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Guinea
Die schwierige Rückkehr von Migranten

Jedes Jahr kehren Tausende Guineer, die sich Richtung Europa aufgemacht haben, in ihr Land zurück. Viele nehmen an Rückkehrer-Programmen teil und bekommen Unterstützung bei ihrem Neuanfang. Doch die Ankunft in der alten Heimat ist schwierig, die Rückkehrer kämpfen mit Scham und Schuld.

Von Benjamin Moscovici |
Aufgegriffene Flüchtlinge in Gewahrsam in einem Lager in Zawiyah / Libyen
Viele Flüchtlinge sind dankbar für die Rückkehrer-Programme der Internationalen Organisation für Migration. Sie sind für sie oft die einzige Chance, den libyschen Lagern zu entkommen. (AFP / Taha JAWASHI)
Seine Familie habe ihn bereits für tot gehalten, erzählt Alpha Kabiné Camara, während Regen auf das Dach der kleinen Wellblechhütte prasselt. Mehr als zwei Jahre war der heute 19-jährige Guineer unterwegs. Zehn Monate davon verbrachte er in einem libyschen Gefängnis. Ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Wie so viele wollte er nach Europa. Und wie so viele ist er gescheitert.
"Niemand hat noch damit gerechnet, dass ich zurückkommen würde."
Wer Alpha Kabiné Camara treffen will, muss vom Zentrum der guineischen Hauptstadt Conakry mehr als eine Stunde mit dem Motorrad der maroden Hauptstraße nach Nordosten folgen. Muss sich dann irgendwann links ins Gewirr namenloser Gassen schlagen, wo Frauen Fisch und Gemüse anbieten, Ratten in Essensresten und Fäkalien wühlen. Weiter geht es über schlammige Pisten, die für Autos längst unpassierbar sind. Schließlich muss man absteigen und zu Fuß weitergehen, teils knietief durch stinkendes Wasser.
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Alpha Kabiné Camara (Deutschlandradio / Benjamin Moscovici)
Der Regen hat hier in den Außenbezirken von Conakry viele der Gassen in reißende Sturzbäche verwandelt. An einer Stelle steht ein umgestürzter alter Schulbus, der als Brücke genutzt wird. Wie tausende Guineer, die jedes Jahr Richtung Europa aufbrechen, wollte auch Alpha Kabiné Camara all das vor gut zwei Jahren hinter sich lassen. Die Armut, den Müll, den Gestank.
"Eines Tages habe ich beschlossen, die Schule abzubrechen und mich auf den Weg zu machen. Ich stand kurz vor dem Abitur."
Damals ahnt er noch nichts von den Schrecken des Weges, und er weiß noch nicht, dass er mehr als zwei Jahre später wieder an den Ausgangspunkt seiner Reise zurückkommen wird. Traumatisiert und mit leeren Händen.
"Libyen war die Hölle"
Von Guinea aus, das in Westafrika liegt, ist er zunächst nach Mali gereist, dann durch die Wüste nach Algerien und von dort nach Libyen. Nach Monaten der Strapazen stand er schließlich am Strand. Das Boot für die Überfahrt war bereit. Europa schien zum Greifen nahe, als sie entdeckt und verhaftet wurden. Es war das Ende seiner Reise. Nach zehn Monaten im Gefängnis gab er die Hoffnung auf, es noch nach Europa zu schaffen und stellte bei der Internationalen Organisation für Migration, der IOM, einen Antrag auf freiwillige Rückkehr.
"Ich wünsche wirklich niemandem in Libyen zu landen. Es war die Hölle."
In Gewahrsam genommene Flüchtlinge  in einem Lager in Zawiyah / Libyen, 45 Kilometer westlich von Tripolis
Viele Flüchtlinge sind nach ihrer Zeit in den libyschen Lagern schwer traumatisiert. (AFP / Taha JAWASHI)
Hunderttausende haben in den letzten Jahren wie Alpha Kabiné Camara einen Antrag auf freiwillige Rückkehr bei der IOM gestellt, die seit 2016 Teil der Vereinten Nationen ist. Auch in Deutschland können Migranten sich an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wenden und mit dessen Hilfe bei der IOM Unterstützung für eine freiwillige Rückkehr beantragen. Die Reisekosten werden bezahlt, und es gibt finanzielle Hilfe für den Neustart in der Heimat. Einzige Bedingung: Die Betroffenen müssen bereits gestellte Asylanträge zurückziehen und auf rechtliche Mittel verzichten. Laut IOM haben sich allein in Deutschland 2018 fast 16.000 Menschen zu diesem Schritt entschlossen. Im Jahr davor waren es sogar knapp 30.000.
