Wartezeiten von mehreren Stunden sind in den Notaufnahmen der Krankenhäuser keine Seltenheit. Denn gerade nachts und am Wochenende sitzen neben Menschen mit Knochenbrüchen oder akuten heftigen Bauchschmerzen, auch welche mit leichten Verbrennungen, Schürfwunden oder Insektenstichen.
Viele dieser Patienten müssten eigentlich nicht in die Notaufnahme eines Krankenhauses, wissen aber nicht, welche Alternativen es gibt, so das Ergebnis eines Gutachtens, das der das Aqua Institut im Auftrag des Verbandes der Ersatzkassen angefertigt hat. Die Strukturen der ärztlichen Notfallversorgung sind in Deutschland völlig intransparent, sagt Joachim Szecsenyi vom Aqua Institut.
Intransparente Strukturen in Deutschland
"Wenn Sie jetzt zum Beispiel in Urlaub fahren und fahren nach Mecklenburg-Vorpommern oder nach Niedersachsen oder nach Bayern, da finden Sie unterschiedliche Strukturen vor. Und wenn Sie jetzt in Ihrer Familie einen Insektenstich haben, dann wollen Sie einfach wissen, wo muss ich jetzt hin und kann ich jetzt einen Tag warten oder muss ich jetzt gleich zum Arzt? Das sind Dinge, die Patienten bewegen, und da haben wir in Deutschland noch zu wenig klare Strukturen."
Dabei sind für ambulante Notfälle eigentlich die kassenärztlichen Vereinigungen der Länder zuständig. Sie sollen die Versorgung der Patienten an sprechstundenfreien Zeiten organisieren, so heißt es im Gesetz. In Berlin gibt es zum Beispiel einen kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, der 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag Hausbesuche macht. Eine klassische Notfallversorgung ist das für Ulrike Elsner vom Verband der Ersatzkassen aber nicht.
"Da muss man aber auch sehr, sehr lange warten, aber das ist eine Betreuung, besonders für Patienten, die eben nicht gehfähig sind, die bettlägerig sind, ältere Menschen und manchmal eben auch kleine Kinder."
Verband empfiehlt Einrichtung von Portalpraxen
Patienten, die noch selber gehen können und Angst haben, dass ihre Beschwerden vielleicht doch schwerwiegender sein könnten, wollen möglichst schnell Hilfe und Klarheit haben. Deshalb empfiehlt der Verband der Ersatzkassen die Einrichtung sogenannter Portalpraxen an allen 1.350 deutschen Krankenhäusern mit Notaufnahme.
"Das sind die Institutionen, die aufgesucht werden und dass dann sozusagen die ambulante Versorgung an das Krankenhaus kommt, eine Portalpraxis vorgeschaltet wird und in der Portalpraxis über eine zentrale Anlaufstelle eine Erstbegutachtung erfolgt des konkreten Falls und dann eben entschieden wird, ist tatsächlich die Notaufnahme, ist das Krankenhaus notwendig oder handelt es sich um einen ambulanten Fall, der dann möglicherweise auch dort vor Ort gleich behandelt wird."
So etwas gibt es bereits vereinzelt in Baden-Württemberg und seit Kurzem an den Wochenenden und Feiertagen auch in Berlin. Eine flächendeckende Versorgung sei aber notwendig, so Ulrike Elsner. Darüber hinaus müsse es auch bundeseinheitliche Standards geben, wie viele Ärzte für je 100.000 Einwohner in der ambulanten Notfallversorgung zuständig sind. Außerdem sollten die bekannten Notrufnummern 112 der Feuerwehr und die viel weniger bekannten Nummern 116/ 117 für ambulante Notfälle besser vernetzt werden.
Rufnummer für ambulante Notfälle
"Diese beiden Telefonnummern laufen heute in der Regel völlig separat, es gibt auch keine Vernetzung. In einzelnen Fällen ist das erprobt worden mit guten Ergebnissen, weil dann sofort eine Einschätzung erfolgt, ist tatsächlich der Rettungswagen notwendig oder reicht es, den Anrufer zu informieren, wo das nächstgelegene Krankenhaus mit der Portalpraxis zu finden ist."
Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung des Portalpraxenkonzepts sieht Elsner bei den Kassenärztlichen Vereinigungen. Die KV Berlin hat angekündigt in den nächsten Monaten flächendeckend Portalpraxen aufzubauen.