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Grünen Co-Chef Habeck
"Wir sind gar nicht die Super-Klimaschützer"

Robert Habeck vermisst Verbindlichkeit bei Entscheidungen der Weltklimakonferenz in Glasgow. Auch in Deutschland sei es nicht einfach, Worte in Taten umzusetzen, sagte der Grünen-Co-Chef im Dlf. Damit die Lichter weiter brennen, müssten die Erneuerbaren ausgebaut werden – in jedem Bundesland.

Robert Habeck im Gespräch mit Thielko Grieß |
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, spricht beim Außerordentlichen Länderrat der Grünen zum Ergebnis der Sondierungsgespräche sowie zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl.
Robert Habeck, Co-Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen (dpa / Michael Kappeler)
Robert Habeck, Co-Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, der in Berlin zurzeit einen neuen Koalitionsvertrag mit SPD und FDP aushandelt, begrüßt die Entscheidungen der Weltklimakonferenz in Glasgow zu Waldschutz und Methan. Dennoch fehle es an Verbindlichkeit. Das Grundproblem sei, dass fossile Energien immer noch günstiger seien als Erneuerbare. Hier sei bislang kein Fortschritt zu erkennen.

"Problembär" Deutschland

Die Verbindlichkeit fehle auch in Deutschland. Der Ausstieg aus der Kohle 2030 sei für die Industrienationen eine Bedingung. Doch wir verfeuerten massiv Kohle, seien in Europa "eher Problembär als Teil der Lösung". Aus der "Suppenküche der Koalitionsverhandlungen" ließ Habeck verlauten: "Worte in Taten umzusetzen, ist auch in Deutschland nicht ganz einfach".
Nach Ansicht von Robert Habeck ist der Ausbau der erneuerbaren Energien ohne staatliche Gelder möglich, weil er in der Hauptsache über Investoren laufe. Staatliche Aufgabe - bisher der Länder - sei die Ausweisung von Windkraftflächen. Er sei gespannt, ob sich bei den anstehenden Landtagswahlen Ministerpräsidenten und die anderen Parteien selbstbewusst hinstellen und sagen würden: Ja, das heißt auch in unserem Bundesland. Dann könne man nicht mehr sagen: "Wie kann es nur sein, dass Deutschland so doof ist".

"Ich will, dass das eine gute Regierung für Deutschland wird"

Zur Bewältigung der Klimakrise müssten die finanziellen Regeln geändert werden, ähnlich wie in der Corona-Pandemie, forderte Habeck im Deutschlandfunk. Während bestimmte Mittel für Sozialausgaben vom Staat erwirtschaftet werden müssten, brauche es Gelder für neue Infrastrukturen wie eine klimaneutrale Industrie, die aus Krediten zu finanzieren sei. Man suche in den Koaltionsverhandlungen nach Wegen außerhalb des Rahmens der Schuldenbremse, um das zu bewerkstelligen. Mehr dürfe er derzeit nicht verraten.
Berlin: Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, Christian Lindner, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD, geben nach den Sondierungsgesprächen von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zur Bildung einer neuen Bundesregierung nach der Bundestagswahl ein Statement. 
Das sind die Ergebnisse der Sondierungen von SPD, FDP und Grünen
Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfohlen. Der SPD-Parteivorstand, Länderrat der Grünen und Bundesvorstand sowie Bundestagsfraktion der FDP haben der Empfehlung zugestimmt.
Bei der "Übergangstechnologie Gas" habe sich Deutschland in eine Abhängigkeit von Russland hineinmanövriert, sagte Habeck. Die Gasleitungen von Nord Stream 2 seien wohl gefüllt. Russland müsse sich aber an die europäischen Regeln halten, Betrieb und Besitz der Pipeline müssten getrennt sein. Das müsse vor einer Inbetriebnahme geprüft werden, forderte Habeck.

