Berlin ist raus und die Region Rhein-Ruhr gilt damit als Favorit für Olympia 2032 - vorausgesetzt es kommt überhaupt zu einer Bewerbung für die Sommerspiele. Denn noch ist in Sachen Bewerbung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) keine Entscheidung gefallen. Fakt ist aber: Mit dem Aus für Berlin werden Schwimmen auf Schalke, Hockey in Mönchengladbach und Kanuwettbewerbe in Duisburg wahrscheinlicher. Die Region Rhein-Ruhr ist damit nämlich der einzige Bewerber aus Deutschland. Dies hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann am Mittwoch (12.02.2020) in einem Interview mit der Deutschen Presse Agentur bestätigt.
Auch die Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag haben im vergangenen Jahr für Landtag für eine Olympia-Initiative aus Nordrhein-Westfalens gestimmt. "Es ist ein schönes Signal, das auch der DOSB sieht, Nordrhein-Westfalen ist ein Sportland, eine sportverrückte Region", sagte die Grünen-Politikerin Josefine Paul im Deutschlandfunk. Von Jubelstimmung zu sprechen, wäre aber zu hoch gegriffen. Olympische und Paralympische Spiele faszinieren und polarisieren zugleich - auch die Grünen. Korruption, Gigantismus, Umweltzerstörung sind negative Schlagwörter, die seit Jahren mit Olympischen Spielen verknüpft werden und auch im Rahmen der Diskussion um die Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region auf den Tisch kommen. Rote Linien seien immer schwer zu definieren, sagte Josefine Paul im Deutschlandfunk. Sie ist seit 2010 Landtagsabgeordnete der Grünen, seit März 2015 stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin des Sportausschusses im nordrhein-wesfälischen Landtag.
"Ja, Olympische Spiele an Rhein und Ruhr können eine Chance auch für die Region sein. Wir knüpfen aber klare Bedingungen daran". Und dazu gehören laut Paul sowohl nachhaltige als auch ökologische Kriterien; genauso wie finanzielle Transparenz und soziale Standards. "In Nordrhein Westfalen müssen wir eben nicht lauter Sportstätten neu bauen. Deswegen ist die Situation hier eine andere." Bestimmte Nachhaltigkeitskriterien seien schon erfüllt und es brauche nicht zahlreiche neue Großvorhaben.
Kein grünes Etikett für das IOC
"Wir wollen nicht punkten mit irgendwelchem Tempeln des Sportes, die anschließend zu weißen Elefanten werden, die keiner mehr braucht", sagte Paul. Stattdessen setzt das Land laut Paul auf das Motto: "Hey, wir sind klein, aber fein und eben nicht gigantisch." Man müsse sich heute die Frage stellen, ob man Sportgroßereignisse ausrichten wolle oder sich nicht daran beteiligt, "wohlwissend, dass Sportgroßereignisse dann in Regionen der Welt stattfinden, wo weder Menschenrechte noch Nachhaltigkeitskriterien, die allererste Geige spielen". Die Sorge, dass die Grünen in NRW dem IOC dazu verhelfen, als nachhaltiger zu gelten, sieht Josefine Paul aber nicht.
"Es geht nicht nur darum, dass wir versuchen, im IOC ein grünes Etikett aufzukleben, sondern es geht auch darum, in Gesprächen mit dem IOC herauszufinden, wie ernst ist es dem IOC wirklich ist. Denn das ist in der Tat etwas, was für uns auch ausschlaggebend ist, wie wir auch weiter diese Bewerbung begleiten. Es kann nicht sein, dass das IOC jetzt einmal gesagt hat, wir verändern so ein bisschen was an den Kriterien. Aber das, was die großen Kritikpunkte sind, Stichwort Transparenz, Stichwort Korruption, Stichwort Compliance, Stichwort auch wie haltet ihr es denn wirklich mit der Nachhaltigkeit, dass das alles im Grunde genommen nur Sonntagsreden sind. Sollte sich so ein Eindruck verdichten, dann müssen natürlich auch wir unsere Positionen überdenken."
In puncto Kostentransparenz fordert die Grünen-Politikerin "den Leuten reinen Wein einzuschenken" und klar und deutlich zu sagen, "Olympische Spiele kosten auch Geld". Das Beispiel Tokio 2020 zeigt allerdings, dass solche Großereignisse schwer zu kalkulieren sind und die Kosten explodieren können. Paul warnte davor, "politische Preisschilder anzukleben" und "völlig illusorische Preise" zu nennen, die am Ende nicht eingehalten werden können. Sie wirbt dafür zu sagen: Es gibt nichts zum Nulltarif. Es werde niemals Olympischen Spiele geben, die Plusminus null ausgehen.
Kostenfaktor Infrastruktur
Das Teuere an solchen Großereignissen sei vor allem die Infrasturktur. Und genau da setzt die Grünen-Politikerin und ihre Partei an: "Wenn man es schafft, dass man diese Infrastruktur auch vernünftig nachnutzen kann, weil wir neue Verkehrskonzepte damit realisieren können, weil es auch Sport infrastrukturell und für die Sportstätten einen Vorteil hat, dann glaube ich, kann man das den Leuten auch durchaus sehr gut vermitteln."
Als eine "absolute Voraussetzung" nannte die Grünen-Politikerin eine Bürgerbeteiligung. Offen lässt sie jedoch in welcher Art und Weise. Es gelte neue Formate - fern ab von Bürgerbefragung und Referendum - zu finden. "Beteiligung lebt davon, dass Menschen wirklich auch in den Austausch gehen können, ihre Ideen einbringen können. Und ich findet es wichtig für eine Bewerbung, dass die dann auch ernst genommen werden muss. Es muss eine Bewerbung sein von mit und für die Menschen. Sonst funktioniert das nicht."