"Guten Tag, mein Name ist Volker Siefert, ich bin hier um herauszufinden, welche Bedeutung die World Media Group in der Gülen-Bewegung hat. Moment ich schau nach, gehen sie zum Empfang, sie werden erwartet."
Ich treffe Mustafa Altas. Er ist Mitglied des Vorstandes und zuständig für juristische Fragen und Öffentlichkeitsarbeit. Das Mikrofon muss aus bleiben. Herr Altas führt mit mir ein Hintergrundgespräch, aus dem ich nicht zitieren darf. Deshalb zunächst einmal ein paar Fakten über die World Media Group:
Das Unternehmen ist eine nicht börsennotierte AG. Es beschäftigt rund 250 Mitarbeiter in Deutschland. Journalistisches Hauptprodukt ist die Europa-Ausgabe der türkisch-sprachigen Tageszeitung "Zaman". Jeden Donnerstag erscheint in einer festen Rubrik eine Seite von Fethullah Gülen. Er verbreitet darin seine Ansichten über Gott und die Welt. Der Gülen-Text wird komplett von der türkischen "Zaman" zugeliefert. "Zaman" erscheint in Deutschland in einer täglichen Auflage von 30.000 Stück und ist ausschließlich im Abo zu beziehen.
"Zaman" ist das Gülen-Sprachrohr
Das heißt: Nur einer von 100 türkisch-stämmigen Bürgern in Deutschland hat sie abonniert.* Sie hat drei Niederlassungen in Berlin, Stuttgart und Düsseldorf und Korrespondenten in zwölf deutschen Städten.* Cem Sentürk arbeitet am Zentrum für Türkeistudien in Essen. Das Zentrum erforscht mit Landesmitteln von Nordrhein-Westfahlen die türkische Community. Türkische Medien in Deutschland sind Sprachrohre politischer Gruppierungen, meint Sentürk. "Zaman" ist das Gülen-Sprachrohr. Früher war der türkische Ministerpräsident Erdogan der Star ihrer Berichterstattung. Doch diese Zeiten sind vorbei.
"Seit Mitte 2013 die Stimmung ändert sich. Seit elf Jahren waren Erdogan und Gülen enge Verbündete. Jetzt geht es um einen Machtkampf, wer was im Staatsapparat zu sagen hat."
Das offizielle redaktionelle Selbstverständnis von "Zaman" liest sich da anders. Auf der Homepage heißt es:
"Als überparteiische Zeitung legt Zaman großen Wert auf eine politisch ausgewogene und weltanschaulich neutrale Berichterstattung."
Wie abhängig ihre Journalisten von Anweisungen aus der Gülen-Bewegung sind, lässt sich nur schwer beantworten. Ilija Tüchter ist Außenpolitischer Redakteur bei der Ludwigshafener "Rheinpfalz". Er spricht perfekt türkisch und ist mehrmals im Jahr in der Türkei. Dabei trifft er auch Kollegen von "Zaman".
"Wenn man mit Anhängern der Gülen-Bewegung spricht, gehen die Augen auf, das ist eine Lichtgestalt, wie wir es nicht mehr nachvollziehen können als ent-christlichte Deutsche. Ihr Ansatz ist einen religiösen spirituellen Weg zu gehen, baut Schulen nicht Moscheen."
Verfassungsschutz soll die Bewegung prüfen
Zur Gülen-Bewegung gehören in Deutschland 300 Bildungsvereine, 25 Privatschulen und ein Dutzend Lobby-Vereine. Eine perfekte Bildungsfassade, hinter der sich möglicherweise handfeste politische Ziele verbergen. SPD-Innenminister von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wollen die Bewegung vom Verfassungsschutz unter die Lupe nehmen lassen. Es gibt Anhaltspunkte für eine versteckte Agenda, wonach ihre Mitglieder einen islamischen Gottesstaat errichten wollen. Dabei könnte auch die World Media Group in ein neues Licht gerückt werden. In ihrer Führungsetage sind die hochrangigsten Vertreter der Bewegung in Deutschland. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Achmad Aymaz, ist ein enger Weggefährte Gülens, weitere Führungskräfte haben Gülen-Schulen in verschiedenen Kontinenten gegründet. Die Frage steht also im Raum: Ist das Unternehmen nicht nur Medien-Haus, sondern auch Schalt-Stelle der Bewegung? Eine offizielle Antwort kommt per Mail:
"Herr Fethullah Gülen ist weder im Aufsichtsrat noch Vorstand der World Media Group AG. Herr Gülen gehört auch nicht zu den Gesellschaftern. Wir erachten die Lehren von Herrn Gülen als sinnvoll und wertvoll."
* Anmerkung der Redaktion: Das Beitragsmanuskript wurde an den mit einem * markierten Stellen redaktionell geändert, weil sich eine Zahlenangabe als unrichtig erwies.