Thomas Leif: Guten Morgen, Hallo.
Klein: Abfindungen und großzügige Übergangsregelungen, wie wir sie jetzt unter anderem bei Laurenz Meyer gesehen und erlebt haben - sind das erfolgversprechende Mechanismen der Interessenwahrung von Unternehmen aus Sicht der Unternehmen?
Leif: Ich glaube ja, weil es handelt sich jetzt hierbei um Spitzenpolitiker, die auch eine gewisse Perspektive haben und im Grunde alle wichtigen Kriterien erfüllen, die Lobbyisten sozusagen präsentieren müssen. Es geht darum, dass man Politikern nicht einfach nur Geld gibt, sondern immer auch damit einen Zweck erfüllt und immer ein Ziel hat. Solche Politiker können als Frühwarnsystem wirken, das heißt, sie sind vertreten in den Spitzengremien und haben viele Informationen. Das zweite, was sie leisten können ist: Sie wissen ganz genau, wer in den Ministerien oder der Ministerialbürokratie oder in den Parteien und Fraktionen für welches Thema zuständig ist im operativen Bereich, etwa im Energiesektor, können diese Direktkontakte vermitteln und der dritte wichtige Punkt, den man von Lobbyisten erwartet, ist, dass sie Kontakte zum Spitzenpersonal, etwa zum Beispiel zu Frau Merkel oder anderen herstellen können und diese Trilogie der einzelnen Eigenschaften in der Praxis des Lobbyismus haben sowohl Herr Arentz erfüllen können als CDA-Mann, aber auch der Generalsekretär Meyer.
Klein: Aber das sind Vermutungen, belegen lässt sich das ja wahrscheinlich nicht.
Leif: Nein, das lässt sich nicht belegen, aber es gibt einen schönen Hinweis: RWE unterstützt ja auch sehr massiv Landräte und Bürgermeister und hat eigene Beiräte sozusagen, wo die kommunale Politik versorgt, vermittelt und bearbeitet wird und es sagte gestern ein Landrat, er hat noch nie in seinem Leben erlebt, bezogen auf RWE, dass es irgendeine Summe gibt für irgendetwas, ohne dass damit Ziele verbunden sein müssten. Aber genau da sprechen Sie ja den heiklen Punkt an: Niemand hat bisher in der Öffentlichkeit wirksam eine Antwort bekommen von RWE, warum RWE dieses Geld bezahlt. Diese Frage ist sehr schlüssig und Sie erinnern sich, die Diskussion um Herrn Arentz verlief so absurd, dass sozusagen bis in die Tagesschau gesagt worden ist, er hat dieses Geld bekommen (immerhin 60.000 Euro) ohne Gegenleistung. Das Absurde dabei ist: diese stille Gegenleistung ist natürlich politische Arbeit, "Landschaftspflege", wie man das bei RWE nennt, und diese Landschaftspflege wird in diesem Konzern so groß geschrieben, wie in keinem anderen. RWE waren noch bis 1998 in kommunaler Hand, die Mehrheit der Stimmrechte, und das hat geprägt über die Jahre und das ist ein ganz klarer Fluss von Geld und eine Form von stillem Lobbyismus.
Klein: Die Financial Times Deutschland schreibt heute, angeblich ist eine Liste aufgetaucht bei der Innenrevision bei RWE, auf der weitere Politiker stehen, die Geld bekommen vom Unternehmen. Fragt sich natürlich schon, wie entsteht so eine Liste, wie kommt die an die Öffentlichkeit, hat das Unternehmen ein Interesse daran, das aufzuklären oder eigentlich eher nicht?
Leif: Das Unternehmen hat meiner Ansicht nach zunächst kein Interesse an der Aufklärung, aber die beiden Fälle jetzt sind so geballt und konzentriert an die Öffentlichkeit gekommen, dass auch sagen wir mal der Aufsichtsrat und vor allem der Vorstand nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Solche Prozesse dauern ja immer einige Wochen und lagern sich ab. Das heißt, man hat jetzt garantiert geschaut, der neue Vorstandsvorsitzende, der ja nicht mit dem alten Prozesse verhaftet ist, hat geschaut, warum etwas gezahlt wurde und hat sich sicherlich eine Liste geben lassen um gewappnet zu sein, denn wenn er nicht gewappnet ist in der öffentlichen Argumentation, könnte es ja auch auf ihn zurückfallen. Es steht ja in der Financial Times auch der klare Bezug, dass es sich dabei unter anderem um Politiker und andere handelt, die bei Stadtwerken beschäftigt sind. Sie müssen es sich jetzt so vorstellen: RWE hat einen besonderen Status als Unternehmen, es ist ein mitbestimmtes Unternehmen, übrigens auch mit einem hohen Anteil von Gewerkschaftern - sowohl der ver.di-Vorsitzende als auch der stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Huber sind im Aufsichtsrat und könnten ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen - ich glaube, dass es da auch Druck gibt und man sagt, man will als vorbildliches Unternehmen dastehen und solche Mauscheleien und das sind ja indirekt zumindestens korruptionsanfällige Prozesse, die untersucht werden müssen, die sind nicht gut für das Image eines Unternehmens.
