Was bleibt vom Jahr 2024 in Erinnerung – als positive Nachricht oder Entwicklung? Das haben wir uns in unseren Redaktionen gefragt. Denn neben den Kriegen und Krisen gibt es immer auch Ereignisse, die Hoffnung und Mut machen, die eine Verbesserung darstellen oder einen Impuls setzen, um Missstände zu beseitigen.
Zu oft stehen sie im Schatten von Katastrophen und Gewalt, zu oft werden sie kaum beachtet. Daher stehen sie nun hier im Mittelpunkt, ausgewählt nach subjektiven Kriterien von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Redaktionen:
Überblick
- Syrien ohne Assad
- Phoenix aus der Asche: Notre-Dame strahlt wieder
- Ende des Dauerstreits in der Ampelkoalition: Neuwahlen
- Die Weißnasen-Fledermäuse kehren zurück
- Mit einer Milliardärssteuer zu besserer Bildung in Deutschland
- Eine Gemeinde steht zum Kirchenasyl
- Slowakische Gesellschaft gibt nicht auf: Proteste gegen Fico-Regierung
- Kampf gegen Klimawandel und Armut: Die Superreichensteuer
- Fortschritt für Inklusion: Barrierefrei feiern in Berlin
- Mehr Selbstbestimmung beim Geschlechtseintrag
- Europäische Verständigung: Preis für Autor Alhierd Bacharevič
- China investiert massiv in erneuerbare Energien
- Kranke in den USA müssen weniger für Insulin bezahlen
- Integration in Deutschland gelingt oft sehr gut
Syrien ohne Assad
Assad ist weg, für immer. Ich lag im Bett und habe die Nachrichten für zehn Stunden gesehen, ohne zu essen, ohne zu schlafen. Ich habe mit meinen Freunden in Damaskus und Aleppo und im Exil gechattet und geschrieben. Dann kam die Nachricht. Das war so gegen fünf Uhr morgens. Da steht: Die Oppositionen sind in Damaskus. Assad ist geflohen. Ich habe es dreimal gelesen, um zu verstehen, was da steht - dass es die Realität ist.
Hiba Obaid, Onlineredaktion
Phoenix aus der Asche: Notre-Dame strahlt wieder
Diese Nachricht passte wie keine andere in die Vorweihnachtszeit: Notre-Dame ist wieder heil und für uns zugänglich. 340.000 Menschen aus 150 Ländern haben für den Wiederaufbau gespendet - er war damit ein weltumspannendes, verbindendes Ereignis. Dass Gesellschaften mit großem Aufwand ihr kulturelles Erbe pflegen, ist und bleibt ein Hoffnungszeichen.
Asmus Heß, Onlineredaktion
Ende des Dauerstreits in der Ampelkoalition: Neuwahlen
Dass es Neuwahlen gibt! Als politischer Korrespondent konnte ich es nicht mehr länger mit ansehen, wie sich die Ampelkoalition von innen heraus zerlegt. Wenn ein Partner nicht koalitionsfähig ist, dann macht es keinen Sinn, eine Zweckgemeinschaft aufrechtzuerhalten. Jetzt sollten Wählerinnen und Wähler im Februar daraus die angemessenen Schlussfolgerungen ziehen.
Volker Finthammer, Korrespondent Hauptstadtstudio Berlin
Die Weißnasen-Fledermäuse kehren zurück
Seit fast 20 Jahren haben wir über einen tödlichen Pilz berichtet, der unter den Fledermäusen in Nordamerika wütet. Jetzt endlich kommen hoffnungsvolle Nachrichten aus der Gegend: Einzelne Populationen wachsen wieder. Die Nachtschwärmer passen offenbar ihr Verhalten an – und wir können sie mithilfe der Forschung im Kampf gegen den Weißnasenpilz unterstützen.
Christiane Knoll, Wissenschaftsredaktion
Mit einer Milliardärssteuer zu besserer Bildung in Deutschland
Ich habe mich über diese Art des grünen Populismus gefreut: Wirtschaftsminister Robert Habeck will von den Reichen nehmen und in die Bildung investieren, ausbaufähig!
Tina Klopp, Redakteurin Kulturelles Feature
Eine Gemeinde steht zum Kirchenasyl
Was ich persönlich eine ganz schöne Nachricht fand – auch wenn das manche vielleicht anders sehen: Eine Kirchengemeinde in Bremen hat die Abschiebung eines 25-jährigen Somaliers aus dem Kirchenasyl verhindert. Der Pastor der Gemeinde, Thomas Lieberum, ließ mitten in der Nacht die Kirchenglocken läuten.