Doch die meisten Migranten schaffen es gar nicht erst nach Europa. Ihnen geht unterwegs das Geld aus, sie finden kein Boot für die Überfahrt oder sie werden entdeckt und verhaftet, wie Alpha Kabiné Camara. Tausende sitzen allein in libyschen Gefängnissen und Sammellagern fest.
Flucht für 1600 Euro
Ein Drittel aller Rückführungen geht nach Westafrika. Und in kein afrikanisches Land hat die IOM zuletzt mehr Menschen zurückgebracht als nach Guinea. Allein seit 2017 waren es rund 14.000. Aber der Gang nach Hause ist schwer. Viele Migranten haben ihre eigene Familie bestohlen, die letzten Geldreserven mitgenommen und sind durchgebrannt. Meist in der Annahme, dass sie das Geld von Europa aus schon bald doppelt und dreifach zurückzahlen können. Alpha Kabiné Camara erzählt:
"Mein Vater war alt. Deshalb habe ich meinem kleinen Bruder eines Tages gesagt, dass ich als ältester Sohn etwas unternehmen muss. Ich habe ihn gebeten, für mich Geld aus dem Zimmer unseres Vaters zu stehlen. 300 Euro hat er gefunden und mir gebracht. Damit habe ich mich auf den Weg gemacht. Ich dachte, dass ich das Geld zurückzahlen kann, sobald ich in Italien bin."
Stattdessen musste er seine Familie von unterwegs immer wieder bitten, ihm noch mehr Geld zu schicken. Als er einmal in Mali wegen fehlender Dokumente ins Gefängnis kam, kaufte seine Familie ihn für 400 Euro frei, erzählt er. Insgesamt habe seine Reise die Familie umgerechnet rund 1600 Euro gekostet. Ein Vermögen in Guinea.
Oft sind es auch ganze Großfamilien, die ihre letzten Reserven aufbringen und ihre Hoffnungen in einen jungen Menschen setzen. Häufig sind es dann die klügsten und stärksten Söhne der Familie, nicht selten die einzigen, die losgeschickt werden. Und dann stehen diese Menschen plötzlich wieder mit leeren Händen zu Hause vor der Tür. Viele werden abgewiesen, andere werden aufgenommen, kämpfen aber mit Scham- und Schuldgefühlen. Alpha Kabiné Camara hatte Glück: "Ich glaube, meine Familie hat sich gedacht, besser er kommt mit leeren Händen zurück als gar nicht."
"Wir lebten wie Tiere"
Doch der Neustart ist schwierig. Alpha Kabiné Camara versucht, mit Hilfe der IOM das Abitur nachzuholen, aber richtig konzentrieren kann er sich im Unterricht nicht mehr. Früher sei er ein guter Schüler gewesen, aber jetzt spiele sein Kopf einfach nicht mehr mit, sagt er. Er kämpft mit Albträumen und Flashbacks. Er erzählt von brutalen Menschenhändlern in der Sahara, von Menschen, die von der Ladefläche der Pick-ups fallen, die sie nach Algerien bringen sollen, und die mitten in der Wüste ihrem Schicksal überlassen werden. Aber das Schlimmste sei Libyen gewesen, sagt er.
"Manchmal träume ich vom Gefängnis in Libyen. Wir haben wie die Tiere gelebt. Jeden Tag gab es Schlägereien und Verletzte. Nachts schliefen wir auf dem nackten Boden. Bis vor die Toiletten lagen Menschen."
