Bundestag
Grundgesetzänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts beschlossen

Der Bundestag hat einen stärkeren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor einer möglicherweise radikalen künftigen Bundesregierung beschlossen. Für den gemeinsamen Entwurf von SPD, Grünen, FDP und Union stimmten 600 Abgeordnete. 69 votierten mit Nein. Damit wurde die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht.

    Außenansicht des Bundesverfassungsgerichts, eines Gebäude im nüchtern-modernen Stil der Sechzigerjahre.
    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe soll besser vor politischer Instrumentalisierung geschützt werden. (Imago / Rupert Oberhäuser)
    Durch die Grundgesetzänderung werden zentrale Vorgaben zur Struktur des Gerichts in der Verfassung verankert, so dass sie nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat geändert werden können. Das geht bislang bereits mit einfacher Mehrheit.
    Damit die Änderung in Kraft tritt, ist noch die Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Im verkürzten Verfahren könnte das bereits morgen passieren, dann kommt die Länderkammer zu einer regulären Sitzung zusammen.

    Innenministerin ordnet Schritt historisch ein

    Bundesinnenministerin Faeser hatte vor der Abstimmung im Bundestag auf historische Erfahrungen mit der Weimarer Republik verwiesen. Die SPD-Politikerin sagte, das Scheitern der damaligen Demokratie sei auch auf das Versäumnis zurückzuführen, die notwendigen Schritte zu ihrer Verteidigung zu unternehmen. Der AfD-Abgeordnete Jacobi warf den anderen Parteien wörtlich vor, sich als wackere Verteidiger des Rechtstaats gegen die böse AfD darzustellen.
    Hintergrund für die Änderungen waren Befürchtungen, dass extreme Parteien in Zukunft versuchen könnten, politisch Einfluss auf das höchste deutsche Gericht zu nehmen. Als mögliche Szenarien wurde beispielsweise genannt, dass Verfassungsrichterinnen und -richter länger oder kürzer im Amt bleiben oder dass für ihre Wahl keine Zweidrittelmehrheit mehr notwendig ist. Auch wäre es möglich gewesen, einen dritten Senat einzurichten und diesem bestimmte wichtige Entscheidungen zuzuweisen.

    Erfahrungen in anderen Ländern

    In verschiedenen Ländern wie etwa Polen unter der früheren Regierungspartei PiS oder Ungarn unter der Fidesz-Partei gab es bereits Versuche, das jeweilige Verfassungsgericht zu entmachten, zu schwächen oder zu beeinflussen. Infolge der Reformen wuchs der Einfluss von Getreuen der jeweiligen Regierung.
    Darauf verwies auch der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Müller, im Deutschlandfunk. Er begrüßte die Grundgesetzänderung bereits im Vorfeld des Beschlusses und sagte, sie mache das Verfassungsgericht widerständsfähiger gegen politische Instrumentalisierung durch Autokraten.

    Hör-Tipps

    Kommentar: Der Schutz des Bundesverfassungsgerichts geht nicht weit genug
    Diese Nachricht wurde am 19.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.