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Grundschulverband
Positive Leistungsbilanz von Grundschulen

Die deutschen Grundschulen stehen im internationalen Vergleich gut da. Das geht aus der Leistungsbilanz des Grundschulverbandes hervor. Aber - es gibt noch Luft nach vorne. Denn die Lehrer müssen heute deutlich mehr leisten als früher. Das sollte sich in der Ausbildung, aber auch in der Berechnung der Arbeitszeit niederschlagen.

Von Michael Braun |
    Dresdner Grundschüler starten mit der Schrift "Schule" am 04.09.2014 in Dresden (Sachsen) vor der Semperoper die jährliche Kampagne "Die Schule hat begonnen".
    Grundschüler zu Beginn eines neuen Schuljahres (dpa / Matthias Hiekel)
    Den Grundschulen geht es besser. Ihre finanzielle Ausstattung ist seit dem Jahr 2000 sogar schneller gestiegen als die der Gymnasien, von 3.600 Euro pro Kind auf 5.600 Euro – also um gut 55 Prozent. Die Gymnasien kamen bis 2013 auf einen Ausgabenzuwachs von gut 44 Prozent. Dabei weisen die Bundesländer große Spannweiten auf: Nordrhein-Westfalen leistet sich die geringsten Ausgaben, Hamburg, dann Bayern, Berlin, Sachsen-Anhalt und Thüringen die höchsten. Ein Grund: Unterschiedliche lange Unterrichtszeiten. In Bayern stehen für die vier Jahrgangsstufen einer Grundschule wöchentlich 104 Pflichtsunden auf dem Plan, in Berlin sind es nur 92. Das summiert sich:
    "Also, die Bayern gehen viereinhalb Jahre in die Grundschule und die Berliner vier Jahre, wenn man es etwas platt formuliert."
    So Klaus Klemm, der emeritierte Professor für Bildungsforschung und Bildungsplanung an der Universität Duisburg-Essen. Für den Grundschulverband hat er auch recherchiert, wie die deutschen Grundschulausgaben im internationalen Vergleich aussehen: Ganz gut, wenn man Deutschland mit allen OECD-Staaten vergleiche, also auch die Türkei, Mexiko und Tschechien einbeziehe.
    Im Vergleich zu Industrienationen hinken deutsche Grundschulen hinterher
    "Wenn wir uns aber an den wichtigen Industrienationen oder an einzelnen wichtigen Industrienationen messen, dann sind wir im Grundschulbereich deutlich hinterher."
    Immerhin – die deutlich gestiegenen Mehrausgaben seit dem Jahr 2000 seien in den Schulen angekommen, sagt Maresi Lassek, die lange in einer sozialen Brennpunktschule in Bremen unterrichtet hat:
    "Es ist sicher die Sachmittelausstattung punktuell höher geworden. Das andere ist, dass auch durch die demografische Rendite, also weniger Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen geblieben sind und es von daher Verbesserungen in den Klassenfrequenzen eindeutig gab, ja."
    Musste sich im Jahr 2000 ein Lehrer um rechnerisch 22,4 Schüler kümmern, waren es 2014 noch 20,7. Wobei auch bei dieser Kennziffer Nordrhein-Westfalen deutlich schlechter lag als der Bundesdurchschnitt, bei mehr als 23 Kindern pro Lehrerstelle, während es Rheinland-Pfalz nur 18,3 Kinder waren.
    Solche niedrigen Relationen schaffen Raum, den die Grundschule auch zunehmend brauche, sagt Professor Hans Brügelmann, der im Grundschulverband für die Qualitätsentwicklung zuständig ist.
    Kontakte zu Jugendamt, Kinderärzten und zur Polizei halten
    "Wenn wir Inklusion ernst nehmen, und zwar nicht nur in dem Sinne, behinderte Kinder mit aufzunehmen, sondern zu sagen, es kommt drauf an, jedem Kind gerecht zu werden mit seinen besonderen Bedürfnissen, dann ist es schon so, dass wir dafür auch mehr Personal brauchen. Das ist gar keine Frage.
    Ganz abgesehen davon, dass eben doch der Schule heute mehr abverlangt wird auch von den Eltern. Die erwarten, dass dort Dinge passieren, die früher vielleicht in Familien passiert sind. Und das bedeutet, dass viele Kolleginnen nachmittags damit beschäftigt sind, Kontakte zu halten zu Jugendamt, zu Kinderärzten bis hin zur Polizei sogar. Und das zeigt, dass sich das Berufsbild selber verändert hat. Und das verlangt auch ein neues Verständnis in der Ausbildung einerseits, aber auch in der Berechnung der Arbeitszeit."
    Der Wunsch nach noch besserer Finanzausstattung der Grundschulen bleibt also trotz aller Verbesserungen wach. Wobei die Fachleute des Verbandes wissen: Zusätzliches Personal, vor allem solches, das die neuen Anforderungen beherrscht, ist knapp.