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Hängepartie um Schuldenschnitt für Griechenland

Die Verhandlungen über einen massiven Schuldenschnitt für Griechenland sind in der Endphase. Wenn der Forderungsverzicht der privaten Gläubiger nicht reicht, muss sich vielleicht doch auch die EZB beteiligen - und damit Staatsfinanzierung betreiben.

Von Brigitte Scholtes |
    Der Druck auf die Europäische Zentralbank, sich doch am Schuldenschnitt in Griechenland zu beteiligen, wächst. Der Internationale Bankenverband IIF verhandelt ja derzeit mit der griechischen Regierung. Die Banken seien bereit, auf 70 Prozent zu verzichten, sagte gestern Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann:

    "Ich glaube, wir sind nicht mehr sehr weit auseinander. Das reicht noch nicht ganz, um auf die Zielgrößen zu kommen. Aber es ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und, wie ich mehrmals gesagt habe, ohne Namen zu nennen, ich würde meinen, dass soviel auf dem Spiele steht, dass jeder seinen Beitrag leisten sollte. Und wer jeder ist, das überlasse ich jetzt Ihrer Fantasie."

    Gemeint ist natürlich die EZB. Die aber weigert sich noch, weil sie dann doch Staatsfinanzierung betreiben würde, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank:

    "Wenn sie sich daran beteiligten, dann würden sie eigentlich mit der Notenpresse Griechenland entschulden. Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, das wissen wir aus der Geschichte, führt irgendwann zur Inflation, und es führt natürlich dazu, dass dann noch mehr Anleger befürchten, dass sie vielleicht auch in Portugal ihr Geld nicht zurück bekommen. Diese Ängste erklären ja, warum jetzt auch Portugal in die Schusslinie geraten ist."

    Wie viele griechische Staatsanleihen die EZB aufgekauft hat, das ist nicht offiziell bekannt. Finanzexperten schätzen das Volumen auf einen Marktwert von etwa 38 oder 40 Milliarden Euro. Wenn die Notenbank sich nun wider Willen am Schuldenschnitt beteiligen müsste, hätte das empfindliche Folgen - nicht nur für die EZB, erklärt Krämer:

    "Wenn sie das abschriebe, das was von den Privaten verlangt würde, dann könnten ihr Verluste drohen in der Größenordnung von 20 Milliarden, die würden verteilt werden unter den nationalen Zentralbanken. Auf die Bundesbank könnten dann Verluste im einstelligen Milliardenbereich zukommen. Wir kennen noch nicht den Gewinn, den die Bundesbank sonst gemacht hätte, aber das könnte unter Umständen den Gewinn eines Jahres der Bundesbank ausradieren. Und dann könnte die Bundesbank nicht wie üblich einen Gewinn an den deutschen Finanzminister überweisen."

    Der Finanzminister aber rechnet mit der Überweisung aus Frankfurt. Bleibt die aus, dann muss er diesen Ausfall anders kompensieren - und das träfe dann den Steuerzahler.

    Neben einer direkten Beteiligung am Schuldenschnitt wird derzeit aber auch eine andere Lösungsmöglichkeit diskutiert: Die EZB hat für die griechischen Anleihen im Schnitt wohl 76 Prozent des Nennwertes bezahlt. Zu diesem Kurs könnte sie die Anleihen auch an den Rettungsschirm EFSF verkaufen. Doch auch das wäre ein Nachteil für die Notenbank, meint Krämer:

    "Dann müsste die EZB keine Verluste verbuchen. Aber ökonomisch wäre natürlich trotzdem ein Schaden da, weil sie hat ja dem Versprechend der Politiker geglaubt, dass Griechenland kein Zahlungsausfall droht. Das heißt normalerweise würde sie den vollen Nennwert zurückbekommen und mit diesem Gewinn dann kompensiert werden für die gewaltigen Risiken, die sie zwischenzeitlich eingegangen ist. Aber ich könnte mir vorstellen, dass am Ende die EZB zu einem solchen Kompromiss genötigt würde, die Anleihen scheinbar ohne Verluste an den europäischen Rettungsfonds zu verkaufen."