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Guben
Wiederaufbau von Kirche an der deutsch-polnischen Grenze

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten an der neuen deutsch-polnischen Grenze oft Vertriebene auf beiden Seiten von Oder und Neiße - auch in der Grenzstadt Guben - Gubin. Heute besteht zwischen beiden Städten eine enge Partnerschaft. Eine deutsch-polnische Stiftung und ein Förderverein setzen sich für den Wiederaufbau der spätgotischen Stadtkirche ein, die in den letzten Kriegstagen zerstört wurde.

Von Johanna Herzing |
    Fussgängerbrücke zwischen Guben und Gubin
    Fussgängerbrücke zwischen Guben und Gubin (imago / Rainer Weisflog)
    "Waldi! Wie kommen wir denn auf den Turm da rauf? Ach, zeig mir das mal, Waldi, komm mal mit!"
    Überredet, Waldemar Pawlikowski, Leiter der städtischen Kunstgalerie von Gubin, löst sich von seiner Staffelei und folgt seinem alten Bekannten, Joachim Klos, nach draußen. Nur ein paar Handgriffe und das Vorhängeschloss springt auf, lässt die Besucher vor zum improvisierten Eingang der Stadt- und Hauptkirche von Gubin. Die Spanplatte des kleinen Vordachs ist aufgequollen.
    Joachim Klos, pensionierter Handwerker, Ingenieur und Gemeinderatsmitglied im deutschen Guben, also von der anderen Seite der Neiße, organisiert gern. Und wenn es zum Wohl seiner früheren Heimat ist, dann noch viel lieber. Bis 1945 hat er mit Eltern und Großeltern auf der heute polnischen Seite des Flusses gewohnt. Mittlerweile, sagt er, fühlt er sich an beiden Ufern zuhause. Das Vordach jedenfalls, muss repariert werden, so viel steht fest.
    "So, und dann gehen wir mal!"
    Kirche ohne Dach
    Durch den schmalen Eingang geht es ins Innere der Ruine. Die Außenwände der Kirche, rote Backsteinmauern, reichen hoch hinauf. Das Dach aber fehlt vollständig, ganz oben nur ein strahlend blauer Frühlingshimmel und die Tauben, die im Gemäuer nisten. Joachim Klos nimmt beherzt die Stufen der Metalltreppe. In einigen Metern Höhe führen sie dann in den Kirchturm.
    "Also, ein wunderschönes Bauwerk! Das ist ja auch zerbombt worden, aber es ist trotzdem erstaunlich, wie viel hier noch erhalten geblieben ist! Das macht unheimlich viel her!"
    Am höchsten Punkt des Turms angekommen, lässt Klos den Blick über Guben, Gubin, die Neiße und ein paar sanfte Hügel am Stadtrand schweifen.
    "Ja, das ist eine wunderschöne Ecke hier. Das ist, was ich Bartczak auch vor acht Jahren oder so gesagt habe. Bei so einem Wetter wie heute. Sag ich: Kuck doch mal, was ihr hier habt. Das Schöne dieser Stadt ist auf dieser Seite, macht mir wieder was draus, so wie es war!"
    Bartlomiej Bartczak ist Gubins Bürgermeister. Er ist 37 Jahre alt und hier aufgewachsen, Deutsch spricht er fließend, er hat in Frankfurt (Oder) Jura studiert und überhaupt viel Zeit in Deutschland verbracht. In einem Schnellrestaurant in der Stadtmitte von Gubin lässt sich Bartczak in eine Polsterbank sinken:
    "Im Wahlkampf hat man mich auch angegriffen: Warum baut die Stadt überhaupt die Pfarrkirche wieder auf, das Geld sollte woanders hinfließen! Ich finde aber, wir sollten es nicht zulassen, dass es im Stadtzentrum eine solche Ruine gibt. Wir sollten das wiederaufbauen, zumindest solange die EU das fördert."
    Kirche soll Begegnungsstätte und Veranstaltungsort werden
    Bartczak will die Kirche zur Begegnungsstätte und zum Veranstaltungsort machen. Mehr als sieben Millionen Euro wurden schon für Restaurierung, Umbauten, Sicherungs- und Instandhaltungsarbeiten ausgegeben. Gut die Hälfte der Fördergelder hätte Gubin dank der guten Zusammenarbeit mit der deutschen Seite bekommen, meint Bartczak. Und doch setzen sich Polen und Deutsche aus unterschiedlichen Gründen für den Wiederaufbau ein. Bartczak, der im Nachkriegs-Gubin aufgewachsen ist, macht sich da nichts vor:
    "Für uns war das immer schon eine Ruine, seit 1945 war das eben so. Wir haben also keine besondere emotionale Bindung. Aber beim Tag der offenen Tür in der Kirche, da kamen viele Deutsche, die dort getauft wurden oder geheiratet haben. Das ist für sie eine große Sache. Und so gibt es vieles, wo die deutsche Seite emotional stark belastet ist und für uns sind das einfach normale Gebäude und Orte in der Stadt, mit denen wir nichts Besonderes verbinden."
    Aber wenn am Ende beiden Seiten geholfen ist, sagt er, dann sei das doch egal. Jetzt müssen sie nur noch das nötige Geld auftreiben.