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Hängepartie in Griechenland

Eigentlich sollten die Verhandlungen zwischen Regierung und Banken über den geplanten Schuldenschnitt für Griechenland bis zum Treffen der Euro-Finanzminister abgeschlossen sein. Doch um die Details wird noch immer gepokert.

Von Brigitte Scholtes |
    Sie waren sich fast schon einig: die griechische Regierung und der Internationale Bankenverband. Der verhandelt für die privaten Gläubiger über einen Schuldenschnitt. Nominal beläuft sich dieser Verzicht zwar nur auf 50 Prozent. Strittig ist aber, wie hoch die durchschnittliche Verzinsung der neuen griechischen Anleihen sein soll, die die alten ersetzen sollen. Da hatte man sich auf vier Prozent geeinigt, aber der IWF und die Eurogruppe halten das für unrealistisch hoch: Sie wollen einen durchschnittlichen Zins von 3,5 Prozent durchsetzen. Zu wenig, sagen die privaten Gläubiger. Denn das hätte weitreichende Folgen, erklärt Claudia Windt, Volkswirtin der Helaba.

    "Das wiederum würde in der Bankenbilanz einen Abschreibungsbedarf von etwa 65 bis 70 Prozent bedeuten, was man noch ganz gut stemmen kann. Mit den drei Prozent beziehungsweise. unter vier Prozent würde sich das Ganze auf etwa 80 Prozent belaufen, und das wird von privater Hand als zu viel empfunden."

    Schließlich sind viele Banken nicht so stabil, dass sie höhere Verluste tragen könnten. Und außerdem weiß Charles Dallara, der Präsident des Internationalen Bankenverbandes auch, dass er eine möglichst hohe Quote der privaten Gläubiger erreichen muss. Denn wenn zu wenige einem Schuldenschnitt zustimmen, dann ist dessen Ziel, die Schuldenlast Griechenlands um 100 Milliarden Euro zu senken, nicht zu erreichen. Nun wolle man telefonisch weiterverhandeln, dass man da bis heute Nachmittag, bis also die Finanzminister der Eurogruppe in Athen zusammentreffen, eine Einigung erzielen könnte, hält man am Finanzplatz Frankfurt für unwahrscheinlich. Die Zeit drängt jedoch. Denn wenn es keine Einigung auf einen Schuldenschnitt gibt, dann könnte die Troika wohl kaum grünes Licht für das nächste Rettungspaket von 130 Milliarden Euro geben. Die Folge wäre wohl ein Moratorium, also eine ungeordnete Insolvenz Griechenlands. Und das würde erheblich teurer, meint Helaba-Volkswirtin Windt:

    "Sobald ein Moratorium über Griechenland verhängt werden würde, müsste die EZB und damit auch Europa Griechenland mit Überbrückungskrediten weiter aushelfen. Dann erst kämen die Verhandlungen, wie denn dieser Schuldenschnitt erfolgen würde. Und in diesem Zeitraum, der sich meist so über ein Jahr hinzieht, müsste Griechenland von Europa finanziert werden. Und die Kosten sind sicherlich höher anzusiedeln als das, was bisher ausgehandelt wurde."

    Das würde die Finanzmärkte wohl wieder destabilisieren, kurzfristig jedenfalls. Aber für die Zukunft Italiens und Spaniens sollte es keine gravierenden Auswirkungen haben, hört man am Finanzplatz. Da sei die Umsetzung der Reformvorhaben wichtiger. Deshalb kann man nachvollziehen, dass die Bundesregierung sich bisher jedenfalls der Forderung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti widersetzt, man möge die Geldmittel des neuen Rettungsschirm ESM von Anfang an höher bemessen als bisher geplant. So hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gestern in der ARD gesagt:

    "Es bleibt bei dem, was im Dezember von den Staats- und Regierungschefs verabredet worden ist, und dort haben sie gesagt, im März werden wir das noch einmal überprüfen, und die Zeit werden wir uns nehmen."