Luisa Meyer, Redaktion Religion und Gesellschaft
Slowakische Gesellschaft gibt nicht auf: Proteste gegen Fico-Regierung
Für mich ist die gute Nachricht des Jahres, dass die slowakische Zivilgesellschaft weiterkämpft – gegen die autoritäre, nationalistische Politik ihrer russlandfreundlichen Regierung und damit für die Demokratie in Europa. Trotz stärkeren Drucks geben Vereine, Medien und die Kulturwelt nicht auf.
Marianne Allweiss, Korrespondentin für Tschechien und die Slowakei
Kampf gegen Klimawandel und Armut: Die Superreichensteuer
Mit einer Superreichensteuer wollen die G-20-Staaten Krisen, Ungleichheit und Armut in der Welt besser bekämpfen – eine gute Nachricht aus dem Jahr 2024. Bis zur Umsetzung mag (leider) noch Zeit vergehen. Aber dies ist ein erster wichtiger Schritt. Die Grundidee: Privatpersonen mit einem Vermögen von über einer Milliarde US-Dollar sollen jährlich mindestens zwei Prozent ihres Vermögens als Steuern entrichten. Etwa 250 Milliarden könnten so zusammenkommen – für mehr Bildung oder um die Folgen der Klimakrise zu bewältigen.
Catherine Shelton, Onlineredaktion
Fortschritt für Inklusion: Barrierefrei feiern in Berlin
Ich kann Pessimismus in diesen Tagen nachvollziehen und gleichzeitig sagen: Es lohnt sich, genau hinzuschauen. Da sind viele Menschen, die Verbesserungen voranbringen, zum Beispiel fürs inklusive Feiern. So machen es die Berliner Party-Reihe "Spaceship" oder der Veranstalter "Loft Concerts" für Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten einfacher, entspannt und sicher zu feiern.
Franziska Rattei, Redaktion Podcast "Zeitfragen"
Mehr Selbstbestimmung beim Geschlechtseintrag
Jahrzehnte mussten sich trans Personen aufgrund des Transsexuellengesetzes durch eine langwierige und entwürdigende Prozedur quälen, um ihren Personenstand im Pass ändern zu dürfen. Aufgrund des Selbstbestimmungsgesetzes genügt nun eine einfache Erklärung beim Standesamt, um Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern.
Leila Knüppel, Onlineredaktion
Europäische Verständigung: Preis für Autor Alhierd Bacharevič
Für mich ist die gute Nachricht des Jahres, dass der belarussische, im Exil lebende Autor Alhierd Bacharevič für seinen Roman "Europas Hunde" mit dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung ausgezeichnet wird. Das Buch wurde in Belarus schon 2017 veröffentlicht und ist geradezu prophetisch. Seit dem Frühjahr 2024 liegt die deutsche Übersetzung von Thomas Weiler vor und sollte von möglichst vielen Menschen in Deutschland gelesen werden.
Stephanie von Oppen, Literaturredaktion
China investiert massiv in erneuerbare Energien
Im Sommer zeigte eine Studie der NGO Global Energy Monitor, dass China, immerhin der weltweit größte CO2-Schmutzfink, fast doppelt so viele Kapazitäten für Wind- und Solarenergie baut wie der Rest der Welt zusammen. Auch bei Investitionen in "grüne" Technologien ist China Spitzenreiter.
Mac Kasperek, Onlineredaktion
Kranke in USA müssen weniger für Insulin bezahlen
Die monatliche Zuzahlung für Insulin beträgt überall in den USA maximal 35 Dollar und nicht mehr bis zu 1.000 Dollar pro Monat. Vor dem Inflation Reduction Act streckte jede/r Fünfte der darauf angewiesenen 8,5 Millionen Diabeteskranken ihre Dosis, weil das Geld für mehr fehlte. Mit oft lebensgefährlichen Folgen.
Doris Simon, USA-Korrespondentin in Washington
Integration in Deutschland gelingt oft sehr gut
Für mich ist eine gute Nachricht, dass Integration von Menschen aus anderen Ländern oft so gut gelingt. Es wird über das Thema häufig negativ gesprochen. Doch ist wichtig zu schauen, was so viele Menschen hier schaffen und geschafft haben – und wo es ein funktionierendes Miteinander gibt. Und dass es auch viel Wissen und aktuelle Forschung dazu gibt, wie sich das alles besser meistern lässt.
Kathrin Kühn, Wissenschaftsredaktion
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