Das Interview im Wortlaut:
Thielko Grieß: Drei Tage Klimagipfel in Glasgow sind vergangen. Sind Sie schon frustriert?
Robert Habeck: Nein. Das ist die normale Ernüchterung, die erwartet war. Ein paar Dinge kann man ja auch vor die Klammer ziehen. Die Ansagen zu Waldschutz und Methan sind durchaus begrüßenswert. Aber natürlich das Hauptproblem ist nicht scharf genug angegangen. Die Verbindlichkeit fehlt auch bei den begrüßenswerten Beschlüssen. Wir haben ja das Grundproblem, dass fossile Energien immer noch günstiger sind als erneuerbare, und solange das nicht geändert wird, müssen wir dagegen anfinanzieren und das Geld muss aufgebracht werden. Das sind dann die großen systemischen Probleme und da ist bisher kein Fortschritt erzielt worden.

"In Europa sind wir wirklich eher der Problembär"

Grieß: Muss da mehr kommen von der Europäischen Union? Muss da auch mehr kommen von der geschäftsführenden Bundeskanzlerin?
Habeck: Es wird immer viel geredet, aber die Verbindlichkeit im eigenen Land, die fehlt bei allen, würde ich sagen, in Deutschland auch. Wir glauben immer, wir sind hier die Super-Klimaschützer; sind wir aber gar nicht. Es wurde jetzt mehrfach gesagt - die drängenden Worte und die düsteren Szenarien haben Sie angesprochen -, Kohleausstieg 2030 in allen Industrienationen ist eine Bedingung dafür. Wir sind eine Industrienation. Wir verfeuern massiv Kohle. In Europa sind wir wirklich eher der Problembär als Teil der Lösung. Und das kann ich jetzt aus der Suppenküche der Koalitionsverhandlungen berichten: Die Worte in Taten umzusetzen, ist auch im eigenen Land nicht ganz einfach.
Grieß: Dieser Kohleausstieg 2030 ist noch strittig?
Habeck: Nein. Er ist als Zielmarke angenommen in diesem Sondierungspapier, aber er ist natürlich voraussetzungsreich, wenn wir weiter die Lichter anmachen wollen. Also müssen erneuerbare massiv ausgebaut werden, müssen die Stromnetze ausgebaut werden, brauchen wir auch in der Industrie die entsprechenden Umstellungen, und die kosten Geld. Dann reden wir über die Flächen für Windkraftanlagen, dann reden wir über Solaranlagen auf den Dächern, dann reden wir über die finanziellen Mittel für die Industrie, und dann kommen wir schnell ins kurze Gras.

"Ausbau der Erneuerbaren ohne staatliche Gelder möglich"

Grieß: All diese Fragen oder diese Probleme, die Sie jetzt aufgezählt haben, die sind alle noch offen?
Habeck: Die sind politisch vereinbart, aber operativ müssen sie erst mal umgesetzt werden. In den Verhandlungsgruppen wird jetzt gerade genau darüber geredet, wie es umgesetzt werden kann.
Michael Kellner, Lars Klingbeil und Volker Wissing stehen gemeinsam vor Mikrofonen . Vor der Seite fotografiert blicken sie in die Richtung der Pressevertreter.
Wie die Ampel-Investitionen finanziert werden sollen
Ein wichtiger und voraussichtlich umstrittener Punkt in den laufenden Koalitionsgesprächen von SPD, Grünen und FDP sind Finanzierungsfragen. Doch wie die geplanten Zukunftsinvestitionen bezahlt werden sollen, ist noch nicht ausgemacht.
Grieß: Was davon ist das wichtigste für Sie?
Habeck: Der Ausbau der erneuerbaren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass dann die fossilen Energien schnell runtergenommen werden und die Mobilität, wenn sie dann elektrisch betrieben wird, mit erneuerbarem Strom betrieben wird. Wenn wir lauter E-Mobile haben, die mit Braunkohlestrom herumfahren, ist auch nicht viel gewonnen.
Grieß: Ausbau von Windkraft an Land und auf See, Ausbau von Fotovoltaik. Sie wollen diese Programme stärken, mehr Geld dafür ausgeben. Und habe ich richtig verstanden: Die anderen beiden Partner haben Sie da noch nicht überzeugen können?
Habeck: Der Ausbau der erneuerbaren ist eigentlich ohne staatliche Gelder möglich. Wir zahlen das zwar als Bürgerinnen und Bürger über die EEG-Umlage, aber erst einmal sind die Investitionen privat zu stemmen. Es ist ja nicht so, dass der deutsche Staat die Windkraftanlagen baut, sondern Investoren machen das. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Aber die Flächen müssen gefunden werden und das ist staatliche Aufgabe. Die Länder stellen bisher über die Raumordnung Windkraftflächen zur Verfügung und einige mehr, einige weniger. Jetzt reden wir vor dem Hintergrund von Glasgow: Wie kann das nur sein, dass Deutschland so doof ist, aber wenn die nächste Landtagswahl wieder ansteht, bin ich mal gespannt, ob sich die Ministerpräsidenten und die anderen Parteien selbstbewusst hinstellen und sagen, ja, das heißt auch bei uns. Bisher war das nicht so.

