Gegen die Privatisierung des Bildungssystems in Guatemala richtet sich der einstündige Dokumentarfilm "Die aufgezwungene Reform". Ana Maria Escobar und Erick Spankey Galvéz haben in ihrem Debut Schüler-Demonstrationen gegen eine staatliche Politik festgehalten, die elementare Rechte der sozial benachteiligten Bevölkerung ignoriert.
Doch wer öffentlich die Regierung kritisiert, die von einem ehemaligen Geheimdienstchef der Armee angeführt wird, hat mit Repressalien zu rechnen. Und wer dies auch noch filmisch dokumentiert, muss mitunter um sein Leben bangen. Uli Stelzner über zwei Beispiele, die zusammen mit anderen das Festival ins Exil trieben:
"Zwei Menschenrechtsaktivsten, die in einem Film vorkommen, wo sie Zeugen befragen, haben sofort gesagt, nachdem sie den Film gesehen haben, wenn der hier läuft, dann sind wir tot. Diese Entscheidung müssen wir akzeptieren. Und im Fall der Regierung über die Schüler-Proteste haben sich gleich drei Ministerien auf uns gestürzt, Druck ausgeübt auf uns und auf die Medien, in dem Fall konnte man schon von direkter Zensur sprechen. "
Nicht nur der Staatsapparat verhindert Aufklärung. In Guatemala und den angrenzenden Ländern terrorisieren seit Jahren die Maras, brutale Jugendbanden, die Bevölkerung. Sie prahlen gern vor der Kamera von ihren Untaten und verfolgen jeden, der aus ihrem fest gefügten Zirkel ausbricht, mit ihrer Rache. Auch die junge Leidy hat sie zu fürchten, seit sie sich in dem Film "B-Boy for Life " von Coury Deeb geoutet hat.
Sie wolle nicht länger Mitglied einer Mörderbande sein, sondern endlich dafür sorgen, dass es ihren drei Kindern einmal besser geht. Hauptsächlich ihretwegen habe sie die Bande verlassen. Aber für die würde sie wohl immer eine Verräterin bleiben. Deshalb habe sie Angst, von ihr umgebracht zu werden.
Film aus Protagonistenschutz in Guatemala gesperrt
Um sie zu schützen, hat der Verleih den Film für Guatemala gesperrt. Darin geht es eigentlich um Breakdance, für viele Jugendliche eine der wenigen Alternativen, um nicht in die Gewalt abzudriften.
Doch selbst dies kann lebensgefährlich sein. Carlos, dem Breakdancer, haben die Maras deshalb den Bruder ermordet und auch ihn mehrfach mit dem Tod bedroht. Wer tanzt, will nicht töten und wird deshalb als Konkurrent von den Banditen verfolgt.
Es braucht schon sehr viel Mut, um sich in Guatemala zu behaupten oder gar ein Filmfestival über Menschenrechte zu organisieren. Uli Stelzner vermochte fünf Jahre lang mit ausländischer Hilfe, unter anderem aus Deutschland, allen Widerständen zu trotzen. Und auch seine Veranstaltung in Exil betrachtet er nur als Übergangsstation, als Alarmzustand.
Die Filme aus verschiedenen Ländern, die in Berlin liefen, boten zwar dem hiesigen Publikum seltene Einblicke, beispielsweise in den gefährlichen Alltag von mexikanischen Reportern oder in die ständig vom Staat reglementierte Rapper-Szene Kubas. Viel wichtiger wäre es jedoch, sie in Guatemala zu zeigen. Dort existiert trotz aller Gewalt auch eine lebendige Filmszene. Der Regisseur Sergio Valdéz Pedroni:
"Der Spielfilm "Ixcanul" fiel nicht vom Himmel, sondern ist das Ergebnis einer aufstrebenden Filmbewegung, die ein unerwartetes Ausmaß erreicht hat. In den letzten Jahren sind nahezu zehn Spielfilme und zahlreiche Kurzfilme entstanden...: kleine, digital gedrehte Produktionen ohne jegliche staatliche Förderung und gegen die Zensur und die vielen Pressionen auf unabhängige kritische Filmemacher."
Kurzfilme gegen Menschenrechtsverletzungen
Sieben von ihnen haben sich zu dem Episodenfilm "7 x Guatemala" zusammengeschlossen. Darin klagen sie die fortgesetzten Menschrechtsverletzungen an: die Verfolgung von Aktivisten, die Vertreibung der Landbevölkerung, den Völkermord und seine mühsame Aufdeckung oder - in einem satirischen Beitrag - die fragwürdigen Urteile des Verfassungsgerichts.