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Gute Gene - langes Leben

Genetik. - Offenbar spielen Gene eine Rolle, dass Menschen sehr alt werden. Genetiker aus den USA haben eine Reihe von Genen gefunden, die bei Menschen aktiv sind, die über 100 Jahre alt sind. In "Science" berichten sie über ihre Entdeckung.

Von Kartin Zöfel |
    100 Jahre, wer möchte schon so alt werden, mag man denken, die Bilder mit greisen Menschen vor Augen, die den eigenen Namen vergessen, und nicht mehr alleine aus ihrem Bett hoch kommen. Doch diese Angst vor Gebrechlichkeit brauchen anscheinend gerade Menschen, die ganz besonders alt werden, nicht zu haben.

    "Centenarians are indeed a model of aging well."

    Über Hundertjährige seien so etwas wie Modelle für gesundes Altern, sagt Thomas Perls, Professor für Medizin und Altersforschung am Boston Medical Center in den USA.

    "They very much compress their diseases or their disability towards the very end of their lives."

    Erst spät in ihrem Leben würden diese Menschen krank oder körperlich schwach, erklärt er. Alzheimer, Krebs oder Herzkrankheiten, diese Glücklichen blieben davon erstaunlich oft verschont. Das muss genetische Ursachen haben, vermuteten Thomas Perls und seine Kollegen.

    "Wir dachten uns, dass sich diese Eigenschaften vermutlich nicht auf ein oder zwei Gene würden zurückführen lassen. Sondern dass das das Ganze viel komplexer sein würde, weil viele biologische Stoffwechselwege - also auch viele Gene - beteiligt sein müssten."

    Zusammen mit Biostatistikern von der Boston University School of Public Health nahm sich Perls das Genom von rund 800 Menschen im Alter von 95 und 119 Jahren vor und verglich deren Erbinformation mit jener einer Vergleichsgruppe. Nicht nur das Alter der Probanden war bei der Auswahl entscheidend, auch wie alt die Familienmitglieder der Studienteilnehmer geworden waren, wurde erfasst. An solche Daten kommt gerade Thomas Perls relativ leicht, er leitet seit 1995 die New England Centenarian Study, die weltweit größte Studie mit über Hundertjährigen. 300.000 Stellen im Genom scannten die Biologen auf Unterschiede durch. Und tatsächlich: 150 der genetischen Marker erwiesen sich als typisch für die langlebigen Studienteilnehmer. Die Statistikerin Paola Sebastiani wertete die Daten aus.

    "Die Hundertjährigen lassen sich in 19 Gruppen mit verschiedenen genetischen Mustern aufteilen. Diese Muster korrelieren wiederum mit verschiedenen Arten des Alterns. Ein Muster zum Beispiel korreliert mit besonders hohem Alter, ein anderes damit, dass typische Alterskrankheiten wie Demenz oder Herzkrankheiten erst sehr, sehr spät auftreten. Die Muster im Genom hängen also vermutlich direkt zusammen mit den verschiedenen, biologischen Wegen, wie Menschen 100 oder mehr Jahre alt werden können."

    Manche der Gene, die mit Altern und Alterskrankheiten zusammenhängen, sind den Forschern schon länger bekannt, etwa das Gen ApoE 4, das mit Alzheimer in Verbindung gebracht wird. Doch auf andere, möglicherweise relevante Bereiche im Genom sind die Forscher erst durch diese Studie gestoßen. Zu klären, mit welcher biologischen Funktion die neu gefundenen Muster zusammenhängen, das ist der nächste Schritt. Etwas anderes aber hat die Wissenschaftler besonders überrascht. Sebastiani:

    "Was diese Menschen länger leben lässt, ist nicht, dass ihnen die genetische Vorbelastung für Krankheiten fehlt, sondern dass sie eine ganze Fülle an Genen haben, die offenbar mit hohem Alter zusammenhängen."

    Diese "guten" Gene könnten sogar den negativen Effekt krankheitsassoziierter Gene ausgleichen, vermuten die Forscher. Das hat Konsequenzen für genetische Analysen, die zeigen sollen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Mensch eine bestimmte Krankheit bekommt oder nicht. Damit das Bild der Analyse vollständig und damit aussagekräftig wird, müsste sie in Zukunft "böse" wie "gute" Gene einbeziehen.

    Nachtrag zum Thema:

    Forscher aus den USA ziehen eine Studie über genetische Marker für ein langes Leben zurück
    Vor knapp einem Jahr hatten die Wissenschaftler berichtet, sie könnten anhand des Erbgutes vorhersagen, ob ein Mensch gute Chancen hätte, 100 Jahre und älter zu werden. Sie stützten sich dabei auf Analysen und Vergleiche der Genome von 100-Jährigen und anderen Menschen. Nachdem bereits im November Zweifel an der Methode der Studie geäußert wurden, ziehen die Wissenschaftler sie jetzt zurück. Eine Überprüfung der Daten habe ergeben, dass vollkommen andere Gene als ursprünglich beschrieben für ein langes Leben ausschlaggebend seien. Die neuen Ergebnisse sollen in Kürze veröffentlicht werden. In einer Veröffentlichung unterstreicht das Fachblatt, dass keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhalten der Wissenschaftler vorliege.