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Grüne Woche
Russlands Bauernopfer

Die größte Agrarmesse der Welt ist gestartet – allerdings ohne das Land, das zuletzt als Exportmarkt immer wichtiger wurde: Die Grüne Woche in Berlin findet diesmal ohne Russland statt. Grund dürften die Sanktionen sein, die Russland und die EU gegeneinander verhängt haben.

Von Jule Reimer |
    Eingang der Messe "Grüne Woche" in Berlin 2016
    Die Grüne Woche ist eröffnet - Russland fehlt erstmals seit Jahren (imago)
    Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, ist sich sicher, die Ursache für die Misere in der deutschen Landwirtschaft zu kennen. "Das Russland-Embargo ist einer der Hauptgründe für den Preisverfall"
    Russland ist zum ersten Mal seit Langem nicht dabei auf der Grünen Woche in Berlin, zumindest nicht mit einer offiziellen Delegation, die üblicherweise eine ganze Halle belegte. Doch was wie ein schmerzhafter Einschnitt wirkt, solle nicht zu stark bewertet werden, warnt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt. Seine Fachleute sagten ihm, "dass wir natürlich auch vor dem Embargo durch sektorale Beschränkungen Russlands, die nicht WTO-konform waren, eine starke Beeinträchtigung in Russland hatten".
    Beispiel Einfuhrstopp für Schweinefleisch. Da erwartet die EU ein Urteil der Welthandelsorganisation WTO, weil Russland mit Hinweis auf die afrikanische Schweinepest einen Einfuhrstopp verhängt habe, ungerechtfertigt, meint Schmidt.
    Ukraine will Chance nutzen
    Dafür stellen russische Gastronomen ihre Angebote auf der Grünen Woche aus. Und auch die Ukraine ist mit einem kleinen Stand dabei. Der Stand hat offiziellen Charakter, wird allerdings von dem ukrainischen Softwareunternehmer Mosché Satanovsky privat finanziert. Rund 10 kleine und mittelständische Agrarunternehmen wollen hier Partner aus dem Westen finden. Sie hätten extrem kurzfristig alles organisieren müssen, deshalb fehlten die Produktmuster. Aber das Freihandelsab-kommen mit der EU zeige langsam Wirkung, sagt Satanovsky.
    "Zum Beispiel Phytosweet aus Winnyzja waren eine der ersten, die Bio- und Organic-Zertifikate in der Ukraine geholt haben und freuen sich auf dem neuen Markt aufzutreten."
    Die Ukrainer wollen die Grüne Woche optimal nutzen, zum Austausch mit möglichen Geschäftspartnern und Endkunden. Hier könne man direkt erfahren,
    "Ob die Qualität wirklich zufriedenstellend ist, ob die Verpackung stimmt, ob die Übersetzungen stimmen."
    Austausch mit Investoren pflegt in Berlin auch der ukrainische Landwirtschaftsminister Oleksy Pavlenko. Er traf sich mit rund 20 Unternehmensvertretern, darunter Landmaschinenhersteller. Gut die Hälfte der ukrainischen Agrarproduktion stammt von kleinen und mittleren Landwirten. Aber es gibt auch Unternehmen mit mehreren zehntausend Hektar Boden. Obst, Getreide, Zuckerrüben – der Agrarsektor erwirtschaftet 10 Prozent der ukrainischen Wertschöpfung und macht ein Fünftel des Exports aus. Manche der EU im Rahmen des Freihandelsabkommens eingeräumten Jahreseinfuhrquoten seien 2015 schnell erschöpft gewesen, die für Honig binnen zwei Wochen.
    Wem gehört der Krimsekt?
    "Manche Produkte gingen sehr gut, die auf Jahr angesetzt Honigquote war nach zwei Wochen ausgeschöpft."
    Die Ukraine achte jetzt sehr stark darauf, möglichst schnell alle EU-Standards im Lebensmittelbereich einzuführen. Pavlenko sieht zudem Nachfrage innerhalb der EU über die jetzigen Quoten hinaus:
    "Ich erinnere mich an Diskussionen mit spanischen Farmern. Die wollten gerne mehr Getreide aus der Ukraine beziehen. Das ist gentechnikfrei und sie halten das für das richtige für ihre iberischen Schweine."
    Der russisch-ukrainische Konflikt macht auch vor den Regalen der Aussteller nicht ganz halt. Wem gehört der Krim-Sekt? Stand-Sponsor Satanovsky hat eine klare Auffassung:
    "Wenn die Sekt in ihr Regal stellen, dann streite ich mit ihnen und versuche sie, zu überzeugen, den Sekt aus dem Regal zu nehmen."
    Denn mochte auch der Wein von der Krim oder der Südukraine stammen: Gereift zum Sekt sei er immer in kühlen Kellergewölben - weit weg von der Krim.