Es ist ein verzwicktes Problem: Hat die EZB mit ihrer Ankündigung, Staatsanleihen einzelner Mitgliedsländer zu kaufen, ihr Mandat überschritten? Deses sogenannte OMT-Programm hatte die Notenbank im Spätsommer 2012 angekündigt – allerdings nie umgesetzt. Worum es da ging, erklärt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
"Hier geht es insbesondere um das von EZB-Präsident Draghi im Sommer 2012 angekündigte Programm, dass im Notfall, sollten einzelne Staaten unter den Druck der Kapitalmärkte geraten, in einzelnen Fällen die Europäische Zentralbank Anleihen dieser Staaten aufkaufen kann, um den Druck einer selbst erfüllenden Kapitalmarktdynamik hin zu einem Austritt dieser Staaten zu verhindern."
Die EZB nämlich wollte mit diesem Ankaufprogramm die Währungsunion zusammenhalten – und den Krisenländern einen Verbleib im Währungsraum ermöglichen. Denn die Kapitalmärkte hatten zuvor die Renditen für deren Anleihen so hochgetrieben, dass diese ohne die Hilfe der EZB ihre Schulden nicht mehr hätten zurückzahlen können. Denn wenn die EZB Staatsanleihen kauft, drückt sie damit die Zinsen dieser Anleihen. Damit aber habe die EZB ihr Mandat überschritten, meinten verschiedene Kläger und gingen vor das Bundesverfassungsgericht. Rückblickend hatte EZB-Präsident Draghi vor Beginn des Verfahrens in Karlsruhe im Juni 2013 gesagt:
"Das Anleihekaufprogramm ist wahrscheinlich die erfolgreichste geldpolitische Maßnahme, die wir in jüngerer Zeit ergriffen haben."
Geldpolitischer Erfolg
Geldpolitisch also hatte allein die Ankündigung Erfolg. Ob die EZB aber so weit hätte gehen dürfen, daran hatte das Bundesverfassungsgericht Zweifel, auch wenn die Notenbank nur Anleihen kaufen wollte unter der Bedingung, dass die jeweiligen Staaten wirtschaftspolitische Reformen durchführen. Deshalb gaben die Karlsruher Richter das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ab. Es gehe um Regeln für den Zusammenhalt der Währungsunion, sagt Dekabank-Chefvolkswirt Kater:
Wie weit kann und darf die EZB gehen?
Die Gefahr, die gerade von deutscher Seite betont wird, liegt darin, dass diese Konditionalität zu kurz kommt, das heißt, dass am Ende nur ein Schutz für solche austrittsgefährdeten Länder besteht ohne die entsprechenden Korrektivmaßnahmen. Und hier muss der Europäische Gerichtshof auch klare Worte sprechen, dass diese beiden Dinge untrennbar miteinander verbunden sind.
Am Mittwoch wird der Generalanwalt des EuGH seinen Schlussantrag zu diesem OMT-Programm vorlegen. Dieses Plädoyer dürfte wegweisend für die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sein. Und es dürfte auch für die EZB ein Hinweis sein, wie weit sie mit ihrer Geldpolitik noch gehen darf – auch in zehn Tagen, wenn sie womöglich über ein neues Anleihekaufprogramm zur Abwehr von Deflation entscheidet.