Darüber diskutiert Rüdiger Achenbach mit Mouhanad Khorchide, Serdar Güneş (Institut für Studien der Kultur und Religion des Islams an der Universität Frankfurt am Main), Abdul Ahmad Rashid (Islamwissenschaftler und Redakteur beim ZDF) und Abderrahmane Ammar (Soziologe und Islamwissenschaftler aus Marokko).
Rüdiger Achenbach: Wie sieht es denn mit der Religionsfreiheit im Islam aus, Herr Güneş?
Serdar Güneş: Die Religionsfreiheit im Islam – ich denke, das kann man immer nur beantworten, im konkreten Ordnungsvorstellungen, die man in islamischen Ländern vorfindet. Sie können in Ländern wie Saudi-Arabien kaum Religionsfreiheit finden. Im Iran dürften Sie eine sehr eingeschränkte Religionsfreiheit finden, zum Beispiel, Juden sind im Parlament repräsentiert, so weit ich weiß. Das können Sie in Saudi-Arabien nicht finden, da gibt es nicht einmal Kirchen, gar nichts. Wir haben Religionsfreiheit heute in westlichen Ländern.
Achenbach: Also die positive Religionsfreiheit geht jetzt erst einmal nicht vom Christentum aus, nicht vom Judentum, nicht vom Islam, sondern aus einer modernen pluralistischen Gesellschaft, in der Demokratie, die natürlich auch ein Zusammenleben gewährleisten soll. Das gehört ja mit dazu. Es ist ja auch eine Errungenschaft in der westlichen Welt. Es ist ja nicht so, als ob es sie immer gegeben hätte, sondern es ist eine Entwicklung, dass man irgendwann an diesen Punkt gekommen ist, und hat gesagt: der Mensch wird in eine Religion hineingeboren, die er sich nicht ausgesucht hat, vielleicht geben wir ihm auch die Chance, sich eine Religion auszusuchen oder sie als negative Religionsfreiheit sogar abzulehnen. Diese beiden Teile – positive und negative Religionsfreiheit – das ist das, was die westlichen Länder weitgehend prägt. Deswegen ist die Vorstellung, dass jemand sagen kann, ich werde meine Religionsgemeinschaft verlassen und eine andere Religion annehmen, denke ich mal, sehr schwer nur auf den Islam und seine Vorstellung, so wie er gelebt wir in islamischen Ländern, zu übertragen.
Güneş: Wenn wir vom bestehenden islamischen Recht ausgehen, dann haben Sie recht. Dann ist das so, dass, wenn jemand vom Glauben austritt...
Achenbach: ... Apostasie...
Güneş: Apostasie, auch hingerichtet wird. Da gibt es zwischen den vier Rechtsschulen auch einen Konsens. Man kann durchaus sagen, dass, wenn man diese Texte aktualisiert auf die heutige Zeit, Apostasie nicht mehr mit dem Tod bestraft wird, weil das nicht dazu führt, dass plötzlich jemand, der kein Muslime mehr ist, Christ wird oder Jude oder Atheist und automatisch ein Gegner, Feind des Islam wird. Das muss man immer wieder neu interpretieren. Da gibt es auch Ansätze. Da muss man nichts Neues erfinden.
Achenbach: Man muss es wahrscheinlich auch innerhalb der islamischen Welt unterscheiden.
Güneş: Genau.
Achenbach: Weil unterschiedlich damit umgegangen wird. Herr Ammar.
Abderrahmane Ammar: Man soll sich frei für Gott entscheiden. Und wenn man einer Religion angehörig ist, weil man das tun muss und auch eine Doppelmoral hat, also da bete ich mit, das fast ich mit, aber innerlich bin ich anderer Meinung, das finde ich nicht in Ordnung. Wenn ich mit einem Salafisten sprechen würde und ihm meine Meinungen mitteile, da bin ich sicher, dass viele mich nicht mehr als Muslime anerkennen werden und wollen.
Achenbach: Es geht immer darum, inwieweit man zulässt, dass es andere Denkarten gibt – innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaft. Herr Khorchide
Mouhanad Khorchide: Ja, eben. Und ich denke mir, Freiheit ist das heiligste Gut, was Gott dem Menschen geschenkt hat, denn durch dieses Gut kann der Mensch sich sogar gegen Gott selbst auflehnen und Gott ein Nein erteilen. Sogar das hat Gott zugelassen. Viele fragen sich, wieso hat Gott eigentlich das Böse erschaffen, sowie hat er symbolisch für das Böse den Teufel erschaffen, wenn er es nur gut meint, den Menschen der liebende, der barmherzige Gott. Es ist klar. Gott will, dass wir uns für ihn, sprich für das Gute, in Freiheit entscheiden. Und da brauchen wir eine Alternative dazu. Wenn wir Menschen nur das eine gekonnt hätten, dann wäre unsere Entscheidung für Gott keine Entscheidung in Freiheit. Da wären wir determiniert, dass wir uns nur für das Gute entscheiden. Aber wir brauchen eine Alternative zum Guten – das Böse – um wirklich aus freien Stücken uns für das Gute zu entscheiden. Ohne dass man diese Freiheit besitzt, sich für das Gute zu entscheiden aus freien Stücken, kann man auch nicht von sich behaupten, ein moralisch vollkommener Mensch zu sein.
