Vor der Hauptbühne stehen Fernsehkameras. Shootingstar Sam Smith spielt hier, Namensvetterin Patti Smith, der Norweger Bernhoft bringt die Leute mit Elektro-Soul auf Trab.
Fast wirkt es wie auf vielen Festivals: Aber Haldern ist anders: einen Kilometer vom Gelände entfernt spielen Bands in der Pop Bar. Eine Dorfkneipe mit roten Lämpchen über der Theke, auf der Bühne ist ein alter Teppich ausgerollt. Draußen auf dem Platz davor gibt es Bier und Bänke. Hier hatte die Pragerin Sara Vondraskova gerade ihren einzigen Auftritt im Ausland:
"Das war eine der besten Konzerterfahrungen, die wir hatten. Die Leute hören wirklich zu. Die genießen die Musik und laufen nicht nur vorbei. Das gibt es nicht oft auf Festivals."
Vielleicht wird Saras Bandname "Never Sol" noch groß raus kommen. Dafür ist die Pop Bar mittlerweile bekannt. Musiker spielen hier das ganze Jahr über. Ihr Ziel: ein Auftritt beim Festival.
"Immer junge aufstrebende Künstler. Zum Beispiel der George Ezra war vor zwei Monaten hier, Philipp Poisel hat hier angefangen. Gibt's einige, die hier aufgetreten sind und ein Jahr später waren sie auf einmal im Radio und füllen große Konzerthallen."
Dorfkirche als Festivallocation
Selbst die Dorfkirche gleich gegenüber wird an Festivaltagen zur Konzertlocation.
"Alle sind so in sich gekehrt, sind so mit der Musik dabei, das finde ich ist da supertoll. Die Akustik in der Kirche an sich ist halt sehr angenehm. Alle sind halt irgendwie ruhig und es ist sehr andächtig."
Entlang der Landstraße zwischen Dorf und Festivalgelände pendeln Besucher in Gummistiefeln. Neben den Absperrungen am Eingang stehen Radfahrer und Spaziergänger mit Hunden.
"Wir waren zwei Mal in der Kirche, haben alles gesehen. Wir waren bis da vor dem Tor. Aber die teuren Karte haben wir ja nicht. Wir hören zu. Das gehört dazu, wenn man Halderner ist, das man hier gucken geht. Das muss sein. Unsere Kinder haben mit aufgebaut in jungen Jahren. 31 Jahre ist das jetzt schon. Und ich weiß noch gut, dass meine Kinder nach Hause kamen und gesagt haben: Mutter, die Bands möchten nicht immer Brötchen essen, die möchten gerne was Vernünftiges. So eine Schüssel Kartoffelsalat haben wir gemacht. Oma lebte noch, die hat tüchtig mitgeholfen."
400 Menschen aus dem Dorf helfen ehrenamtlich mit, schenken Getränke aus, reißen Karten ab. Auf dem Campingplatz wird gegrillt, Sofas stehen herum, gemütliche Lager. Am Ende des Platzes liegt das Keusgen Tonstudio.
"Seit vier, fünf Jahren ist das so, dass hier auch Konzerte im Studio gemacht werden. Hier ist man ja so ein bisschen isoliert im Regieraum. Manchmal gehe ich da an den Eingängen ran und wenn ich dann manchmal so ein bisschen zu laut bin, dann gucken die mich alle so ein bisschen böse an. Die wollen nicht gestört werden und die finden das richtig genial und schwitzen. Da ist eine Hitze drin, kann man sich nicht vorstellen. Wir haben keine Klimaanlage - und die genießen das."
"Wirklich nur ein Raum, wo die Leute auf dem Boden sitzen, knapp einen Meter von der Sängerin entfernt und die singt ohne Mikrofon und haut's trotzdem weg."
"Ohne Elektronik quasi, richtig akustisch. Das fand ich richtig gut. Es wird total viel Gefühl transportiert. Man kann auch auf die Geschichten achten, die erzählt werden. Alle sind total aufmerksam. Der Raum ist so klein, man hört alles und deswegen sind alle ruhig und konzentrieren sich total auf den Augenblick."
Auf dem See Musik genießen
Es gibt auch Orte, die sich die Festivalbesucher selbst erobern - wie den kleinen See hinter dem Backstagebereich.
"Weil es ein total schöner Ausgleich ist zu diesem stickigen Festivalgelände. Und man auch von hier einfach großartig hören kann. Wir haben uns zum Beispiel vorgenommen, dass wir nachher unseren Kinderpool holen. Und dann wollen wir uns da reinlegen, auf dem See treiben und irgend einer Band zuhören."
Sänger Stefan Honig ist seit 14 Jahren Festivalstammgast. Er zeltet hier auf dem Campingplatz. Nach seinem ersten Auftritt in Haldern hat er diesmal auf der Hauptbühne gespielt.
"Ich kann sonst überall rumlaufen, ohne dass mich jemand erkennt. Aber in Haldern bin ich so ein bisschen Popstar. Ist lustig."
Und wer in Haldern schon Popstar ist, der darf hoffen.
"Das größte Beispiel ist, glaube ich, Mumford&Sons. Vor vier Jahren habe ich die im Spiegelzelt hier gesehen. Die kannte einfach noch niemand. Und das war ein unfassbar gutes Konzert. Und ein halbes Jahr später waren die halt riesengroß."
Letztlich geht es aber nur um eins, meint Haldern Pop-Gründer Stefan Reichmann.
"Dass die Musik hier im Mittelpunkt steht. Die ist im Prinzip das Medium, das alles miteinander verbindet. Große Künstler werfen natürlich auch große Schatten für die kleinen Künstler. Und insofern geht es nicht um den Superstar, damit wir die Wiese voll haben. Sondern wir wollen Leute mit Musik begeistern, die sie vielleicht gar nicht auf der Uhr haben."
- "Es ist einfach immer überall gute Musik. Darauf kann ich mich auch echt verlassen, dass, egal wo ich hingehe, es immer schöne Musik gab. Aber gleichzeitig die Atmosphäre einfach wichtiger ist, als der Künstler an sich."
- "Weil es halt intim ist und verhältnismäßig klein, nie die Leute einfach nur besoffen sind, sondern immer einfach einen ganz, ganz großen Respekt vor dem haben, was die Leute an Musik präsentieren."
- "Weil es halt intim ist und verhältnismäßig klein, nie die Leute einfach nur besoffen sind, sondern immer einfach einen ganz, ganz großen Respekt vor dem haben, was die Leute an Musik präsentieren."