Adam Krzeminski habe mit Grass' "Blechtrommel" Deutsch gelernt. Zwar erschien das Buch erst 1979 in einer staatlichen Ausgabe, jedoch war es schon lange vorher in Polen präsent. In den 1960er-Jahren wurde es bereits übersetzt und erschien in Teilen in Literaturzeitungen.
Viele Polen hätten den Roman "schrecklich und skandalös" gefunden, so Krzeminski. "Die Diskussion gestaltete sich ähnlich wie die Auseinandersetzung um das Buch in Westdeutschland." Die Schilderung der Vergewaltigung von Frauen in Danzig durch russische Soldaten und das Niederbrennen der Häuser sei vor allem für den polnischen Staat schwer zu ertragen gewesen.
Werke mit polnischer Schattierung
Fasziniert hätten ihn die polnischen Schattierungen in den Werken Grass', so Krzeminski: "Das Groteske war für mich immer polnisch." Günter Grass habe für Krzeminskis Generation die Hoffnung verkörpert, die versteinerte Gegenwart in Polen aufbrechen zu können. Selbst stand der Schriftsteller der Solidarnosc-Bewegung skeptisch gegenüber. Für den Germanisten Krzeminski kein Widerspruch: "Grass war kein Revolutionär." Der Aufstand der arbeitenden Klasse gegen die herrschende sei für Grass wohl zu abrupt gekommen.
Grass' Geständnis, der Waffen-SS angehört zu haben, hat auch in Polen - und vor allem auch in Danzig - zu heftigen Diskussionen geführt. Das Votum der Danziger, Grass die Ehrenbürgerschaft der Stadt zu lassen, habe dann auch in Deutschland die Schärfe aus der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Schriftstellers genommen. So hat sich laut Krzeminski ein Satz Grass' erfüllt, den der Schriftsteller in einem Interview sagte: "Polen und Deutsche sind füreinander ein Korrektiv."
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