Achenbach: Oder wenigsten auf der Suche danach.
Khorchide: Genau. Deshalb ist jeder Eingriff gegen die Freiheit des Menschen ein Eingriff gegen dieses heilige Gut, womit der Mensch ausgestattet ist, wo laut dem Koran, der Engel damit ausgestattet ist.
Achenbach: Und eine Vorlage für Heuchelei.
Khorchide: Definitiv. Die Vorlage schlechthin für Heuchelei.
Achenbach: Denn wenn es keine Freiheit gibt, fühlt man sich unter Druck gesetzt und – das, was Herr Ammar auch angesprochen hat – dann tut man etwas, was man innerlich nicht nachvollziehen kann.
Ammar: Und es gibt auch eine andere Gefahr. Das hat mit Politik zu tun. Jedes Land hat eine bestimmte Rechtsschule. Ich spreche zum Beispiel von Marokko. Die Marokkaner gehören zu der malakitischen Schule und da wird der Staat als Instrument gesehen, um das Land zu dominieren. Das heißt, der Staat hat nie Interesse, dass die Einheimischen sich für andere Rechtsschulen interessieren. Das würde dann bedeuten, dass sie vielleicht andere Meinungen haben im religiösen Feld. Das könnte auch zum politischen Feld auswandern. Von daher wird darauf geachtet, dass zum Beispiel Marokko malakitisch bleibt – und nicht zum Beispiel hanbalith oder hanafith und und und. Von daher sind viele Bürger dann ein Produkt von einem System. Solche Sachen werden in der Schule beigebracht. Und manchmal – das erleben wir vor allem in Europa, wenn sich viele Muslime in einer Moschee treffen und befinden und jeder betet anders, entstehen viele Konflikte untereinander. Jeder ist der Meinung, dass er den richtigen Islam verfolgt. Der erste Schritt muss so sein, dass man sagt: Wir wollen nicht, dass Religion und Politik zusammen sind. Die müssen getrennt sein und da muss auch frei in dem religiösen Bereich mitdenken, kritisieren und Reformen einführen.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Theologen sollen nicht – auch wenn es gut gemeint ist – politische schnelle Antworten liefern. Das ist, glaube ich, genauso gefährlich wie Theologen und Gelehrte in der arabischen Welt, die für gewisse Konfliktparteien ihre Absegnung erteilen und ständig Legitimation liefern.
Achenbach: Werfen wir einen Blick auf die Religionskritik. Ich denke, wie man mit Religionskritik umgeht, sagt auch etwas darüber aus, wie fest man in seiner eigenen Religion steht und wie fest man in seinem eigenen Glauben steht. Können Sie diese Meinung teilen, Herr Khorchide?
Khorchide: Ja, definitiv. Wenn man, von dem, was man hat, sicher ist, dann hat man keine Berührungsängste. Dann hat man auch gegen Kritik keine Berührungsängste. Nur dann, wenn man auf einem dünnen Boden steht, sich bewusst oder unbewusst nicht ganz sicher ist von dem eigenen, steht man auf wackeligen Beinen und will nichts wissen von Kritik, weil man Angst hat – oh je – es könnte mich das andere vielleicht überzeugen.
Achenbach Man hat keine Gelassenheit, damit umzugehen. Beispiel: Blasphemie. Wie klein oder schwach muss mein Gott sein, wenn ich ihn verteidigen muss. Kann ein Gott von Menschen beleidigt werden?
