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Gunnar Beck
AfD-Europakandidat verwendet offenbar unzulässig Professorentitel

Der AfD-Europawahl-Kandidat Gunnar Beck stellt sich selbst als "Professor" vor. Bei einer Universität in London tritt er als „Reader“ in Erscheinung. Doch entspricht das nicht dem deutschen Professorentitel. Das bestätigte das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium dem Deutschlandfunk.

Von Stephan Detjen |
Professor für EU-Recht, Gunnar Beck (AfD)
Gunnar Beck (Inga Kjer/dpa)
"Ich bin Professor und Fachanwalt für EU Recht in London."
So stellt sich Gunnar Beck im letzten November auf dem Parteitag der AfD in Magdeburg als Kandidat für die Europawahl vor.
Die Delegierten wählten ihn auf Platz 10 der AfD-Liste. Nach den Umfragewerten der Partei scheint Beck ein Platz im Europaparlament damit sicher. Als "Glücksfall" für die Partei wird die durch seine Titel – "Professor", "Fachanwalt" - beglaubigte Kompetenz des Kandidaten in der AfD Wahlwerbung gefeiert. Mit professoraler Autorität klagte Beck Rechtsbruch durch die Institutionen der EU an und stellte sich vor als
"Verfasser der einzig ehrlichen und dennoch beachteten Studie zum EuGH, das heißt des Gerichts, das regelmäßig Unrecht zu EU Recht erklärt."
Reader in Law in London
Doch Gunnar Beck ist kein Professor. Am Wochenende meldete erstmals der Verfassungsblog, ein Internet-Fachforum, Zweifel an der Berechtigung Becks an, sich Professor nennen zu dürfen.
Beck unterrichtet an der SOAS-University in London Europarecht und Rechtstheorie. Er trägt dort die Bezeichnung "Reader in Law", nicht Professor. Gunnar Beck selbst verweist auf Nachfrage auf die Stellungnahme eines AfD-Sprechers gegenüber unserem Hauptstadtstudio, nach der die Tätigkeit eines Readers der eines Professors in Deutschland entspreche.
Dossier: Europawahlen
Mehr Beiträge zum Thema finden Sie auf unserem Europawahl-Portal (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
Zusätzlich verweist die AfD auf die Universität Sussex, die eine Anstellung Becks als Professor in Aussicht gestellt habe. Auch in einem inzwischen gelöschten Wikipedia-Eintrag wurde Beck als Professor in Sussex bezeichnet. Die Universität jedoch erklärt, Gunnar Beck arbeite dort nicht und habe auch nie dort gearbeitet.
Nicht übertragbar
Die Frage, wer sich in Deutschland Professor nennen darf, ist in den Landeshochschulgesetzen übereinstimmend geregelt. Zuständig für die Prüfung im Fall Beck ist, weil er als deutschen Wohnort Neuss angibt, das nordrheinwestfälische Wissenschaftsministerium. Dieses teilte unserem Hauptstadtstudio mit, die schlichte Umwandlung einer englischen Hochschulfunktion in einen deutschen Titel sei "ausgeschlossen".
"Unabhängig von der Wertigkeit des englischen "Reader" kommt dabei eine Titelführung in der Form "Prof." oder gar "Professor" nicht in Betracht."
Die Tätigkeit des britischen "Reader" sei mit einer deutschen Professorenstufe nicht zu vergleichen und stehe auch in England unter der Professur, heißt es im Düsseldorfer Ministerium.
Auch kein Fachanwalt
Auch die Bezeichnung "Fachanwalt für EU Recht", mit der sich Gunnar Beck schmückt, ist in Deutschland unzulässig.
"Fachanwalt ist in Deutschland ein geschützter Titel, der nach der Fachanwaltsordnung erworben wird. Wer diese Voraussetzungen für den Fachanwalt nicht erfüllt, kann sich in Deutschland nicht Fachanwalt nennen", erklärt der Leiter des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität Hannover, Christian Wolf, dem Deutschlandfunk. Auch die Bundesrechtsanwaltskammer bestätigt: einen Fachanwalt für Europarecht gibt es nach deutschem Berufsrecht gar nicht. Selbst wer sich im Ausland mit dem Thema beschäftigt, darf sich hier nicht so bezeichnen.
Missbrauch von Titel strafbar
Der Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen ist in Deutschland nach Paragraf 132a Strafgesetzbuch strafbar.
Das ändert indes nichts daran, dass Gunnar Beck am 26. Mai als "Professor" auf den Wahlzetteln für knapp 65 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland steht. Eine Korrektur ist nach Angaben des Bundeswahlleiters nicht mehr möglich, Briefwahlunterlagen sind bereits verschickt.
"Ich bitte sie also um Ihre Stimme, um mich selbst überflüssig machen zu können", rief Gunnar Beck den Delegierten des AfD Parteitages im November zu und kündigte an, sich als Abgeordneter in Brüssel und Straßburg für die Abschaffung des Europaparlaments einzusetzen. Seine Ablehnung der EU sei grenzenlos, versicherte Beck den jubelnden Delegierten. Mit den Grenzen aber, die das nationale Recht ihm in eigener Sache zieht, scheint Beck seine Schwierigkeiten zu haben.