Es rumort im Sachverständigenrat. Dabei sind sich die fünf Wirtschaftsprofessoren in der Analyse durchaus einig: Deutschlands Wirtschaft befindet sich noch nicht in einer Rezession, aber im Abschwung, der vor allem die Industrie fest im Griff hält. Deren Produktion ging im bisherigen Jahresverlauf um fast 3 Prozent zurück. Eine Stütze sind dagegen weiter die hohe Beschäftigung und - damit verbunden - der private Konsum.
Dieses gespaltene Konjunkturbild hinterlässt Bremsspuren: 0,5 Prozent Wachstum erwarten die fünf Weisen in diesem Jahr, 0,9 Prozent im kommenden, aber eigentlich sind es auch im nächsten Jahr nur 0,5 Prozent, denn die Prognose von 0,9 Prozent kommt nur dadurch zustande, dass das Jahr 2020 vier Arbeitstage mehr hat als 2019. Und auch wenn die Forscher erwarten, dass sich an den eher mauen Konjunkturaussichten so schnell auch nichts ändert, stellt Christoph Schmidt, der Vorsitzende des Sachverständigenrats erst einmal bündig fest:
"Ein Konjunkturprogramm ist nicht angezeigt."
Anreize, um Investitionen zu fördern
Weil das maue Wachstum nicht konjunkturell, sondern auch strukturell bedingt ist. Deshalb hat Christoph Schmidt, der nach zehn Jahren an der Spitze des Gremiums altersbedingt abtreten wird, an die Adresse der Bundesregierung vor allem eine Empfehlung:
"Die Bundesregierung ist gut beraten, stärker denn je das Wachstumspotenzial der deutschen Volkswirtschaft in den Blick zu nehmen."
Heißt übersetzt: Dauerhaft und breit angelegte Anreize, etwa dauerhafte Steuersenkungen, um Investitionen und Beschäftigung zu fördern, braucht es schon, aber eben kein Konjunkturpaket. Hier beginnt dann aber das Rumoren unter den fünf Professoren. Denn das ist nur die Meinung von drei der fünf Sachverständigen. Die anderen zwei blicken auf die gestiegenen Abwärtsrisiken und raten dazu, ein kurzfristig wirkendes Konjunkturpaket zumindest auszuloten. Sie empfehlen erleichterte Abschreibungsregeln für Unternehmensinvestitionen, einen Kinderbonus bei staatlichen Transferleistungen oder auch ein Vorziehen der für 2021 geplanten Teilabschaffung des Solidarzuschlags.
Uneins ist das Gremium auch bei der Frage, wo das Geld herkommen soll. Da ist einmal die schwarze Null, von der die Ökonomen jetzt vorsichtig abrücken, sie war richtig im Aufschwung, um in den letzten Jahren für den Abbau von Schulden zu sorgen, sagt Prof Christoph Schmidt, aber:
"Es ist eindeutig, dass in einem schweren Abschwung ein Festhalten an einer schwarzen Null nicht sinnvoll sein würde."
Uneinigkeit in puncto Schuldenbremse
Und so kommen die Ökonomen zur grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse. Hier gehen die Meinungen auseinander, ob sie flexibel genug ist. Professorin Isabel Schnabel:
"Wir befürchten, dass die Schuldenbremse in der derzeitigen Ausgestaltung einen Hemmschuh darstellen könnte, was die Konjunkturstabilisierung angeht, als auch was die Frage der Investitionen angeht. Es gibt einen großen Investitionsbedarf, der an vielen Stellen aufscheint. Wo wir uns uneinig sind ist, ob die Spielräume ausreichen, um den Investitionsbedarf zu decken."
Schnabel und mit ihr Achim Truger sprechen sich für eine Änderung der Schuldenbremse aus, die anderen drei Wirtschaftsweisen wollen dagegen an ihr festhalten. Für die Wirtschaftspolitik hat dieser Disput noch keine praktische Relevanz - wie so vieles, wozu die die fünf Professoren raten.
"Ich darf Ihnen sagen, dass wir nicht immer alles genau so machen, wie Sie es vorschlagen aber dass Sie uns doch sehr inspirieren und Sie finden viele ihrer Gedanken in dem, was wir getan haben, wieder. Das sagte Kanzlerin Merkel diplomatisch, als sie das Gutachten entgegennahm.