Khorchide: Eben nicht. Interessanterweise zeigt es uns der Krieg der Propheten selbst – also die Erzählung, die fast jeder Muslim kennt – eigentlich, dass sein Nachbar Tag für Tag, jeden Tag, seinen Müll vor das Haus des Propheten geworfen hat, um den Propheten zu ärgern. Und der Prophet hat es jeden Tag ganz brav weggegeben. Und an dem Tag, wo der Prophet den Müll nicht gefunden hat, hat er sich Sorgen gemacht. Was ist los? Nicht, dass der krank ist. Da hat er sich gedacht, ich gehe ihn besuchen. Und in der Tat; er war krank an dem Tag, und er war sehr erstaunt. Also so war der Prophet, als Vorbild, die Muslime haben sich auch nicht aufgeregt und haben dem Prophet seinen Müll auch nicht weggegeben – der Prophet hat das jeden Tag gemacht – und sie haben es ganz gelassen genommen. Wir sind heute leider in einer Situation, die etwas symptomatisch ist für eine etwas – vielleicht klingt das jetzt hart für manche Muslime – minderwertige Haltung, was unsere eigene Religion betrifft. Dass man schnell beleidigt reagiert, egal was gesagt wird über Gott, über Propheten, über den Koran selbst. Aber das zeugt nicht gerade von einer selbstsicheren Haltung. Und deshalb vielleicht eine etwas intensivere Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Inhalten seiner eigenen Religion – vielleicht hilft das. Und dass man nicht an der Fassade bleibt, nicht an den Äußerlichkeiten, sondern wirklich einen Sinn in der Religion, einen spirituellen Aspekt in der Religion. Das gibt einem Halt und dann wird es einem ziemlich egal sein. Man fühlt sich auch nicht mal angesprochen, wenn der Prophet Mohammed beleidigt wird. Das ist nicht der Mohammed, den ich kenne. Die Leute können sagen, was sie sagen – es lässt mich kalt. Man geht weiter nach vorne.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Die Frage, die Sie gestellt haben, ich denke, das kann man vielleicht so veranschaulichen. Der Glaube ist in gewisser Weise wie ein Körper, wie ein Organismus. Wenn dieser Organismus in einem sterilen Umfeld aufwächst und nie Antikörper entwickelt hat, der wird bei der ersten Konfrontation mit Mikroben und Krankheitserregern sofort umfallen, weil er keine Antikörper entwickelt hat. Und das ist beim Glauben genauso. Wenn er nicht getestet wurde, wenn er nicht in Konfrontation gerät, wenn man keine Skepsis zulässt, dann wird dieser Glaube zwar in einem gewissen Umfeld immer klar sein, immer konkret, aber sobald er sein Umfeld, seinen Kontext verlässt, fällt er um. Es wird zusammenbrechen, sage ich mal.
Achenbach: Zum Beispiel in Begegnung mit anderen Kulturen.
Güneş: Im anderen Kulturen, mit anderen innerreligiösen Tendenzen zum Beispiel.
Rashid: Es ist zwar im Islam angelegt. Wir haben viele Koranverse, dass Menschen immer wieder ihren Verstand benutzen sollen und nachdenken sollen. Das wird immer wieder im Koran betont. Aber praktisch wird es nicht angewendet in der Islamschule. Da liegt für mich der Grund, dass wir keine Tradition in der Religionskritik haben. Im muslimischen Kontext kann man, glaube ich, wie auch von den Vorrednern gesagt, Gott nicht beleidigen. Muslime reagieren empfindlich, wenn man den Propheten beleidigt.
Achenbach: Aber hängt das nicht manchmal auch damit zusammen, dass der Prophet heute überhöht wird?
Rashid: Natürlich.
Achenbach: Wir haben an vielen Stellen gehört, dass man auch dort differenzieren muss. Der Prophet tritt als Mensch auf, als ganz normaler Politiker. Man kann das nicht alles auf eine Ebene ziehen. Aber gibt es nicht auch die Tendenz, dass die Figur des Propheten heute überhöht wird und es sozusagen aus dem Menschsein heraus katapultiert wird, Herr Rashid?
Rashid: Also, da stimme ich mit Ihnen überein. Deshalb war ich überrascht, als Professor Khorchide gesagt hat, dass man zur Lebzeit des Propheten den Propheten selber kritisiert hat und er das dann auch eingesehen hat. Darum war meine Frage: heute würde es nicht so sein. Heute gerät man sehr schnell in den Verdacht, dass man den Propheten kritisiert oder eines seiner Aussprüche, seiner Hadithe anzweifelt oder infrage stellt, dass man ganz schnell in den Verdacht kommt, ein Ungläubiger zu sein und dann diesem Apostasie-Verdacht ausgesetzt wird. Das ist eine Waffe, die sehr schnell gezogen wird, gerade in jüngerer Zeit.
Achenbach: Das, was wir da jetzt im Moment diskutieren, ist nicht eine Frage, die den Islam betrifft, sondern das kann man genauso auf das Christentum übertragen. Empfindlichkeiten, was Religionskritik angeht, das kann man ganz genauso nachvollziehen bei Gruppierungen im Christentum. Herr Rashid.
Rashid: Ich kann Ihnen nur sagen, ich persönlich, meine religiösen Gefühle werden nicht verletzt, wenn man den Propheten beleidigt oder Gott lästert. Meine religiösen Gefühle werden verletzt, wenn im Namen des Islam Menschen abgeschlachtet werden, Menschen umgebracht werden – unter dem Banner des Islam. Und der Islam dafür verantwortlich gemacht wird. Wenn Koranverse zitiert werden, wo dann gesagt wird: ja, Ungläubige darf man umbringen. Da werden meine religiösen Gefühle verletzt.
Achenbach: Aber werden wir solche Irrläufer in Religionen überhaupt je in den Griff bekommen, Herr Khorchide?
