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Guatemala
Ein neuer Präsident im Amt, der alte in Haft

Guatemala hat einen neuen Präsidenten: Der bisherige Vizepräsident Alejandro Maldonado wurde als neuer Staatschef vereidigt, er will nun "die Demokratie wiederherstellen". Sein Vorgänger Otto Pérez Molina war zurückgetreten und befindet sich wegen Korruptionsermittlungen nun in Untersuchungshaft.

    Guatemalas neuer Präsident Alejandro Maldonado
    Guatemalas neuer Präsident Alejandro Maldonado (afp / Rodrigo Arangua)
    Maldonado versprach, ein "Erbe der Ehrlichkeit" zu hinterlassen. "Wir können unsere Demokratie, unsere Werte wieder herstellen", sagte Maldonado nach der Zeremonie im Kongress. Der frühere Verfassungsrichter rief alle Minister zum Rücktritt auf, um ein neues Kabinett bilden zu können. Er wird die Regierungsgeschäfte bis zum Ende der laufenden Amtszeit am 14. Januar führen. Der 79-Jährige gehörte während des Bürgerkrieges dem ultrarechten Spektrum an und diente mehreren Militärregierungen als Botschafter. In seine Zeit als Verfassungsrichter fällt die umstrittene Entscheidung, die Auslieferung des ehemaligen Diktators Efraín Ríos Montt nach Spanien zu verhindern. Als Abgeordneter saß er für verschiedene konservative Parteien im Parlament.
    Am Sonntag wählen die Guatemalteken einen neuen Präsidenten. In der ersten Abstimmungsrunde stehen 14 Kandidaten zur Wahl. Sollte niemand eine absolute Mehrheit erreichen, gibt es am 25. Oktober eine Stichwahl.
    Vorgänger Pérez Molina: "Ich stelle mich der Justiz"
    Ein Richter ordnete nach einer stundenlangen Anhörung zu Korruptionsvorwürfen die Festsetzung des bisherigen Präsidenten in einer Militärkaserne an. Damit soll eine Flucht des 64-Jährigen verhindert werden. Pérez Molina war in der Nacht auf Donnerstag zurückgetreten, nachdem ein Richter Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Die Ermittler werfen dem Ex-General die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Bestechlichkeit und Betrug vor.
    Otto Pérez Molina sitzt in Untersuchungshaft
    Otto Pérez Molina sitzt in Untersuchungshaft (dpa / picture-alliance / Esteban Biba)
    Er soll an der Spitze des Korruptionsrings "La Línea" gestanden haben, der im Zollwesen Millionen von Dollar unterschlagen hatte. Pérez Molina soll von Mai 2014 bis April 2015 umgerechnet rund 3,3 Millionen Euro an Bestechungsgeldern eingestrichen haben. "Ich stelle mich der Justiz", hatte Pérez Molina vor seiner Verlegung in das Militärgefängnis Matamoros gesagt. "Ich habe nicht vor, mich abzusetzen. Ich hätte das Land verlassen oder Asyl beantragen können. Daran habe ich aber noch nicht einmal gedacht. Morgen werde ich die Vorwürfe widerlegen." Wegen der Vorwürfe hatte das Parlament des mittelamerikanischen Landes am Dienstag die Immunität von Pérez Molina aufgehoben. Sein Rücktrittsgesuch in der Nacht zum Donnerstag hatten die anwesenden 118 Abgeordneten einstimmig angenommen, 40 Parlamentarier fehlten.
    Demonstranten forderten einen neuen Wahltermin
    Das Land wird seit Monaten von einer Reihe von Korruptionsskandalen erschüttert. Von den 15 Millionen Einwohnern Guatemalas leben fast 54 Prozent in Armut. Das Land leidet immer noch an den Folgen eines 1996 beendeten jahrzehntelangen Bürgerkriegs. Die frühere Vizepräsidentin Roxana Baldetti ist bereits wegen illegaler Bereicherung festgenommen worden. Mehrere Minister traten zudem zurück. Demonstranten hatten in den vergangenen Tagen nicht nur den Rücktritt des Präsidenten gefordert, sondern auch eine Verschiebung der geplanten Präsidentschaftswahl. Pérez Molina hätte aber ohnehin nicht noch einmal kandidieren dürfen.
    (nch/rb)