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Grüne Gentechnik
Fungizid steuert Durst transgener Pflanze

Mit Blick auf den Klimawandel entwickeln Pflanzenzüchter Sorten, die mit Dürreperioden besser zurechtkommen. Gleichzeitig sollen sie aber in normal feuchter Witterung nicht "absaufen". US-Forscher haben nun Pflanzen gentechnisch so verändert, dass sich ihr Durst mit einem Fungizid steuern lässt.

Von Lucian Haas |
    Ein Schild mit der Aufschrift "Pray for Rain" (Bete für Regen)
    Die Landwirtschaft auch in den USA leidet unter häufiger werdenden Trockenperioden (picture alliance / dpa)
    Abscisinsäure ist ein sogenanntes Phytohormon, kurz ABA genannt. Ein Botenstoff, mit dem Pflanzen ihren eigenen Stoffwechsel koordinieren. Steigt zum Beispiel die Konzentration von Abscisinsäure in den Blättern an, schließen sich dort die Stomata. Das sind Spaltöffnungen, über die die Pflanzen CO2 aus der Luft aufnehmen, um daraus per Fotosynthese Zucker aufzubauen. Über die Stomata entweicht aber auch viel Wasser aus den Pflanzen in die Atmosphäre. In Zeiten der Dürre würden Pflanzen später welken, wenn man ihnen gezielt die Botschaft übermitteln könnte: Haltet eure Stomata geschlossen! Der Biologe Sean Cutler von der Universität von Kalifornien in Riverside erforscht solche Möglichkeiten:
    "Wenn man ein Weizenfeld, das eine maßvolle Dürre erfährt, mit ABA besprüht, wird es einen höheren Ertrag liefern als ein Feld, das nicht mit ABA behandelt wurde. Durch die Abscisinsäure wird vorübergehend das Wachstum gebremst. So halten die Pflanzen länger durch, bis ihnen wieder mehr Wasser zur Verfügung steht."
    Auf der Suche nach dem besten Schalter
    Die echte Abscisinsäure ist allerdings teuer und wird zudem schnell abgebaut, verliert also ihre Wirkung. Ihr Einsatz im großen Stil als Dürrehelfer in der Landwirtschaft würde sich kaum rechnen. Sean Cutler sucht nach Wegen, den Effekt der Abscisinsäure auf die Stomata auf andere Weise zu erzielen. Seine Idee: Man nehme den zellulären Rezeptor für ABA und ändere ihn mit gentechnischen Methoden so ab, dass er fortan von einem anderen Wirkstoff aktiviert wird. Um sich lange und teure Zulassungsprozesse zu ersparen, sollte dieser Wirkstoff am besten schon zu den in der Praxis eingesetzten Agrochemikalien gehören. Nach vielen Versuchen in seinem Labor wurde der Forscher fündig: Mandipropamid, ein Fungizid, erzielte die gewünschte Wirkung.
    "Mandipropamid war einer von vielen Wirkstoffen, den wir bei den Tests eingesetzt haben. Wir hatten eine sehr große Sammlung modifizierter Rezeptoren mit Veränderungen in den Bindungstaschen. Dann haben wir ganz systematisch getestet: Passt dieser Wirkstoff oder dieser oder dieser? Mandipropamid war der einzige, bei dem alles funktionierte wie erhofft."
    Pflanzenschutz auf Abwegen
    Sean Cutler schleuste das Gen für den veränderten ABA-Rezeptor in klassische Modellpflanzen der Art Arabidopsis thaliana ein. Besprühte er diese mit Mandipropamid, konnten sie tatsächlich Trockenheit länger überstehen. Ansonsten wuchsen sie aber völlig normal. Auf die gleiche Weise könnte man auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen gentechnisch verändern. Der sogenannte chemische Pflanzenschutz in der Landwirtschaft bekäme dann eine ganz neue strategische Ausrichtung: den Schutz vor Dürreschäden.
    "Ich stelle mir das so vor, dass bei einer erwarteten Trockenheit die Spritzmittel zeitgerecht eingesetzt werden. Der Bauer versprüht die Chemikalien auf den Feldern, um den gewünschten Effekt der größeren Dürretoleranz zu erzielen. Natürlich kann man damit den Wasserbedarf der Pflanzen nicht ganz abschalten. Es wäre aber so, als könnte der Bauer vorübergehend die Pausetaste drücken."
    Was so einfach klingt, ist nicht ohne Risiko. Mit geschlossenen Stomata wachsen Pflanzen langsamer. Was wäre beispielsweise, wenn der Bauer eine Dürreschutzchemikalie versprüht und es wenig später doch regnet?
    "Das könnte zulasten des Ernteertrags gehen, wenn sich herausstellt, dass die Dürre ausbleibt. Das ist das Dilemma oder die Herausforderung dieser neuen Technik. Und niemand kann wirklich sagen, inwiefern die Bauern dieses Risiko akzeptieren würden, bevor das Verfahren nicht in der Praxis eingesetzt wird."
    Bis dahin könnten Jahre vergehen. Zuvor sind auch gesellschaftliche Diskussionen zu erwarten. Will man Pflanzen akzeptieren, in denen die Konfliktthemen Grüne Gentechnik und Agrochemie gewissermaßen vereint sind? Die Antworten darauf könnten auch davon abhängen, wie sehr der globale Klimawandel das Dürreproblem in Zukunft verstärkt.