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Gutes Moor, schlechtes Moor
Vernässte Landschaften für den Klimaschutz

Klimaretter oder Klimakiller? Moore können beides sein. Im nassen Zustand speichern sie CO2. Trockengelegte hingegen geben über viele Jahre Kohlenstoffdioxid ab. Das soll sich ändern – trockene Moore in Deutschland sollen wieder nass werden – nur müssen da auch Landwirte mitziehen.

Von Benjamin Dierks |
    Das Papenburger Moor
    Auch das Papenburger Moor wurde trockengelegt - so wie 90 Prozent aller deutschen Moore (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
    Das Moor muss wieder nass werden: Und zwar 50.000 Hektar pro Jahr, wenn die Klimaziele des Paris-Abkommens erreicht werden sollen. Das haben die Experten des Greifswald Moor Centrums errechnet, die von der Bundesregierung unterstützt erforschen, wie Moore wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden können. Es wäre also rund zweimal die Fläche von Frankfurt am Main, auf der die heute trockengelegten und meist intensiv durch Landwirtschaft genutzten Moore jedes Jahr wieder verwässert werden müssten.
    "Das größte Hindernis ist, dass im Moment eine kontraproduktive Landnutzung, die zu sehr hohen Emissionen führt, massiv gefördert wird." Sagt Franziska Tanneberger, Landschaftsökologin und Leiterin des Greifswald Moor Centrums. Sie fordert, dass Subventionen neu verteilt werden, damit Landwirte ermutigt werden, auf nassen Mooren anzubauen.
    Schilf oder Rohrkolben statt Mais oder Milchkühe
    Möglich ist das — zumindest eingeschränkt: Schilf oder Rohrkolben wachsen im Moor, daraus lassen sich zum Beispiel Dämmstoffe oder Baumaterialien herstellen. Auch Erlen wachsen auf nassem Grund und eignen sich für die Möbelproduktion. Land- und Forstwirtschaft sollten im Moor nicht beendet, sondern verändert werden, sagt Moorforscher Hans Joosten.
    "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Moore natürlich entwässert sind, um etwas zu produzieren. Das ist aus einem ganz richtigen Wunsch heraus gekommen, weil wir Nahrung, Fasern, was weiß ich, brauchen. Dass es solche negativen Effekte gibt, ist uns erst später bewusst geworden. Und jetzt müssen wir das wieder zurückdrehen, den nachteiligen Effekt, aber den positiven Effekt wollen wir versuchen zu behalten. Wir müssen wiedervernässen mit Erhalt der Produktionsfunktion."
    Das Ziel ist also eine Art Naturschutzgebiet, das landwirtschaftlich genutzt werden kann. Ein Haken für Landwirte: Mit Schilf und Rohrkolben lässt sich nicht annähernd so viel erwirtschaften wie mit Mais oder Milchkühen. Milchbauer Karsten Padeken aus Niedersachsen ist als Vertreter des Bauernverbands ins Bundesumweltministerium gekommen und glaubt nicht, dass der alternative Anbau auf nassem Moor für Landwirte nach derzeitigem Stand finanzierbar ist.
    "Wir haben bisher gerade in Niedersachsen hohes Wertschöpfungspotenzial über die Milchviehhaltung. Und da sind wir irgendwo bei 1.000 Euro pro Hektar netto Bodenrentabilität. Und das sehe ich noch lange nicht, dass das gegeben ist."
    Von den 1.000 Euro sind rund 300 Euro EU-Subventionen, die ein Bauer im Schnitt pro Hektar erhält – Geld das bislang verloren ginge, wenn ein Landwirt seine Moorflächen bewässert und auf Schilf oder Rohrkolben umstellt. Denn die werden nicht bezuschusst. Das Problem sieht auch Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. Zuzahlungen müssten deshalb umgewidmet werden, sagt er.
    "Es ist eine naturverträgliche Nutzung, die wird vermutlich nicht ganz die wirtschaftlichen Erträge bringen wie die herkömmliche Nutzung. Und deswegen wird man ganz klar darüber sprechen müssen, wie man Fördermittel, wie man Subventionen genau für diese Art der Landnutzung einsetzt."
    Feuchtes Moor zu bewirtschaften ist auch bürokratisch aufwändig
    Bislang geschieht aber häufig eher das Gegenteil. Landnutzer, die das Moor leben lassen wollen, haben nicht nur hohe Kosten, sondern auch viel Ärger mit Bürokratie. Der Landschaftsarchitekt Aldert van Weeren wollte ein Gästehaus bei Usedom natürlich dämmen und dafür auf seinem Moorland Rohrkolben ernten.
    "Und dann kam dieses Problem: Es ist keine Agrarpflanze, Rohrkolben genauso wie Schilf werden nicht anerkannt als Agrarpflanze, obwohl wir die schon 30.000 Jahre nutzen. Das bedeutet, dass es nicht gefördert werden darf, es bedeutet aber in Deutschland speziell, dass es ab 100 Quadratmeter ein Biotop ist und das fällt leider unters Bundesnaturschutzgesetz."
    Van Weeren musste eine Genehmigung einholen und durfte nur zu eingeschränkten Zeiten ernten. Ihn aber haben die Hürden erst richtig angestachelt. Er will mit seinem Haus beweisen, dass sich der Anbau von Schilf und Rohrkolben lohnt. "Jemand muss die Karre ziehen. Und ich habe gedacht, wenn ich das sein muss, gerne. "Pioniere wie van Weeren wird es brauchen, um das Moor zu retten. Aber die verlangen Unterstützung.