In Geahrsam genommene Flüchtlinge im Lager von Zawiyah, Libyen
Für all die Menschen in den libyschen Lagern seien die IOM-Programme zur freiwilligen Rückkehr ein "Gottesgeschenk", sagt Bill Frelick, Leiter der Abteilung für Geflüchtete bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. (AFP / Taha JAWASHI)
Dann erzählt Alpha Kabiné Camara von einem Freund, einem jungen Mann aus dem Tschad, der mit ihm gemeinsam in Libyen im Gefängnis saß.
"Eines Tages haben sie uns zum Arbeiten rausgeholt. Wir sollten Löcher graben, um Stromkabel für das Gefängnis zu verlegen. Wir haben den ganzen Tag gearbeitet und dann irgendwann hat mein Freund sich geweigert, weiter zu machen. Er brauchte eine Pause. Einer der Wächter hat seine Kalaschnikow genommen und ihn erschossen. Ich stand direkt daneben."
Alpha Kabiné Camara schluckt. Ihm steigen die Tränen in die Augen. Dann sagt er etwas leiser.
"Das sind Dinge, die ich nicht gerne erzähle. Immer wenn ich davon spreche, ist es als wäre ich wieder da. Selbst mit meiner Familie und meinen Freunden spreche ich nicht darüber, was ich in Libyen erlebt habe. Deshalb will ich nicht darüber reden."
EU wertet Libyen-Abkommen als Erfolg
Es sind Geschichten, wie man sie immer wieder zu hören bekommt. Kaum einer, der das große "Abenteuer", wie hier alle sagen, überlebt und nicht von Mord, sexuellem Missbrauch und brutaler Gewalt erzählen kann. Und alle sind sich einig: Libyen war die Hölle.
Für all diese Menschen seien die IOM-Programme zur freiwilligen Rückkehr ein "Gottesgeschenk", sagt Bill Frelick, Leiter der Abteilung für Geflüchtete bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Aber man dürfe dennoch nicht den Kontext vergessen, in dem die Migranten die Entscheidung zur freiwilligen Rückkehr treffen.
"Wir haben die Sorge, dass die EU in Libyen Zustände toleriert, die den Migranten das Gefühl geben, keine andere Wahl zu haben, als das Angebot der IOM anzunehmen, den Traum von Europa aufzugeben und nach Hause zurückzukehren."
Abgefangene Migranten landen in Gefängnissen
Tatsächlich hat Italien erst kürzlich seine umstrittene Kooperation mit Libyen erneuert. Die libysche Küstenwache wird auch weiterhin von Italien und der EU finanziell sowie mit Ausrüstung und Training unterstützt, obwohl der Küstenwache wiederholt Verstöße gegen internationales Recht und die Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen werden. Abgefangene Migranten werden auch weiterhin in Gefängnissen und Lagern untergebracht, in denen sie systematisch misshandelt und entwürdigt werden, wie Migranten und unabhängige Beobachter übereinstimmend berichten.
Die EU lobt das Libyen-Abkommen als Erfolg, verweist auf die sinkende Zahl von Neuankömmlingen in Europa und die entsprechend sinkenden Zahlen von Ertrunkenen auf dem Mittelmeer. Doch der Preis dieses Erfolgs ist, dass immer mehr Menschen in libyschen Lagern landen, als Sklaven verkauft oder von ihren Wärtern gefoltert und vergewaltigt werden, wie Medienberichte belegen.
Bill Frelick: "Diese Menschen haben nicht die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Sie haben keine andere Möglichkeit aus dem Gefängnis zu kommen, als mit Hilfe der Rückkehr-Programme. Ist das wirklich eine freie Wahl?"
Sorge, dass das Asylsystem ausgehebelt wird
Die Internationale Organisation für Migration kennt und bestätigt diese Problematik. Florence Kim, Sprecherin der IOM in der senegalesischen Hauptstadt Dakar.
"Was die Frage angeht, wie freiwillig die freiwillige Rückkehr ist: Ganz ehrlich, Migranten, die in einem Camp in Libyen festsitzen, haben nicht die Möglichkeit, sich an irgendeine UN-Organisation oder sonstige Hilfsorganisationen zu wenden."
