regel übernimmt dann, wenn das Unternehmen erst mal im Markt ist, übernehmen dann auch Strukturen in der Region, also IHKs, Wirtschaftsförderung, andere Gründernetzwerke in der Region sind oft Partner für Gründungen dann im weiteren Verlauf.
    In diesem Jahr haben wir Gründer befragt aus den letzten sechs Jahren von Hochschulen. Und eine Sache, die uns schon überrascht und die da vielleicht auch ein bisschen mit zusammenhängt, ist, dass doch viele Gründer der Region verbunden bleiben. Und da ist vielleicht ein Aspekt, dass sie sozusagen sich noch mit der Hochschule verbunden fühlt, aber sicherlich ist auch ein weiterer Aspekt, dass es regionale Gründungsunterstützungsstrukturen gibt, die gerade in so einer Startphase wichtig sind.
    "Gründungskultur bekommt Nachhaltigkeit an den Hochschulen"
    Pfister: Früher oder später landen wir bei dem Knackpunkt, nämlich beim Geld, die Frage der Ressourcen. Über all den schönen Gründungsgeschichten, die Sie erzählen können, hängt ein Damoklesschwert. Das nämlich, dass die Gründungen überwiegend drittmittelfinanziert sind, also nicht von Bund und Ländern getragen werden. Was ist da die Strategie?
    Frank: Ich glaube, das ist eine ganz große Herausforderung. Drei von vier Euro kommen aus externen Drittmitteln. Das heißt, sie sind nicht in der Grundfinanzierung der Hochschulen mit drin. Das hat zwei Implikationen. Die eine ist, dass man davon ausgehen kann, solange die Ressourcen nicht aus der Grundfinanzierung kommen, ist das Thema auch noch nicht nachhaltig in der Hochschule verankert. Die zweite Implikation ist aber auch, dass mit so projektartigen Finanzierungen auch immer eine große Fluktuation bei den Mitarbeitern einhergeht. Das heißt, den Hochschulen geht immer wieder Kompetenz verloren bei den Leuten, die Gründungsförderung vorantreiben, also die Gründer beraten, die mit Studierenden reden. Und ich glaube, auf diesen beiden Ebenen ist das eine große Herausforderung.
    Was ist die Strategie? Wir sehen schon, dass sehr erfolgreiche Hochschulen je nach regionalem Umfeld auch private Förderer finden, die längerfristig Geld auch in die Hand nehmen. Ich glaube, die TU München ist auch deshalb so erfolgreich, weil sie eben, gerade auch, was private Förderung angeht, sehr gut ausgestattet ist. Und das Zweite ist, dass wir schon sehen, dass Bund und Länder auch nach wie vor Drittmittelprogramme dafür auflegen und dass Gründungen insgesamt in dieser ganzen Diskussion um Transfer, Third Mission und Gründungskooperationen mit dem Umfeld eine wichtigere Rolle spielen. Das heißt, sie rücken mehr und mehr in den Mittelpunkt auch der Hochschule. Und damit sind sie dann auch nicht mehr wegzudenken. Und ich glaube, damit bekommt das ganze Thema Gründungskultur auch eine Nachhaltigkeit an den Hochschulen.
    Pfister: Andrea Frank. Sie leitet im Stifterverband den Programmbereich Forschung, Transfer und Wissenschaftsdialog und wir sprachen über den neuen "Gründungsradar", den der Stifterverband heute veröffentlicht hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.