Klein: Und RWE sagt auch, man arbeitet jetzt eben mit Hochdruck an der Entwicklung einer konzernweit gültigen Verhaltensregel. Weshalb gibt es die bisher eigentlich noch nicht?
Leif: Die gibt es deshalb nicht, weil alle Regeln schränken den Freiraum der Handelnden ein und Macht ist die Schaffung von Ungewissheitszonen in solchen Situationen. Es hat aber eine besonders absurde Note, weil sich RWE schon heute als vorbildliches Unternehmen darstellt, was den so genannten corporate governance conduct unterschrieben hat, also einen Kodex, der im Zuge der Diskussion von der Bundesregierung angestoßen worden ist, wo Unternehmen sich bereit erklären, besonders transparent und öffentlich zu agieren. Und in der Tat ist es so, dass RWE auch im Internet die Gehaltszahlungen vom Vorstand und vom Aufsichtsrat vorbildlich präsentiert, dagegen ist nichts einzuwenden und eine Menge Informationen liefert, aber eigentlich hätte man diesen Kodex, der jetzt angestrebt ist, schon längst haben müssen, weil RWE auch opulent Politiker fördert, etwa im kommunalen Bereich, wie ich sagte, oder aber auch 200 Mandatsträger in der eigenen Mitarbeiterschaft hat und sogar selbst geregelt hat, dass, wenn ein Mitarbeiter von RWE in die Politik geht und dort weniger verdienen sollte, dass dann RWE selbst dieses Gehalt aufbessert. Also Sie sehen: da hat man schon sehr feine Regeln gefunden für den Fall der Landschaftspflege von Politikern, aber andere Regeln hat man noch nicht entdeckt. Es ist nur auf Druck der Öffentlichkeit. Das Spannende an dem Fall RWE ist, dass wir glaube ich eine grundgesetzliche Diskussion bekommen werden. Wir haben jetzt wochenlang gehört von den Politikern, die dubiose Geldsummen bekommen haben, wir haben keine Antworten darauf, warum Unternehmen diese zahlen. Und es wird auch jetzt schon der Name von anderen Energiekonzernen genannt und ich bin sicher, dass es da ähnliche Fälle gibt und wir werden die Diskussion bekommen, ob die Auskunftspflicht, die heute noch sehr porös ist im Bundestag zum Beispiel oder in den Landtagen, was Nebenjobs angeht, ob diese nicht präzisiert werden soll und da haben ja die Ministerpräsidenten aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schon eine Idee in den Raum geworfen und man wird jetzt sehen müssen, ob das sich ändert, weil wir werden sozusagen für die demokratische Verfasstheit nur nach vorne kommen, wenn auch ganz klare Regeln existieren, dass alle Politiker ihre Nebenjobs angeben müssen und sie kontrollierbar sind und zwar nach Art und Umfang, also nach der Summe, die sie bekommen und nach den Hintergründen.
Klein: Ist das eigentlich ein besonderes Problem der Energiebranche oder gilt dieses Verfahren, was da im Moment angewendet wurde, ganz genauso auch für andere Industriezweige?
Leif: Sie können folgende Faustregel im Lobbyismus aufstellen: Da, wo die höchsten Umsätze sind, haben Sie die intensivste Dichte des Lobbyismus und wenn Sie gleichzeitig noch dazu berücksichtigen, da, wo auch die öffentliche Hand, also Staat im weitesten Sinne, ein Abnehmer ist, etwa hier, Energieabnehmer für Kommunen oder auch für andere Körperschaften, da ist die Lobbydichte besonders stark oder dicht, weil man natürlich konkret Politik machen kann. Im Fall RWE - die ganze Diskussion um Emissionsrechte und über Fusionen, um regionale Lieferkapazitäten und Tarifsysteme, Regulierung des Energiemarktes - all das, hochpolitische Entscheidungen die in den Parlamenten gefällt werden und wenn sie da ein dichtes Netz von Leuten haben, die auf ihrer payroll stehen oder standen, ist das hocheffizient, weil, das ist das Merkmal der Lobbyisten, sie brauchen die Information sehr früh, um intervenieren zu können, und wenn sie da ein dichtes Netz haben, sind sie, um es neudeutsch zu sagen, gut aufgestellt.