Experten wie Bill Frelick sehen angesichts dessen einen zentralen Gedanken des Völkerrechts in Gefahr."Wir sind besorgt, dass die EU das Mittel der freiwilligen Rückkehr dazu nutzen könnte, das Asylsystem auszuhebeln, indem Menschen davon abgehalten werden, in Europa um Asyl zu ersuchen. Menschen, die teilweise Anspruch auf Schutz hätten."
Frauen bei Rückkehr besonders gefährdet
Ein Vorwurf zu dem man sich bei der IOM nicht äußern will. Aber Sprecherin Florence Kim lässt keinen Zweifel daran, dass man auch bei der IOM auf eine nachhaltige Lösung des Problems hofft.
"Die IOM hat nie gesagt, dass die Programme zur freiwilligen Rückkehr die Lösung sind. Aber es ist die einzige, die wir im Moment haben. Und es ist die sicherste und humanste Lösung für Menschen, die in einem fremden Land gestrandet sind, und die nicht die Möglichkeit haben, nach Hause zurückzukehren. Menschen, die die Wüste nicht noch einmal durchqueren können, weil es zu gefährlich ist und die gleichzeitig auch nicht übers Mittelmeer wollen oder von der libyschen Küstenwache gestoppt wurden."
Aber auch die Rückkehr in das Heimatland ist mit Herausforderungen verbunden.
"Wir erzählen den Leuten bei der Beratung natürlich auch von den Problemen, die auf sie zukommen. Wir wollen sicherstellen, dass die Menschen wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren."
Denn manche kommen direkt in den Alltag zurück, den sie hinter sich lassen wollten. Bill Frelick von Human Rights Watch nennt ein Beispiel.
"Wir sehen die Gefahr, dass Menschen sich zu einer Rückkehr entschließen, auch wenn ihnen zu Hause ebenfalls Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch droht. Nur um den Zuständen in Libyen zu entkommen."
Besonders gefährdet sind Frauen. Einige waren vor Zwangsehen, Genitalverstümmelung oder häuslicher Gewalt geflohen. Wenn sie diesen Kontext beim Antrag auf Rückführung aus Scham oder Unwissen verschweigen, werden sie mit internationaler Hilfe genau in diese Situation zurückgebracht. Das allerdings ist ein Ausnahmefall.
Gemischte Bilanz bei Rückkehrer-Projekten
Die Mehrheit der Menschen, die die IOM zum Beispiel nach Guinea zurückbringt, kehrt schlicht in die Armut zurück. Deswegen erhalten die Rückkehrer finanzielle Unterstützung für den Neustart in der Heimat. Meist werden Gruppen von Migranten gefördert, die sich für ein Projekt zusammentun. Einige dieser Projekte funktionieren, andere scheitern.
Abdul Aziz Touré gehört zu jenen, die als Vorzeigebeispiel herhalten können. Der 28-Jährige hat nach seiner Rückkehr aus Libyen mit Hilfe der IOM ein kleines Geschäft aufgebaut, in Guineas Hauptstadt Conakry. In einem ruhigen Viertel nahe der Universität bietet er zusammen mit einigen anderen Computer- und Englischkurse an. Ein Dutzend Rechner steht in dem kleinen Raum, vorne eine kleine Tafel. Im Nachbarraum stehen Drucker, ein Kühlschrank mit Getränken und eine Softeismaschine. Alles Teil des Geschäfts. Alles von der IOM finanziert.
"Noch stehen wir ganz am Anfang. Aber wenn es so weiterläuft, kann der Laden uns vier bald gut ernähren."
Bislang arbeiten sie quasi unentgeltlich, erzählt Abdul Aziz Touré. Sie verdienen gerade genug, um zur Arbeit zu fahren und abends wieder nach Hause. Aber immerhin sind sie inzwischen so weit, sagt Touré, dass sie die Ladenmiete und den Strom selber finanzieren können. Und vor allem haben sie eine Perspektive.
