"Schluss mit dem Ministerialsprech!", hat sie gesagt, als sie Ministerin wurde. "Die Leute sollen doch verstehen, worum es geht!" Meint Franziska Giffey, in Berlin-Neukölln trumpfte sie mit Bürgernähe. Folglich hat die Sozialdemokratin ihr Gesetz schlicht "Gute Kita-Gesetz" getauft: "Es geht um mehr Qualität, und es geht um weniger Gebühren!" So bringt sie auf den Punkt, was ihr erstes Gesetz beinhalten soll.
Mehr Erzieherinnen sollen für weniger Kinder zuständig sein, längere Öffnungszeiten den Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, die Länder sollen mehr Geld vom Bund erhalten, um zusätzliche Kitas zu bauen. 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022. Vor allem aber ist vorgesehen, dass einkommensschwache Familien künftig ohne Kosten einen Kita-Platz erhalten:
"Wir sehen vor, dass die Familien, die Unterstützung vom Staat bekommen, mit dem Wohngeld, mit Sozialleistungen, mit dem Kinderzuschlag, dass die nicht in die rechte Tasche die Unterstützung bekommen und von der linken Tasche die Gebühren von mehreren hundert Euro wieder rausgezogen bekommen."
Sozialdemokraten: Arme Familien entlasten
Es ist ein sozialdemokratisches Projekt. Mehr Gerechtigkeit, bessere Bildungschancen – gerade Eltern mit wenig Geld sollen nicht darüber nachdenken müssen, ob sie sich die Kita für ihre Kinder auch leisten können. Gebührenfreiheit – von der Kita bis zur Uni, das war schon Mantra der SPD im letzten Bundestagswahlkampf. Nur: Lässt sich die Qualität der Einrichtungen verbessern, wenn künftig selbst Wohlhabende nicht oder nur wenig für die Kita zahlen müssen?
Annalena Baerbock hat da ihre Zweifel: "Leider kommen wir zu dem Schluss, dass es nichts bringt, einfach nur den Namen zu ändern, heißt jetzt 'Gute-Kita-Gesetz', und damit ist alles gut, weil gut gemeint, ist eben nicht immer gut gemacht!" Die Grünen-Chefin stört sich daran, dass Giffey für gute Kitas keinen verbindlichen Betreuungsschlüssel vorsieht. Eine Erzieherin, ein Erzieher, für maximal zwei Einjährige, maximal vier Kinder pro Betreuer bei den Unter-Drei-Jährigen.
Würde man das verbindlich ins Gesetz schreiben, ließen sich die 300.000 dringend benötigten Fachkräfte auch gewinnen, heute nämlich – so Baerbock – wollten sich viele den Stress mit viel zu vielen Kindern bei schlechter Bezahlung erst gar nicht antun: "Es ist doch in den Kitas genauso wie in der Pflege: Viele Menschen, die dort arbeiten wollen, die sagen, ich kann so nicht mehr arbeiten, unter diesen Bedingungen kann ich meinen Job nicht richtig gut machen!"
Linkspartei: Das Geld reicht nicht
Die Linkspartei fürchtet, dass das Geld nicht reichen wird, um die Kita-Qualität wirklich zu verbessern. Der Abgeordnete Norbert Müller vermisst die Kontrolle darüber, dass die Länder das Geld des Bundes auch wirklich an die für die Kitas zuständigen Kommunen weitergeben: "Natürlich, zu den Konditionen, Geld ohne Nachweis, einfach kriegen, 5,5 Milliarden für vier Jahre, das mache ich gerne, natürlich werden die das Geld nehmen!"
Auch die Liberalen fürchten, diese Summe könnte in Länderhaushalten versickern. Die AfD hingegen setzt zur Generalkritik an: "Freiheit für Andersdenkende wird den Frauen in Deutschland im Jahr 2018 gerade im Bereich der Kindererziehung verwehrt!" Beklagt AfD-Familienpolitiker Martin Reichert. Wahlfreiheit gebe es nicht mehr, das Kita-Gesetz erhöhe den Druck, Kinder nicht mehr zu Hause zu betreuen.
Christdemokratin Nadine Schön kontert: "Es gibt keine Vorschreiberei. Alle Eltern können selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder in eine Krippe geben, mit eins, zwei, mit drei, mit vier oder mit fünf Jahren."
Morgen gehen die Beratungen über die Guten Kitas weiter, dann im Bundesrat.