Khorchide: Leider hat es das immer gegeben – seit Anfang an in allen Religionen bis heute. Wir können nur aufklären, bis immer mehr Menschen sich davon distanzieren.
Achenbach: Bildungsarbeit.
Khorchide: Genau. Bildungsarbeit. Definitiv. Das ist die Aufgabe, das ist der Auftrag.
Achenbach: Herr Ammar.
Ammar: Und das Politische liegt darin, dass viele Politiker in den islamischen Ländern solche Themen ausnutzen, um die Aufmerksamkeit wo anders hinzulenken. Es ist ganz einfach so: andere Probleme außerhalb zu schaffen, um jetzt zu sagen, das Wichtigste für mich jetzt als Präsident oder als König ist nicht, die Arbeitslosigkeit abzuschaffen, ist nicht der Analphabetismus – nein wir haben jetzt einen Kampf, unser Prophet wurde beleidigt. Und dann gehen alle Leute auf die Straße.
Achenbach: Also Religion hier als Ventil. Herr Rashid.
Rashid: Religion als Ventil für soziale Missstände. Da würde ich Herrn Ammar vollkommen recht geben. Auch das, was wir gesehen haben letztes Jahr im Zuge des Mohammed-Videos, was das passiert ist. Die jungen Männer waren da auf der Straße und Gewaltausschreitungen gab es. Wo ich mich gefragt habe, haben die eigentlich nichts anderes zu tun, haben die keine Arbeit. Und dann kam die Antwort: ja, sie haben keine Arbeit. Sie haben viel Zeit, sind frustriert. Sie sind nicht nur, weil sie keine Arbeit haben, frustriert, sie sind auch sexuell frustriert, das muss man auch sehen. Heirat ist erst möglich, wenn man eine Arbeit hat, dann kann man heiraten. Das sind viele, viele Sachen. Und dann geht man auf die Straße, man randaliert – gewalttätig. Ja, Religion als ein Ventil für diese Frustration.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Kommen wir mal auf Deutschland zurück. Es ist nicht so sehr das Problem, das irgendwelche Christen oder Juden oder was weiß ich von außen Leute im Islam kritisieren, sondern innerislamische Kritik steht oft viel schlechter da, würde ich mal sagen. Also es ist eine schwache Haltung, die eigenen Glaubensbrüder und -schwestern nicht anzuhören oder sehr schnell zu verurteilen. Das haben wir bei dem Buch von Herrn Khorchide gesehen. Da haben Leute Stellungnahmen abgegeben, bevor sie das Buch gelesen haben. Und dann haben sie ihm in einem persönlichen Gespräch gesagt, kann ich mal dein Buch haben. Also das spricht für mich Bände. Das ist keine gesunde Haltung. Das kann nur wirklich einem ganz langjährigen Prozess – und immer natürlich auch gelebt in der Öffentlichkeit – gelebt und geändert werden.
Achenbach: Was setzt das voraus? Gibt es eine Entwicklung im Islam in Deutschland, eine eigenständige Entwicklung? Was tut sich hier, Herr Khorchide?
Khorchide: Seit wir jetzt mehrere Zentren für islamische Theologie an mehreren Universitäten in Deutschland haben, tut sich einiges. Denn bis jetzt, wenn wir zum Thema Islam etwas gehört haben, ging es über Kopftuchdebatten, über Moscheebauten. Aber jetzt zum ersten Mal haben wir die Möglichkeit – so wie wir in dieser Runde auch gerade – über Inhalte zu diskutieren. Wir haben nicht über Kopftuch und Minaretten diskutiert, sondern über Gottesverständnis, über das Menschenbild im Islam, Gott-Mensch-Verhältnis und so weiter. Das bedeutet, es entsteht langsam ein Diskurs, der viel objektiver ist, der auch theologisch interessiert ist, nicht nur in der Mehrheitsgesellschaft, sondern auch innerislamisch, sodass wir innerislamisch langsam in einer Debatte sind. Da entsteht dann ein theologischer Diskurs. Das bedeutet, die Auseinandersetzung im Islam wird immer sachlicher. Immer mehr Muslime beschäftigen sich jetzt etwas vertiefter mit ihrer Religion. Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass wir eben in diesem angesprochenen Prozess schon mittendrin sind und dass es sich in den nächsten Jahren einiges ergeben wird. Wenn man bedenkt, jetzt werden immer mehr Religionslehrer, die als Multiplikatoren tätig sind, ausgebildet und werden fertig. Die präsentieren den Schulen ein viel offeneres Bild vom Islam auch im schulischen Kollegium. Da hat man jetzt die Möglichkeit, sich mit diesen Lehrern über den Islam aus erster Hand zu informieren und seine Fragen zu stellen. Imame werden jetzt auch ausgebildet – das heißt, wir dürfen in die Moscheen kommen - bald auch Imame hier in Deutschland für den deutschen Kontext ausgebildet sind. Es wird sich dann einiges ändern in Richtung Normalität, würde ich sagen, sodass, wenn man vom Islam spricht, nicht mehr von etwas Exotischem, sondern es gehört einfach dazu.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Rüdiger Achenbach: Wie sieht es denn mit der Religionsfreiheit im Islam aus, Herr Güneş?
