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Hall of Fame
Ärger um Täve-Schur-Nominierung

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat 2006 eine virtuelle Ruhmeshalle im Internet installiert, die sogenannte "Hall of Fame". Darin werden deutsche Sportler und Persönlichkeiten des Sports geehrt, die durch Leistung, Fairplay und Haltung Vorbild geworden sind. Zu den fünf aktuellen Aufnahmekandidaten zählt auch DDR-Rad-Weltmeister Gustav-Adolf Schur. Das ruft Kritik hervor.

Von Thomas Purschke |
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    Der ehemalige Straßenrad-Weltmeister und Friedensfahrtsieger Gustav-Adolf "Täve" Schur schreibt im Friedensfahrtmuseum in Kleinmühlingen Autogramme. (picture alliance / dpa / Jens Wolf)
    Die Vorauswahl der fünf Kandidaten für die jetzige Jury-Wahl ist laut Sporthilfe in Abstimmung mit dem DOSB und dem Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) erfolgt. Die Vorschläge seien mit der nötigen Sorgfalt analysiert und auf Unbedenklichkeit überprüft worden. Doch an dieser Aussage der Sporthilfe gibt es erhebliche Zweifel.

    Bereits im Jahr 2011 stand der zweifache DDR-Rad-Weltmeister und Friedensfahrt-Sieger Gustav-Adolf 'Täve' Schur zur Aufnahme in die "Hall of Fame". Der Doping-Opfer-Hilfe-Verein Berlin protestierte damals massiv dagegen und Schur wurde nicht aufgenommen. Sechs Jahre später wird der inzwischen 86-jährige Schur nun von der Sporthilfe erneut zur Wahl vorgeschlagen. Obwohl dieser in der Vergangenheit Doping- und Mauer-Opfer weiterhin mehrfach verspottet hat.
    Von 1958 bis zum Ende der DDR, gehörte der SED-Genosse Schur der Volkskammer, dem DDR-Parlament an. Schur galt viele Jahre als einflußreicher DDR-Nomenklaturkader. Er war hochrangiger Funktionär des Deutschen Turn- und Sportbundes, nicht nur im Bezirk Magdeburg, sondern auch Mitglied des DTSB-Bundesvorstandes. Von 1998 bis 2002 saß er als Abgeordneter für die PDS im Bundestag. Bis heute zieht er durch die Lande und lässt in seinen Vorträgen die DDR samt deren Sportsystem hochleben.
    "Schlag ins Gesicht"
    Henner Misersky aus Thüringen, ein couragierter Antidopingkämpfer schon bereits in der DDR, der selbst vor fünf Jahren deshalb den Weg in die Hall of Fame fand, kritisiert die Sporthilfe: Dass Schur zum zweiten Mal auf der Agenda stehe, hält er für ziemlich dreist und ignorant. Schurs Nominierung, die Misersky ablehnt, sei der Tatsache geschuldet, dass Schur in der DDR zum Staatshelden aufgebaut wurde. Misersky findet gegenüber dem Deutschlandfunk deutliche Worte:
    "Diese Neuauflage ist ein Schlag ins Gesicht der vom Leistungssport in der DDR aus politischen Gründen Ausgegrenzten, der Dopinggegner und Opfer. Es gibt von Schur bis heute kaum ein positives Zeichen, sich mit deren Problemen oder der DDR-Diktatur kritisch auseinanderzusetzen."
    Recherchen im Stasi-Unterlagenarchiv hatten zudem vor Jahren schon ergeben: Bereits in der Ära Schur waren in der DDR-Friedensfahrtmannschaft auch klassische präanabole Dopingmittel eingesetzt worden, nämlich Aufputschmittel. Und zwar vom langjährigen DDR-Friedensfahrt-Arzt Siegfried Israel. In diesem Zusammenhang erwähnt der Sportmediziner Lothar Kipke alias Stasi-IM "Rolf", auch namentlich Gustav-Adolf Schur.
    Der Vorstands-Vorsitzende der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Michael Ilgner sagte indes bereits 2011 zur Personalie Schur: Die Sporthilfe stelle sich mit der Hall of Fame bewusst den Brüchen und Widersprüchen des deutschen Sports, man könne sie damit aber nicht beheben.
    Sporthilfe betreibt "Sakralisierung des kriminellen DDR-Sports"
    Die Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfe-Vereines, Ines Geipel erklärt aktuell dazu auf unsere Anfrage: "Wenn die Sporthilfe Schur jetzt um jeden Preis will, geht das Ganze nun auch alleinig auf das Konto der Sporthilfe. Denn sie flutet sehenden Auges ihre eigenen Richtlinien und betreibt letztlich nichts anderes als die Sakralisierung des kriminellen DDR-Sports. Das halten wir als DOH für völlig inakzeptabel. Es lässt die Ehrenhalle implodieren, beschädigt die Fairplay-Sportler, die schon drin sind. Aber es beschädigt natürlich vor allem auch die Sporthilfe selbst. Wenn man das mal konsequent zu Ende denkt, gibt es jetzt eigentlich auch kein Argument mehr, warum nicht Stasi-Chef Erich Mielke beispielsweise posthum unter der Rubrik besondere Persönlichkeiten in die Hall of Fame aufgenommen wird. Schließlich hat er auch viel für die Entwicklung des DDR-Sports getan. Also hier wird es makaber."
    Sportlicher Erfolg allein reicht nicht
    Und auch die Publizistin Ellen Thiemann aus Köln, die in der DDR aufgrund eines gescheiterten Fluchtversuches im Dezember 1972, zunächst fünf Monate im Stasi-Knast in Berlin-Hohenschönhausen und im Anschluß zwei Jahre im Frauengefängnis Hoheneck ausharren musste, sieht die Person Schur ebenso kritisch:

    "Nein, nein, für eine Ehrung in der 'Hall of Fame' genügt es nicht, nur ein sportlich erfolgreicher Athlet gewesen zu sein. Die menschenverachtenden Sprüche eines Täve Schur bezüglich der Mauertoten, Zehntausender politischer Häftlinge und unzähliger Dopinggeschädigter dokumentieren seine erschreckende Verblendung zur DDR-Diktatur. Ihm fehlt doch jegliche Vorbildfunktion mit ethisch-moralischem Anspruch. Seine anhaltende Propaganda für das untergegangene System stellt eine Verhöhnung der Opfer dar. Das kann man weder ignorieren noch honorieren."