Erneuerbare Energien sind wettbewerbsfähig

Grieß: Sie haben in der ersten Antwort gesagt, Herr Habeck, dass die fossilen Energien immer noch zu günstig seien und man deshalb dafür sorgen müsse, dass die erneuerbaren günstiger würden. Deshalb habe ich diese Frage gestellt, wie kriegt man die erneuerbaren günstiger?
Habeck: Die erneuerbaren sind jetzt tatsächlich gegenüber neuen Kraftwerken in Europa wettbewerbsfähig, teilweise wettbewerbsfähiger als die Kraftwerke dann selber sind. Aber die Subventionen für die umweltschädlichen Energieproduktionen sind noch immer hoch. Wir fördern in Deutschland mit unserem sauer verdienten Geld immer noch die Plastikproduktion aus Rohöl, das wird steuerlich begünstigt. Im Verkehrssektor – das ist ja Legende – sind Diesel-Privileg und Dienstwagen-Nutzung für den privaten Bereich steuerlich begünstigt. Das heißt, da gehen Milliardenbeträge dafür drauf, dass wir uns umweltschädlich verhalten, und das macht eigentlich keinen Sinn. Wenn man sich umweltschädlich verhält, das ist schon schlecht genug, aber wenn der Staat das auch noch fördert, dann darf man sich nicht wundern, dass es in Glasgow nicht so richtig vorangeht.
Grieß: Sie haben gerade einen kleinen Blick in die Suppenküche der Koalitionsverhandlungen gewährt und gesagt und beschrieben, wo überall noch gerührt und gekocht wird. Gibt es denn schon vielleicht ein Gericht oder einen Teil des zu kochenden, das schon fertig gewürzt ist und servierfertig ist?
Habeck: Ja. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt nur auf der Stelle treten. Wir kommen gut voran. Aber das werden Sie mir nachsehen, dass ich jetzt hier nicht in die Details der Gespräche reingehe, sondern die Dringlichkeit und die systemischen Herausforderungen, die kann ich beschreiben, weil wir haben Vertraulichkeit vereinbart, sowohl was geeint ist wie auch, wo wir noch länger diskutieren müssen.

Finanzielle Regeln zur Bewältigung der Klimakrise ändern

Grieß: Eine Frage ist ja stets, wo bekommt man das Geld her. Die Positionen sind bekannt. Steuererhöhungen soll es nicht geben, argumentiert die FDP. Jetzt gab es gestern einen Bericht bei Politico, dem Brüsseler Medium. Die haben im Wesentlichen berichtet, dass eine Idee der verhandelnden Koalitionäre sei, einen EU-Fonds zu schaffen und dann auch anzuzapfen, der sich dem Klimawandel und der Bewältigung des Klimawandels widmen solle, analog zu den Wiederaufbau-Fonds die während der Corona-Pandemie aufgelegt wurden. Herr Habeck, was ist da dran?
Habeck: Das ist jetzt nicht so, dass wir darüber als Koalitionäre reden könnten, aber ich würde sagen, wenn wir in der Pandemie – die haben wir als Krise begriffen – bestimmte Finanzregeln, die für den Normalfall gebaut wurden, ausgesetzt haben, dann ist die Klimakrise als systemische Herausforderung der nächsten 10, 20 Jahre ähnlich zu behandeln. Ich würde, unabhängig jetzt von den Koalitionsverhandlungen, dieser Logik folgen. Sie haben ja gerade die düsteren Worte von Glasgow angesprochen, wir gehen alle unter und das letzte Zeitalter ist angebrochen und so weiter, was da alles gesagt wurde. Wenn dem zu folgen ist, dann müssen wir auch die Regeln, die für eine Welt ohne Krisen geschaffen wurden, so flexibel interpretieren, dass wir genug finanzielle Spielräume haben, um Klimaneutralität herzustellen.