Serdar Güneş: Die Religionsfreiheit im Islam – ich denke, das kann man immer nur beantworten, im konkreten Ordnungsvorstellungen, die man in islamischen Ländern vorfindet. Sie können in Ländern wie Saudi-Arabien kaum Religionsfreiheit finden. Im Iran dürften Sie eine sehr eingeschränkte Religionsfreiheit finden, zum Beispiel, Juden sind im Parlament repräsentiert, so weit ich weiß. Das können Sie in Saudi-Arabien nicht finden, da gibt es nicht einmal Kirchen, gar nichts. Wir haben Religionsfreiheit heute in westlichen Ländern.
Achenbach: Also die positive Religionsfreiheit geht jetzt erst einmal nicht vom Christentum aus, nicht vom Judentum, nicht vom Islam, sondern aus einer modernen pluralistischen Gesellschaft, in der Demokratie, die natürlich auch ein Zusammenleben gewährleisten soll. Das gehört ja mit dazu. Es ist ja auch eine Errungenschaft in der westlichen Welt. Es ist ja nicht so, als ob es sie immer gegeben hätte, sondern es ist eine Entwicklung, dass man irgendwann an diesen Punkt gekommen ist, und hat gesagt: der Mensch wird in eine Religion hineingeboren, die er sich nicht ausgesucht hat, vielleicht geben wir ihm auch die Chance, sich eine Religion auszusuchen oder sie als negative Religionsfreiheit sogar abzulehnen. Diese beiden Teile – positive und negative Religionsfreiheit – das ist das, was die westlichen Länder weitgehend prägt. Deswegen ist die Vorstellung, dass jemand sagen kann, ich werde meine Religionsgemeinschaft verlassen und eine andere Religion annehmen, denke ich mal, sehr schwer nur auf den Islam und seine Vorstellung, so wie er gelebt wir in islamischen Ländern, zu übertragen.
Güneş: Wenn wir vom bestehenden islamischen Recht ausgehen, dann haben Sie recht. Dann ist das so, dass, wenn jemand vom Glauben austritt...
Achenbach: ... Apostasie...
Güneş: Apostasie, auch hingerichtet wird. Da gibt es zwischen den vier Rechtsschulen auch einen Konsens. Man kann durchaus sagen, dass, wenn man diese Texte aktualisiert auf die heutige Zeit, Apostasie nicht mehr mit dem Tod bestraft wird, weil das nicht dazu führt, dass plötzlich jemand, der kein Muslime mehr ist, Christ wird oder Jude oder Atheist und automatisch ein Gegner, Feind des Islam wird. Das muss man immer wieder neu interpretieren. Da gibt es auch Ansätze. Da muss man nichts Neues erfinden.
Achenbach: Man muss es wahrscheinlich auch innerhalb der islamischen Welt unterscheiden.
Güneş: Genau.
Achenbach: Weil unterschiedlich damit umgegangen wird. Herr Ammar.
Abderrahmane Ammar: Man soll sich frei für Gott entscheiden. Und wenn man einer Religion angehörig ist, weil man das tun muss und auch eine Doppelmoral hat, also da bete ich mit, das fast ich mit, aber innerlich bin ich anderer Meinung, das finde ich nicht in Ordnung. Wenn ich mit einem Salafisten sprechen würde und ihm meine Meinungen mitteile, da bin ich sicher, dass viele mich nicht mehr als Muslime anerkennen werden und wollen.
Achenbach: Es geht immer darum, inwieweit man zulässt, dass es andere Denkarten gibt – innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaft. Herr Khorchide
Mouhanad Khorchide: Ja, eben. Und ich denke mir, Freiheit ist das heiligste Gut, was Gott dem Menschen geschenkt hat, denn durch dieses Gut kann der Mensch sich sogar gegen Gott selbst auflehnen und Gott ein Nein erteilen. Sogar das hat Gott zugelassen. Viele fragen sich, wieso hat Gott eigentlich das Böse erschaffen, sowie hat er symbolisch für das Böse den Teufel erschaffen, wenn er es nur gut meint, den Menschen der liebende, der barmherzige Gott. Es ist klar. Gott will, dass wir uns für ihn, sprich für das Gute, in Freiheit entscheiden. Und da brauchen wir eine Alternative dazu. Wenn wir Menschen nur das eine gekonnt hätten, dann wäre unsere Entscheidung für Gott keine Entscheidung in Freiheit. Da wären wir determiniert, dass wir uns nur für das Gute entscheiden. Aber wir brauchen eine Alternative zum Guten – das Böse – um wirklich aus freien Stücken uns für das Gute zu entscheiden. Ohne dass man diese Freiheit besitzt, sich für das Gute zu entscheiden aus freien Stücken, kann man auch nicht von sich behaupten, ein moralisch vollkommener Mensch zu sein.