Klein: Abfindungen und großzügige Übergangsregelungen, wie wir sie jetzt unter anderem bei Laurenz Meyer gesehen und erlebt haben - sind das erfolgversprechende Mechanismen der Interessenwahrung von Unternehmen aus Sicht der Unternehmen?
Leif: Ich glaube ja, weil es handelt sich jetzt hierbei um Spitzenpolitiker, die auch eine gewisse Perspektive haben und im Grunde alle wichtigen Kriterien erfüllen, die Lobbyisten sozusagen präsentieren müssen. Es geht darum, dass man Politikern nicht einfach nur Geld gibt, sondern immer auch damit einen Zweck erfüllt und immer ein Ziel hat. Solche Politiker können als Frühwarnsystem wirken, das heißt, sie sind vertreten in den Spitzengremien und haben viele Informationen. Das zweite, was sie leisten können ist: Sie wissen ganz genau, wer in den Ministerien oder der Ministerialbürokratie oder in den Parteien und Fraktionen für welches Thema zuständig ist im operativen Bereich, etwa im Energiesektor, können diese Direktkontakte vermitteln und der dritte wichtige Punkt, den man von Lobbyisten erwartet, ist, dass sie Kontakte zum Spitzenpersonal, etwa zum Beispiel zu Frau Merkel oder anderen herstellen können und diese Trilogie der einzelnen Eigenschaften in der Praxis des Lobbyismus haben sowohl Herr Arentz erfüllen können als CDA-Mann, aber auch der Generalsekretär Meyer.
Klein: Aber das sind Vermutungen, belegen lässt sich das ja wahrscheinlich nicht.
Leif: Nein, das lässt sich nicht belegen, aber es gibt einen schönen Hinweis: RWE unterstützt ja auch sehr massiv Landräte und Bürgermeister und hat eigene Beiräte sozusagen, wo die kommunale Politik versorgt, vermittelt und bearbeitet wird und es sagte gestern ein Landrat, er hat noch nie in seinem Leben erlebt, bezogen auf RWE, dass es irgendeine Summe gibt für irgendetwas, ohne dass damit Ziele verbunden sein müssten. Aber genau da sprechen Sie ja den heiklen Punkt an: Niemand hat bisher in der Öffentlichkeit wirksam eine Antwort bekommen von RWE, warum RWE dieses Geld bezahlt. Diese Frage ist sehr schlüssig und Sie erinnern sich, die Diskussion um Herrn Arentz verlief so absurd, dass sozusagen bis in die Tagesschau gesagt worden ist, er hat dieses Geld bekommen (immerhin 60.000 Euro) ohne Gegenleistung. Das Absurde dabei ist: diese stille Gegenleistung ist natürlich politische Arbeit, "Landschaftspflege", wie man das bei RWE nennt, und diese Landschaftspflege wird in diesem Konzern so groß geschrieben, wie in keinem anderen. RWE waren noch bis 1998 in kommunaler Hand, die Mehrheit der Stimmrechte, und das hat geprägt über die Jahre und das ist ein ganz klarer Fluss von Geld und eine Form von stillem Lobbyismus.
Klein: Die Financial Times Deutschland schreibt heute, angeblich ist eine Liste aufgetaucht bei der Innenrevision bei RWE, auf der weitere Politiker stehen, die Geld bekommen vom Unternehmen. Fragt sich natürlich schon, wie entsteht so eine Liste, wie kommt die an die Öffentlichkeit, hat das Unternehmen ein Interesse daran, das aufzuklären oder eigentlich eher nicht?
Leif: Das Unternehmen hat meiner Ansicht nach zunächst kein Interesse an der Aufklärung, aber die beiden Fälle jetzt sind so geballt und konzentriert an die Öffentlichkeit gekommen, dass auch sagen wir mal der Aufsichtsrat und vor allem der Vorstand nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Solche Prozesse dauern ja immer einige Wochen und lagern sich ab. Das heißt, man hat jetzt garantiert geschaut, der neue Vorstandsvorsitzende, der ja nicht mit dem alten Prozesse verhaftet ist, hat geschaut, warum etwas gezahlt wurde und hat sich sicherlich eine Liste geben lassen um gewappnet zu sein, denn wenn er nicht gewappnet ist in der öffentlichen Argumentation, könnte es ja auch auf ihn zurückfallen. Es steht ja in der Financial Times auch der klare Bezug, dass es sich dabei unter anderem um Politiker und andere handelt, die bei Stadtwerken beschäftigt sind. Sie müssen es sich jetzt so vorstellen: RWE hat einen besonderen Status als Unternehmen, es ist ein mitbestimmtes Unternehmen, übrigens auch mit einem hohen Anteil von Gewerkschaftern - sowohl der ver.di-Vorsitzende als auch der stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Huber sind im Aufsichtsrat und könnten ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen - ich glaube, dass es da auch Druck gibt und man sagt, man will als vorbildliches Unternehmen dastehen und solche Mauscheleien und das sind ja indirekt zumindestens korruptionsanfällige Prozesse, die untersucht werden müssen, die sind nicht gut für das Image eines Unternehmens.
