Auf den Zufahrtsstraßen zur Stadthalle standen Dutzende Traktoren. Vor der Halle wurde ein großer Misthaufen abgeladen. Zu hören waren lautes Gehupe und Musik. Bei dem Polizeieinsatz wurden mehrere Beamte verletzt. Sie seien unter anderem mit Gegenständen beworfen worden und hätten deswegen auch Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Protestierenden eingesetzt, teilte die Polizei mit. Eine Person sei festgenommen worden. Zu verletzten Demonstranten könne man noch nichts sagen. Nach Angaben des Biberacher Oberbürgermeisters Zeidler wurden zudem gezielt mehrere Feuer gelegt; die Feuerwehr sei teils an der Durchfahrt gehindert worden.
Der Landesbauernverband erklärte, nicht zu den Protesten aufgerufen zu haben.
Schilder mit Mordaufrufen
Die Grünen teilten mit, in enger Absprache mit den Sicherheitsbehörden habe man sich dafür entschieden, die Veranstaltung abzusagen, da die ordnungsgemäße Durchführung gefährdet sei. Man bedanke sich bei den Sicherheitskräften für deren Einsatz ebenso wie bei den vielen friedlichen Demonstranten. Vereinzelt sei es jedoch zu Aggressionen gekommen.
Auch die Grünen-Abgeordnete Brantner betonte, dass viele Landwirte friedlich protestiert hätten. Eine kleine, gewaltbereite Gruppierung aber habe auf Schildern zu Mord aufgerufen. Für diese Art von Protest dürfe es keine Toleranz geben, wohl aber rechtsstaatliche Konsequenzen, so Brantner.
Die Grünen-Kovorsitzende Lang kritisierte die Gewalt. Sie sagte, wenn Menschen eingeschüchtert und Einsatzkräfte der Polizei angegriffen würden, sei der Rahmen des demokratischen Diskurses verlassen.
Harsche Kritik auch von anderen Parteien
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete das "aggressive Verhalten" von Protestierenden in Biberach als "völlig inakzeptabel": "Diese Demonstranten haben der Sache der Bauern einen Bärendienst erwiesen."
Bundesinnenministerin Faeser erklärte, in Biberach sei eine rote Line überschritten worden.
Özdemir sucht Dialog und wird ausgebuht
Die Grünen in Baden-Württemberg treffen sich seit Jahren zum Aschermittwoch in Biberach. Bei der diesjährigen Veranstaltung hätten eigentlich unter anderem Lang und Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir sprechen sollen. Özdemir ist seit Wochen das Ziel scharfer Kritik von Bauernverbänden. Grund ist die von der Bundesregierung geplante Kürzung von Agrarsubventionen.
Özdemir ergriff in Biberach vor den demonstrierenden Landwirten das Wort und äußerte Verständnis für deren Ärger über die Subventionskürzungen. Die ursprünglichen Regierungspläne hätten die Landwirte über Gebühr belastet: "Das war falsch, deswegen waren die Proteste berechtigt", sagte Özdemir.
Die Stimmung heizte sich auf, als ein Zwischenrufer den Minister beschuldigte, sich bei den Bauernprotesten nicht gezeigt zu haben - und der Minister sich gegen diesen Vorwurf verwahrte. "Ich war auf den Kundgebungen", sagte Özdemir. Den Vorwurf bezeichnete er als "Frechheit" und sagte: "Das regt mich jetzt wirklich auf." Die Protestteilnehmer reagierten mit Buh- und Pfuirufen.
Vor einigen Wochen hatten Bauenproteste an der Nordsee für Diskussionen gesorgt. Dabei hatten Landwirte verhindert, dass Vize-Kanzler Habeck, ebenfalls Grüne, in seinem Urlaub ein Fährschiff verlassen konnte.
Diese Nachricht wurde am 15.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.