Achenbach: Oder wenigsten auf der Suche danach.
Khorchide: Genau. Deshalb ist jeder Eingriff gegen die Freiheit des Menschen ein Eingriff gegen dieses heilige Gut, womit der Mensch ausgestattet ist, wo laut dem Koran, der Engel damit ausgestattet ist.
Achenbach: Und eine Vorlage für Heuchelei.
Khorchide: Definitiv. Die Vorlage schlechthin für Heuchelei.
Achenbach: Denn wenn es keine Freiheit gibt, fühlt man sich unter Druck gesetzt und – das, was Herr Ammar auch angesprochen hat – dann tut man etwas, was man innerlich nicht nachvollziehen kann.
Ammar: Und es gibt auch eine andere Gefahr. Das hat mit Politik zu tun. Jedes Land hat eine bestimmte Rechtsschule. Ich spreche zum Beispiel von Marokko. Die Marokkaner gehören zu der malakitischen Schule und da wird der Staat als Instrument gesehen, um das Land zu dominieren. Das heißt, der Staat hat nie Interesse, dass die Einheimischen sich für andere Rechtsschulen interessieren. Das würde dann bedeuten, dass sie vielleicht andere Meinungen haben im religiösen Feld. Das könnte auch zum politischen Feld auswandern. Von daher wird darauf geachtet, dass zum Beispiel Marokko malakitisch bleibt – und nicht zum Beispiel hanbalith oder hanafith und und und. Von daher sind viele Bürger dann ein Produkt von einem System. Solche Sachen werden in der Schule beigebracht. Und manchmal – das erleben wir vor allem in Europa, wenn sich viele Muslime in einer Moschee treffen und befinden und jeder betet anders, entstehen viele Konflikte untereinander. Jeder ist der Meinung, dass er den richtigen Islam verfolgt. Der erste Schritt muss so sein, dass man sagt: Wir wollen nicht, dass Religion und Politik zusammen sind. Die müssen getrennt sein und da muss auch frei in dem religiösen Bereich mitdenken, kritisieren und Reformen einführen.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Theologen sollen nicht – auch wenn es gut gemeint ist – politische schnelle Antworten liefern. Das ist, glaube ich, genauso gefährlich wie Theologen und Gelehrte in der arabischen Welt, die für gewisse Konfliktparteien ihre Absegnung erteilen und ständig Legitimation liefern.
Achenbach: Werfen wir einen Blick auf die Religionskritik. Ich denke, wie man mit Religionskritik umgeht, sagt auch etwas darüber aus, wie fest man in seiner eigenen Religion steht und wie fest man in seinem eigenen Glauben steht. Können Sie diese Meinung teilen, Herr Khorchide?
Khorchide: Ja, definitiv. Wenn man, von dem, was man hat, sicher ist, dann hat man keine Berührungsängste. Dann hat man auch gegen Kritik keine Berührungsängste. Nur dann, wenn man auf einem dünnen Boden steht, sich bewusst oder unbewusst nicht ganz sicher ist von dem eigenen, steht man auf wackeligen Beinen und will nichts wissen von Kritik, weil man Angst hat – oh je – es könnte mich das andere vielleicht überzeugen.
Achenbach Man hat keine Gelassenheit, damit umzugehen. Beispiel: Blasphemie. Wie klein oder schwach muss mein Gott sein, wenn ich ihn verteidigen muss. Kann ein Gott von Menschen beleidigt werden?
