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Halbes Jahr nach Amoklauf von Parkland
Überlebende Schüler wollen zum Wählen motivieren

Nach dem Amoklauf in Parkland gingen Millionen Menschen in den USA gegen Waffengewalt auf die Straße. Im Juni starteten Emma Gonzalez und andere überlebende Schüler eine Bustour durch die USA, um Jugendliche zu ermutigen, sich politisch zu beteiligen. Motto: "Road to change" – Weg zur Veränderung.

Von Martina Buttler |
    Die Anti-Waffengewalt-Aktivisten Matt Deutsch (links) and Jaclyn Corin (rechts) sprechen während einer Kundgebung der "Road to Change"-Kampagne in Connecticut
    Die "Road to change"-Tour startete am 15. Juni und führte die Schüler der Stoneman Douglas High School quer durch die USA (AFP/ Kena Betancur)
    Der Valentinstag 2018 ist eine Zeitenwende für Parkland. Nach dem Amoklauf an der Stoneman Douglas High School wird die Stadt in einem Atemzug mit Columbine, Sandy Hook oder Las Vegas genannt. Und aus Schülern wie Emma Gonzalez werden Aktivisten. Ihre Form des Trauerns: Protestieren, aufrütteln.
    "Politiker, die in ihren vergoldeten Häusern und Stühlen sitzen, die von der Waffenlobby NRA bezahlt werden, sagen uns: nichts hätte so etwas verhindern können. Wir sagen: Bullshit."
    "Road to change" – Weg zur Veränderung
    Emma Gonzalez redet nicht lange drumherum. Sie kritisiert, klagt an, fordert. Sechs Wochen später gehen Millionen in den USA beim "March for our lives" auf die Straße. Sie wollen eine Reform der Waffengesetze. Emma Gonzalez und ihre Jahrgangsstufe machen Anfang Juni ihren Abschluss. Zwei Wochen später gehen sie auf eine Bustour quer durch die USA. "Road to change" – Weg zur Veränderung heißt sie. Das Ziel ist: Junge Leute für die Kongresswahl im November registrieren und zum Wählen motivieren. Jammal Lemy erzählt, was er auf der Tour erlebt hat:
    "Es gab alle möglichen Gefühle: Am 15. Juni haben wir in Chicago angefangen. Dort gab es Musik, die Leute sind aus ihren Häusern gekommen und mitgelaufen. Wir hatten viel Spaß. Drei Tage später waren wir bei Michael Browns Vater in Ferguson, Missouri. Wir haben dort gestanden, wo Michael Brown tot auf der Straße lag."
    Der 18-jährige Schwarze ist vor vier Jahren von einem weißen Polizisten erschossen worden. Jammal betont, dass die Schüler aus Parkland unbequem sein wollen. Sie wollen nicht einfach wieder zum Alltag übergehen nach dem Amoklauf, bei dem 17 Menschen getötet wurden.
    Emma González, Schülerin an der Stoneman Douglas High School, bei ihrer Rede auf dem "March For Our Lives" in Washington am 24. März 2018
    Emma González, Schülerin an der Stoneman Douglas High School, bei ihrer Rede auf dem "March For Our Lives" in Washington am 24. März 2018 (imago/UPI Photo)
    "Anführer, die wir Erwachsenen nicht gewesen sind"
    "Veränderungen kommen nicht, wenn sich die Leute bequem eingerichtet haben. Es ist Zeit, dass wir diese unbequeme Debatte haben und in den USA merken, dass wir ein Problem mit Waffen haben", sagt Jammal Lemy.
    Als sie in der Shiloh Baptist Church in Washington Halt machen, verneigt sich Pfarrer Thomas Bowen vor den jungen Leuten. Sie geben ihm Hoffnung: "Ich sehe sie nicht als die Anführer auf die wir gewartet haben. Ich sehe sie als die Anführer, die wir Erwachsenen nicht gewesen sind. Wir brauchen diese jungen Menschen."
    Sie reden nicht nur über Amokläufe, sondern darüber, was in den Straßen der USA jeden Tag passiert, wie viele Menschen durch Waffengewalt sterben. Dabei wollen sich die Schüler vor keinen politischen Karren spannen lassen. Sie ermutigen junge Menschen, den Mund aufzumachen, aufzustehen und die Welt zu ändern.
    Die Stoneman-Douglas-High-Schüler Emma Gonzalez, David Hogg, Cameron Kasky und Alex Wind bei einer Diskussion über Waffen.
    Die Stoneman-Douglas-High-Schüler Emma Gonzalez, David Hogg, Cameron Kasky und Alex Wind bei einer Diskussion über Waffen. (AP)
    "Wir können unsere Regierung ändern, wenn wir wählen"
    Lauren Hogg ist ermutigt von dem, was sie auf der Bustour erlebt hat: "Mit dem Funken, den wir entzündet haben, werden wir in diesem Land weniger Desinteresse an Wahlen bekommen. Vor allem bei jungen Leuten. Wir merken, dass wir unsere Regierung ändern können, wenn wir wählen. Wir müssen uns nicht mehr in den Sozialen Medien beschweren. Das ändert doch nichts."
    Am Sonntag war der letzte Stop der Bustour in der Nähe der Sandy Hook Grundschule in Conneticut, wo vor fünfeinhalb Jahren 20 Erstklässler bei einem Amoklauf getötet wurden. Morgen geht es für diejenigen, die wie Lauren noch nicht ihren Abschluss in der Tasche haben, zurück in die Schule. An die Stoneman Douglas Highschool. Aber einfach nur Schüler sein, das kann in Parkland wohl kaum noch jemand.