Klein: Und RWE sagt auch, man arbeitet jetzt eben mit Hochdruck an der Entwicklung einer konzernweit gültigen Verhaltensregel. Weshalb gibt es die bisher eigentlich noch nicht?
Leif: Die gibt es deshalb nicht, weil alle Regeln schränken den Freiraum der Handelnden ein und Macht ist die Schaffung von Ungewissheitszonen in solchen Situationen. Es hat aber eine besonders absurde Note, weil sich RWE schon heute als vorbildliches Unternehmen darstellt, was den so genannten corporate governance conduct unterschrieben hat, also einen Kodex, der im Zuge der Diskussion von der Bundesregierung angestoßen worden ist, wo Unternehmen sich bereit erklären, besonders transparent und öffentlich zu agieren. Und in der Tat ist es so, dass RWE auch im Internet die Gehaltszahlungen vom Vorstand und vom Aufsichtsrat vorbildlich präsentiert, dagegen ist nichts einzuwenden und eine Menge Informationen liefert, aber eigentlich hätte man diesen Kodex, der jetzt angestrebt ist, schon längst haben müssen, weil RWE auch opulent Politiker fördert, etwa im kommunalen Bereich, wie ich sagte, oder aber auch 200 Mandatsträger in der eigenen Mitarbeiterschaft hat und sogar selbst geregelt hat, dass, wenn ein Mitarbeiter von RWE in die Politik geht und dort weniger verdienen sollte, dass dann RWE selbst dieses Gehalt aufbessert. Also Sie sehen: da hat man schon sehr feine Regeln gefunden für den Fall der Landschaftspflege von Politikern, aber andere Regeln hat man noch nicht entdeckt. Es ist nur auf Druck der Öffentlichkeit. Das Spannende an dem Fall RWE ist, dass wir glaube ich eine grundgesetzliche Diskussion bekommen werden. Wir haben jetzt wochenlang gehört von den Politikern, die dubiose Geldsummen bekommen haben, wir haben keine Antworten darauf, warum Unternehmen diese zahlen. Und es wird auch jetzt schon der Name von anderen Energiekonzernen genannt und ich bin sicher, dass es da ähnliche Fälle gibt und wir werden die Diskussion bekommen, ob die Auskunftspflicht, die heute noch sehr porös ist im Bundestag zum Beispiel oder in den Landtagen, was Nebenjobs angeht, ob diese nicht präzisiert werden soll und da haben ja die Ministerpräsidenten aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schon eine Idee in den Raum geworfen und man wird jetzt sehen müssen, ob das sich ändert, weil wir werden sozusagen für die demokratische Verfasstheit nur nach vorne kommen, wenn auch ganz klare Regeln existieren, dass alle Politiker ihre Nebenjobs angeben müssen und sie kontrollierbar sind und zwar nach Art und Umfang, also nach der Summe, die sie bekommen und nach den Hintergründen.
Klein: Ist das eigentlich ein besonderes Problem der Energiebranche oder gilt dieses Verfahren, was da im Moment angewendet wurde, ganz genauso auch für andere Industriezweige?
Leif: Sie können folgende Faustregel im Lobbyismus aufstellen: Da, wo die höchsten Umsätze sind, haben Sie die intensivste Dichte des Lobbyismus und wenn Sie gleichzeitig noch dazu berücksichtigen, da, wo auch die öffentliche Hand, also Staat im weitesten Sinne, ein Abnehmer ist, etwa hier, Energieabnehmer für Kommunen oder auch für andere Körperschaften, da ist die Lobbydichte besonders stark oder dicht, weil man natürlich konkret Politik machen kann. Im Fall RWE - die ganze Diskussion um Emissionsrechte und über Fusionen, um regionale Lieferkapazitäten und Tarifsysteme, Regulierung des Energiemarktes - all das, hochpolitische Entscheidungen die in den Parlamenten gefällt werden und wenn sie da ein dichtes Netz von Leuten haben, die auf ihrer payroll stehen oder standen, ist das hocheffizient, weil, das ist das Merkmal der Lobbyisten, sie brauchen die Information sehr früh, um intervenieren zu können, und wenn sie da ein dichtes Netz haben, sind sie, um es neudeutsch zu sagen, gut aufgestellt.