Khorchide: Eben nicht. Interessanterweise zeigt es uns der Krieg der Propheten selbst – also die Erzählung, die fast jeder Muslim kennt – eigentlich, dass sein Nachbar Tag für Tag, jeden Tag, seinen Müll vor das Haus des Propheten geworfen hat, um den Propheten zu ärgern. Und der Prophet hat es jeden Tag ganz brav weggegeben. Und an dem Tag, wo der Prophet den Müll nicht gefunden hat, hat er sich Sorgen gemacht. Was ist los? Nicht, dass der krank ist. Da hat er sich gedacht, ich gehe ihn besuchen. Und in der Tat; er war krank an dem Tag, und er war sehr erstaunt. Also so war der Prophet, als Vorbild, die Muslime haben sich auch nicht aufgeregt und haben dem Prophet seinen Müll auch nicht weggegeben – der Prophet hat das jeden Tag gemacht – und sie haben es ganz gelassen genommen. Wir sind heute leider in einer Situation, die etwas symptomatisch ist für eine etwas – vielleicht klingt das jetzt hart für manche Muslime – minderwertige Haltung, was unsere eigene Religion betrifft. Dass man schnell beleidigt reagiert, egal was gesagt wird über Gott, über Propheten, über den Koran selbst. Aber das zeugt nicht gerade von einer selbstsicheren Haltung. Und deshalb vielleicht eine etwas intensivere Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Inhalten seiner eigenen Religion – vielleicht hilft das. Und dass man nicht an der Fassade bleibt, nicht an den Äußerlichkeiten, sondern wirklich einen Sinn in der Religion, einen spirituellen Aspekt in der Religion. Das gibt einem Halt und dann wird es einem ziemlich egal sein. Man fühlt sich auch nicht mal angesprochen, wenn der Prophet Mohammed beleidigt wird. Das ist nicht der Mohammed, den ich kenne. Die Leute können sagen, was sie sagen – es lässt mich kalt. Man geht weiter nach vorne.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Die Frage, die Sie gestellt haben, ich denke, das kann man vielleicht so veranschaulichen. Der Glaube ist in gewisser Weise wie ein Körper, wie ein Organismus. Wenn dieser Organismus in einem sterilen Umfeld aufwächst und nie Antikörper entwickelt hat, der wird bei der ersten Konfrontation mit Mikroben und Krankheitserregern sofort umfallen, weil er keine Antikörper entwickelt hat. Und das ist beim Glauben genauso. Wenn er nicht getestet wurde, wenn er nicht in Konfrontation gerät, wenn man keine Skepsis zulässt, dann wird dieser Glaube zwar in einem gewissen Umfeld immer klar sein, immer konkret, aber sobald er sein Umfeld, seinen Kontext verlässt, fällt er um. Es wird zusammenbrechen, sage ich mal.
Achenbach: Zum Beispiel in Begegnung mit anderen Kulturen.
Güneş: Im anderen Kulturen, mit anderen innerreligiösen Tendenzen zum Beispiel.
Rashid: Es ist zwar im Islam angelegt. Wir haben viele Koranverse, dass Menschen immer wieder ihren Verstand benutzen sollen und nachdenken sollen. Das wird immer wieder im Koran betont. Aber praktisch wird es nicht angewendet in der Islamschule. Da liegt für mich der Grund, dass wir keine Tradition in der Religionskritik haben. Im muslimischen Kontext kann man, glaube ich, wie auch von den Vorrednern gesagt, Gott nicht beleidigen. Muslime reagieren empfindlich, wenn man den Propheten beleidigt.
Achenbach: Aber hängt das nicht manchmal auch damit zusammen, dass der Prophet heute überhöht wird?
Rashid: Natürlich.
Achenbach: Wir haben an vielen Stellen gehört, dass man auch dort differenzieren muss. Der Prophet tritt als Mensch auf, als ganz normaler Politiker. Man kann das nicht alles auf eine Ebene ziehen. Aber gibt es nicht auch die Tendenz, dass die Figur des Propheten heute überhöht wird und es sozusagen aus dem Menschsein heraus katapultiert wird, Herr Rashid?
Rashid: Also, da stimme ich mit Ihnen überein. Deshalb war ich überrascht, als Professor Khorchide gesagt hat, dass man zur Lebzeit des Propheten den Propheten selber kritisiert hat und er das dann auch eingesehen hat. Darum war meine Frage: heute würde es nicht so sein. Heute gerät man sehr schnell in den Verdacht, dass man den Propheten kritisiert oder eines seiner Aussprüche, seiner Hadithe anzweifelt oder infrage stellt, dass man ganz schnell in den Verdacht kommt, ein Ungläubiger zu sein und dann diesem Apostasie-Verdacht ausgesetzt wird. Das ist eine Waffe, die sehr schnell gezogen wird, gerade in jüngerer Zeit.
Achenbach: Das, was wir da jetzt im Moment diskutieren, ist nicht eine Frage, die den Islam betrifft, sondern das kann man genauso auf das Christentum übertragen. Empfindlichkeiten, was Religionskritik angeht, das kann man ganz genauso nachvollziehen bei Gruppierungen im Christentum. Herr Rashid.
Rashid: Ich kann Ihnen nur sagen, ich persönlich, meine religiösen Gefühle werden nicht verletzt, wenn man den Propheten beleidigt oder Gott lästert. Meine religiösen Gefühle werden verletzt, wenn im Namen des Islam Menschen abgeschlachtet werden, Menschen umgebracht werden – unter dem Banner des Islam. Und der Islam dafür verantwortlich gemacht wird. Wenn Koranverse zitiert werden, wo dann gesagt wird: ja, Ungläubige darf man umbringen. Da werden meine religiösen Gefühle verletzt.
Achenbach: Aber werden wir solche Irrläufer in Religionen überhaupt je in den Griff bekommen, Herr Khorchide?
Khorchide: Leider hat es das immer gegeben – seit Anfang an in allen Religionen bis heute. Wir können nur aufklären, bis immer mehr Menschen sich davon distanzieren.
Achenbach: Bildungsarbeit.
