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Grünes Wachstum
Erste Erfolge bei weltweiter Wiederaufforstung

Mit weltweiten Programmen zur Wiederaufforstung soll nicht nur etwas gegen den Klimawandel und das Artensterben getan werden. Es geht auch darum, die Lebensgrundlagen vieler Menschen zu verbessern. Dass weltweit das Bewusstsein für den Ernst der Lage gestiegen ist, zeigen positive Beispiele aus El Salvador oder Äthiopien.

Von Jörg Sauerwein |
    Regenwald auf Tasmanien
    Trotz erster Erfolge bleibt die weltweite Wiederaufforstung eine echte Herausforderung. (dpa / picture alliance / Chad Ehlers)
    Es wird viel diskutiert in den Pausen der Bonner Umweltkonferenz. Denn die Teilnehmer aus rund 30 Ländern wie Brasilien, Äthiopien, China oder Indonesien wissen, es geht um viel.
    Mit weltweiten Programmen zur Wiederaufforstung soll nicht nur etwas gegen den Klimawandel und das Artensterben getan werden. Es geht auch darum, die Lebensgrundlagen vieler Menschen zu verbessern. So wie zum Beispiel in El Salvador, wo die Menschen die Folgen jahrzehntelanger Abholzungen deutlich zu spüren bekommen, berichtet Umweltministerin Lina Pohl:
    "Wir haben nicht mehr genug Wasser für unsere Bürger. Das halbe Land wieder aufzuforsten ist nicht ehrgeizig, es ist schlicht notwendig. Tun wir das nicht, kann sich unser Land nicht mehr weiterentwickeln."
    Ambitionierte Vorhaben
    Das Ziel in El Salvador lautet: Die Hälfte des Landes, das etwa so groß wie Hessen ist, soll bis zum Jahr 2030 wieder mit neuem Wald bedeckt sein. Das ist ambitioniert, ähnlich wie das vor vier Jahren formulierte Ziel der Bonn Challenge, weltweit 150 Millionen Hektar Wald bis zum Jahr 2020 wieder aufzuforsten, eine Fläche gut viermal so groß wie Deutschland. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hält diese Ziele für machbar.
    "Seit der ersten Bonn Challenge vor vier Jahren sind jetzt 60 Millionen Hektar im Wiederaufbau begriffen, deswegen bin ich auch zuversichtlich, dass wir das Ziel 150 Millionen Hektar bis zum Jahr 2020 erreichen."
    Zehn Jahre später sollen es sogar 350 Millionen Hektar neuer Wald sein. Viele Länder schaffen den Wiederaufbau allerdings kaum aus eigener Kraft. Deshalb hat das Bundesumweltministerium in den letzten vier Jahren verschiedene Entwicklungsländer beim Wiederaufbau von Wäldern mit rund 50 Millionen Euro unterstützt. Weitere 40 Millionen sind geplant, zum Beispiel für neue Projekte in Ruanda.
    Positive Beispiele
    Aber nicht nur die bereits neu entstehenden Wälder und angelaufene Projekte stimmen Hendricks optimistisch. Gerade die großen Länder wie Brasilien oder China hätten sich in Bonn noch einmal sehr konkret zu ihren Plänen für die kommenden Jahre geäußert, außerdem gebe es einige erfolgversprechende Länder:
    "Es gibt wirklich gute Beispiele, Äthiopien zum Beispiel hat in den letzten Jahren sieben Millionen Hektar aufgeforstet – und die haben es genau erkannt, dass es auch die Lebensgrundlagen der Menschen positiv beeinflusst."
    Auch die norwegische Umweltministerin Tine Sundoft hebt den ostafrikanischen Staat als gutes Beispiel hervor. Äthiopien will in zehn Jahren ein Land mittleren Einkommens werden, aber mit den Emissionen beim Stand des Jahres 2010 bleiben.
    "Das ist grünes Wachstum in der Praxis – Äthiopien macht das, weil die Menschen ernährt werden müssen und sie sauberes Wasser brauchen."
    Noch mal acht Millionen Hektar neuer Wald sind hier geplant. Norwegen unterstützt diese Länder erst, wenn sie Erfolge vorweisen können – sozusagen als Belohnung, die dann in weitere Projekte investiert werden kann.
    Kritische Stimmen
    400 bis 500 Millionen US-Dollar zahlen die Norweger jedes Jahr für weltweite Wiederaufforstung. Ganz so optimistisch wie Deutschland und Norwegen sind viele Naturschützer allerdings nicht, zum Beispiel die Naturschutzorganisation WWF. Die Ziele seien höchst ambitioniert, deshalb warnt WWF-Vorstand Christoph Heinrich vor zu hohen Erwartungen:
    Illegal abgeholztes Troppenholz, Indonesien
    Illegal abgeholztes Troppenholz, Indonesien (AP)
    "Wenn nur die Hälfte davon umgesetzt würde, hätten wir einen enormen Fortschritt erreicht."
    In Ländern wie zum Beispiel Indonesien gebe es noch großen Handlungsbedarf. Außerdem reiche es nicht, einen Wald einfach nur wieder aufzuforsten:
    "Die Gründe, die bisher dazu geführt haben, dass da kein Wald mehr war, die müssen ausgeschaltet sein. Und das ist manchmal gar nicht so einfach, denn das geht gegen die Interessen von Menschen vor Ort – oder zumindest einiger, die sich durchsetzen können. Das heißt, man muss Partnerschaften gewinnen. Man muss die Menschen, die vor Ort leben, die dann mit diesem Wald auch umgehen müssen, die muss man gewinnen, dass sie darin eine Chance sehen – wenn das nicht gelingt, ist es schwierig."
    Deshalb will El Salvador zum Beispiel eine zentralamerikanische Partnerschaft ins Leben rufen. Für viele Länder ist die Bonn Challenge ein Netzwerk, in dem man voneinander lernen will. Und alle wissen, dass der Name nicht umsonst gewählt ist: Trotz erster Erfolge bleibt es noch eine Challenge, eine echte Herausforderung.