Atomkraft als Teil der EU-Taxonomie: "Halte ich für falsch"

Grieß: Ich weiß nicht, wieviel Sie in Ihren Verhandlungskammern mitbekommen, aber europaweit wird ja viel darüber diskutiert, wie mit der Atomkraft umzugehen sei, ob sie eingestuft wird als grüne Energie oder zumindest als förderungswürdige Energie. Die Franzosen vorweg sind dafür. Der Atomenergie-Anteil am Strommix, am Energiemarkt in Frankreich ist bekanntlich sehr, sehr groß. Würde das auf Ihre Zustimmung treffen?
Habeck: Nein, das halte ich für falsch. Das halten wir für falsch. Wenn die Franzosen Atomkraftwerke weiter betreiben und bauen wollen, dann ist das in einem gewissen Sinne zu akzeptieren. Dass ich eine andere Meinung habe, das können Sie sich vorstellen. Aber hier geht es darum, dass über die sogenannte Taxonomie – das ist ein Bewertungssystem, das die Europäische Kommission eingeführt hat, das Europa eingeführt hat – Märkte geschaffen werden. Geldströme werden gelenkt, und zwar jetzt in diesem Fall auch in Bereiche, wo die gar nicht mehr hingehen wollen. Das heißt, es würde im öffentlichen Sektor durch staatliches Handeln ein Markt geschaffen werden, der offensichtlich am Markt gar nicht im Moment bestehen könnte, und das halte ich für falsch. Wenn die Franzosen ihre Atomkraftwerke weiter betreiben – ich würde auf eine andere Strategie setzen aus den bekannten Gründen, aber dass wieder, ähnlich wie steuerliche Subventionen, ein künstlicher Markt geschaffen wird, wo wir doch alle darüber reden, wie wir Gelder im Moment nachhaltig, also grün investieren wollen, das halte ich für falsch.
Windkrafträder bei Nauen (Brandenburg) hinter einem Solarpark.
Erneuerbare Energien sind der Game-Changer
Derzeit mehren sich Forderungen, beim Klimaschutz verstärkt auf Kernenergie und auch Gas zu setzen. Doch Atomreaktoren und Gaskraftwerke sind Auslaufmodelle, kommentiert Georg Ehring. Die betreffenden Regierungen wollten damit Branchen stützen.
Grieß: Nur um das richtig zu verstehen: Die Atomkraftwerke in Deutschland, die gehen nach Plan vom Netz?
Habeck: Ja, so ist es. Die Betreiber selbst haben gar kein Interesse mehr, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Die Rückbaugenehmigungen sind in der Regel gestellt. Jedenfalls in meinem Bundesland, als ich Minister war, war das so. Das ist von langer Hand geplant. Die werden im nächsten Jahr vom Netz gehen.