Khorchide: Genau. Bildungsarbeit. Definitiv. Das ist die Aufgabe, das ist der Auftrag.
Achenbach: Herr Ammar.
Ammar: Und das Politische liegt darin, dass viele Politiker in den islamischen Ländern solche Themen ausnutzen, um die Aufmerksamkeit wo anders hinzulenken. Es ist ganz einfach so: andere Probleme außerhalb zu schaffen, um jetzt zu sagen, das Wichtigste für mich jetzt als Präsident oder als König ist nicht, die Arbeitslosigkeit abzuschaffen, ist nicht der Analphabetismus – nein wir haben jetzt einen Kampf, unser Prophet wurde beleidigt. Und dann gehen alle Leute auf die Straße.
Achenbach: Also Religion hier als Ventil. Herr Rashid.
Rashid: Religion als Ventil für soziale Missstände. Da würde ich Herrn Ammar vollkommen recht geben. Auch das, was wir gesehen haben letztes Jahr im Zuge des Mohammed-Videos, was das passiert ist. Die jungen Männer waren da auf der Straße und Gewaltausschreitungen gab es. Wo ich mich gefragt habe, haben die eigentlich nichts anderes zu tun, haben die keine Arbeit. Und dann kam die Antwort: ja, sie haben keine Arbeit. Sie haben viel Zeit, sind frustriert. Sie sind nicht nur, weil sie keine Arbeit haben, frustriert, sie sind auch sexuell frustriert, das muss man auch sehen. Heirat ist erst möglich, wenn man eine Arbeit hat, dann kann man heiraten. Das sind viele, viele Sachen. Und dann geht man auf die Straße, man randaliert – gewalttätig. Ja, Religion als ein Ventil für diese Frustration.
Achenbach: Herr Güneş.
Güneş: Kommen wir mal auf Deutschland zurück. Es ist nicht so sehr das Problem, das irgendwelche Christen oder Juden oder was weiß ich von außen Leute im Islam kritisieren, sondern innerislamische Kritik steht oft viel schlechter da, würde ich mal sagen. Also es ist eine schwache Haltung, die eigenen Glaubensbrüder und -schwestern nicht anzuhören oder sehr schnell zu verurteilen. Das haben wir bei dem Buch von Herrn Khorchide gesehen. Da haben Leute Stellungnahmen abgegeben, bevor sie das Buch gelesen haben. Und dann haben sie ihm in einem persönlichen Gespräch gesagt, kann ich mal dein Buch haben. Also das spricht für mich Bände. Das ist keine gesunde Haltung. Das kann nur wirklich einem ganz langjährigen Prozess – und immer natürlich auch gelebt in der Öffentlichkeit – gelebt und geändert werden.
Achenbach: Was setzt das voraus? Gibt es eine Entwicklung im Islam in Deutschland, eine eigenständige Entwicklung? Was tut sich hier, Herr Khorchide?
Khorchide: Seit wir jetzt mehrere Zentren für islamische Theologie an mehreren Universitäten in Deutschland haben, tut sich einiges. Denn bis jetzt, wenn wir zum Thema Islam etwas gehört haben, ging es über Kopftuchdebatten, über Moscheebauten. Aber jetzt zum ersten Mal haben wir die Möglichkeit – so wie wir in dieser Runde auch gerade – über Inhalte zu diskutieren. Wir haben nicht über Kopftuch und Minaretten diskutiert, sondern über Gottesverständnis, über das Menschenbild im Islam, Gott-Mensch-Verhältnis und so weiter. Das bedeutet, es entsteht langsam ein Diskurs, der viel objektiver ist, der auch theologisch interessiert ist, nicht nur in der Mehrheitsgesellschaft, sondern auch innerislamisch, sodass wir innerislamisch langsam in einer Debatte sind. Da entsteht dann ein theologischer Diskurs. Das bedeutet, die Auseinandersetzung im Islam wird immer sachlicher. Immer mehr Muslime beschäftigen sich jetzt etwas vertiefter mit ihrer Religion. Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass wir eben in diesem angesprochenen Prozess schon mittendrin sind und dass es sich in den nächsten Jahren einiges ergeben wird. Wenn man bedenkt, jetzt werden immer mehr Religionslehrer, die als Multiplikatoren tätig sind, ausgebildet und werden fertig. Die präsentieren den Schulen ein viel offeneres Bild vom Islam auch im schulischen Kollegium. Da hat man jetzt die Möglichkeit, sich mit diesen Lehrern über den Islam aus erster Hand zu informieren und seine Fragen zu stellen. Imame werden jetzt auch ausgebildet – das heißt, wir dürfen in die Moscheen kommen - bald auch Imame hier in Deutschland für den deutschen Kontext ausgebildet sind. Es wird sich dann einiges ändern in Richtung Normalität, würde ich sagen, sodass, wenn man vom Islam spricht, nicht mehr von etwas Exotischem, sondern es gehört einfach dazu.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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