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Abdul Aziz Touré (Deutschlandradio / Benjamin Moscovici)
Andere Projekte hingegen laufen nicht so gut. Ein Restaurant in der Nähe von Tourés Geschäft zum Beispiel. Obwohl es ein normaler Werktag ist, ist von den zehn Rückkehrern, die hier arbeiten, nur eine junge Frau da. Im Kühlschrank, der wohl schon lange nicht mehr angeschlossen wurde, stehen einige Dosen. Hinten in der Küche, auf dem Betonboden, steht ein kleiner Gaskocher. Das Gas ist alle, es gibt weder Töpfe noch Pfannen. Teller und Besteck sind nirgends zu sehen. Lebensmittel auch nicht.
Wie soll so ein winziger Laden zehn Leute ernähren, fragt die junge Frau. Sie würden hier nicht einmal genug Geld verdienen, um ihre Anfahrtskosten tragen zu können. Umgerechnet rund 1000 Euro hat die IOM in das Projekt gesteckt. Aber das reiche hinten und vorne nicht, um zehn Menschen zu reintegrieren, beschwert sich die Frau, die nicht vor laufendem Mikrofon sprechen will. Außerdem habe keiner von ihnen jemals vorher in einem Restaurant gearbeitet.
Fluchtgründe ändern sich nicht
Ganz anders sieht es in einer kleinen Schneiderei im Stadtteil Madina in der Nähe des zentralen Marktes aus. Die 14 jungen Männer, die hier arbeiten, alles Rückkehrer, verdienen zwar auch kaum Geld, vom Schneiderhandwerk versteht nur einer ein bisschen was. Trotzdem ist die Stimmung gut. Man könnte fast sagen, es herrscht Aufbruchsstimmung.
IOM-Mitarbeiter lassen sich hier Kleidung im afrikanischen Stil schneidern. Zunehmend kommen auch Leute aus der Nachbarschaft, Frauen fragen nach Hochzeitskleidern und Männer lassen sich elegante Gewänder für den Moscheebesuch am Freitag machen, das Geschäft läuft langsam. Auch wenn die Rückkehrer von der Schneiderei noch darauf angewiesen sind, dass ihnen mittags eine Nachbarin eine große Schüssel mit Reis und etwas Fischsoße vorbeibringt. Die meisten von ihnen schlafen sogar in dem Atelier, weil der Weg nach Hause zu teuer wäre.
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Hafenszene in Conakry (Deutschlandradio / Benjamin Moscovici)
Auch Alpha Kabiné Camara, der sich mit 16 auf den Weg nach Europa gemacht hatte und jetzt wieder in Guinea ist, hat Starthilfe bekommen.
"Die IOM hat mir Geld für ein kleines Lebensmittelgeschäft gegeben. Gut 800 Euro. Aber ich habe den Laden meiner Familie überlassen," erzählt er. Sein Onkel habe den Laden dann verkauft und das Geld in ein anderes Geschäft investiert.
"So habe ich zumindest einen Teil meiner Schulden zurückzahlen können."
Wie viele Rückkehrer ist Alpha Kabiné Camara der IOM sehr dankbar. Für die Rettung aus Libyen und die Hilfe beim Neustart in der Heimat. Aber an den Fluchtgründen ändert das nichts.
Junge Menschen wollen weiterhin nach Europa
Wer wie Alpha Kabiné Camara in die falsche Familie geboren wurde, der hatte vorher kaum eine Chance und auch jetzt nicht. Guinea zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Nur etwa ein Drittel der Menschen über 15 Jahren können – laut Unesco – lesen und schreiben. Seit der Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich 1958 hat sich die Bevölkerung Guineas von vier auf über zwölf Millionen verdreifacht. Die Infrastruktur ist schlecht: Es fehlen Schulen, Krankenhäuser, Strom und Straßen. Jahrzehnte der Misswirtschaft und Korruption belasten das Land zusätzlich. Der Durchschnittslohn liegt bei etwa 150 Euro im Monat.
Deswegen wollen viele junge Menschen auch weiterhin nach Europa. Dabei liegt die Anerkennungsquote von guineischen Asylbewerbern nach Angaben der EU bei gerade mal vierzehn Prozent. Am Traum vieler Menschen ändert das nichts:
"Ich würde gerne nach Spanien und von da nach Norwegen. Das ist mein Traumland."
"Hätte ich das Geld, würde ich in jedes Land gehen. Hauptsache weg hier."