Russland muss Regeln bei Nord Stream 2 einhalten

Grieß: Dann bleibt als Übergangstechnologie das Gas. Das kommt zu großen Teilen aus Russland und ist politisch, um es mal milde zu formulieren, schwierig. Richtig?
Habeck: Das ist richtig. Wir haben uns in eine Abhängigkeit von Russland hineinmanövriert, nicht zuletzt durch Nord Stream zwei, die die Übergangstechnologie Gas mit einer politischen Abhängigkeit bezahlt. Das sehen wir jetzt. Das ist, denke ich, inzwischen gut analysiert, dass die hohen Gaspreise auch daran liegen, dass sich Russland eine enge Marktsituation nach der Pandemie (größerer Gashunger, größerer Rohstoffhunger) zunutze gemacht hat, das Zeug nicht mehr in dem Maße, wie wir es bräuchten, um die Gaspreise günstig zu halten, nach Europa zu liefern. Das stimmt.
In Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern werden Röhren für die Gaspipeline Nord Stream 2 verlegt. Daneben steht ein Arbeiter.
Wie abhängig ist Deutschland von russischem Erdgas?
Deutschland und die USA haben ihren Streit um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zwar beigelegt. Innerhalb der EU ist das Projekt, das Russland offshore mit Deutschland verbindet, jedoch weiter umstritten. Welche politischen Interessen gibt es? Und wie wichtig ist Nord Stream 2 für Deutschland?
Grieß: Sind Sie dafür, Nord Stream zwei, Stand heute, in Betrieb zu nehmen?
Habeck: Nein. Ich glaube, dass wir uns damit erpressbar machen. Nord Stream zwei ist jetzt fertig gebaut und wenn man den Berichten glauben darf, sind die Gasleitungen befüllt. Es gibt aber eine europäisch festgelegte Regulatorik, die den Besitz und den Betrieb der Pipeline trennt. Das muss geprüft werden und das muss sauber geprüft werden und Russland muss sich den europäischen Wettbewerbsregeln anpassen und an die halten und kann nicht die Bundesnetzagentur in Deutschland und danach die europäische Agentur durch zurückgehaltene Gaslieferungen erpressen. Insofern, wenn Sie fragen, darf Nord Stream 2 ans Netz gehen – nur wenn alle europäischen Regeln eingehalten sind, und das würde ich im Moment nicht sehen und bezweifeln.

"Kreditfinanzierung kann jetzt nicht mehr im Rahmen der Schuldenbremse funktionieren"

Grieß: Ich muss noch mal auf das Thema Geld zurückkommen. Ich verstehe, dass Sie nichts sagen wollen und können aus den Koalitionsverhandlungen, aber es ist dann doch die Quadratur des Kreises, die vor uns liegt, vor Bürgerinnen und Bürgern. Die interessiert dann doch die meisten. Wenn man Programme möchte, wenn man Investitionen möchte: Wo soll das Geld herkommen. Können Sie uns einen Einblick geben oder vielleicht keinen Einblick, aber doch eine Ahnung, wie es ausgehen wird?
Habeck: Man muss zwei Dinge unterscheiden. Geld für alle Bereiche, die konsumtive Kosten sind. Das klingt so, das verfrühstücken wir, aber das sind die Sozialausgaben, das sind Honorare und Gehälter, das sind strukturelle Kosten, verschuldete Kommunen zu entlasten und so weiter und so fort. Die müssen tatsächlich erwirtschaftet werden. Das ist auch meine feste Überzeugung. Dafür sollten keine Schulden und Kredite aufgenommen werden. Gelder, die das Vermögen der öffentlichen Hand und das volkswirtschaftliche Vermögen in Deutschland bereichern, die zu neuen Infrastrukturen, Bahnlinien, Schulen, gedämmten Bibliotheken, meinetwegen Freibädern, Schwimmbädern, Spielplätzen, was immer man will führen, die sind dann ja nicht weg. Die sind nicht konsumiert, die sind wieder da. So auch Gelder, die eine klimaneutrale Industrie schaffen, die dann ja Werte für die nächsten Jahrzehnte herstellen, und die sind meiner Überlegung nach wirklich aus Krediten zu finanzieren. Die Kreditfinanzierung kann jetzt nicht mehr im Rahmen der Schuldenbremse funktionieren und wir suchen jetzt nach gemeinsamen Wegen, ob es Möglichkeiten gibt, das trotzdem zu bewerkstelligen.
An der Stelle mache ich mal Schluss, weil wir sonst uns immer über Deutschlandfunk-Interviews erklären, was wir gerade machen können. Das gibt dann immer nur Verdruss und Ärger und alle sind sauer, und ich will niemanden provozieren und will, dass das jetzt eine gute Regierung für Deutschland wird. Aber die Logik kann ich im Radio-Interview kurz anreißen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.