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Hamburg
Flüchtlinge im Nobelviertel

Nach mehrmonatiger Verzögerung kommen jetzt knapp 200 Flüchtlinge in den Hamburger Nobelstadtteil Harvestude. Das sind nicht gerade viele, aber wichtiger als die Zahl ist wohl das Signal, das an die anderen Stadtteile der Hansestadt ausgeht.

Von Axel Schröder |
    Zimmer für Flüchtlinge in Hamburg-Harvestehude
    Zimmer für Flüchtlinge in Hamburg-Harvestehude (Foto: Axel Schröder)
    Kleine weiß getünchte Villen säumen die schmale Straße, auf dem Kopfsteinpflaster parken teure Limousinen, zur Außenalster geht man keine fünf Minuten. Hier, im feinen Harvestehude, auf den Sophienterrassen, werden in den nächsten Tagen 190 Flüchtlinge einziehen, vor allem Familien. Acht Monate lang hatten die Klagen dreier Anwohner das Projekt gestoppt. Und noch immer gibt es Skepsis gegenüber dem Projekt: "Ich könnte mir denken, dass die sich hier vielleicht nicht so wohlfühlen. Weil ihnen das zu edel ist, die Umgebung." – "Es wohnen ja hier auch ganz normale Menschen. Familien mit kleinen Kindern und Witwen und so weiter. Und von vornherein wurde einfach bestimmt, dass hier ein Flüchtlingsheim hinkommt und statt mit ihnen gemeinsam hier etwas auf die Beine zu stellen, wurde das einfach von oben bestimmt. So!"
    Am Mittwoch werden die ersten Flüchtlinge in den lang gestreckten dreistöckigen Bau einziehen. Ein halbes Jahr haben die Umbauarbeiten gedauert. Rembert Vaerst, Chef des städtischen Betreibers "Fördern und Wohnen" ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis: "Wir sind natürlich sehr froh, dass wir diese Einrichtung jetzt in Betrieb nehmen können. Wir sind in einer Zeit, wo wir Einrichtungen möglichst früh in Betrieb nehmen, weil wir einfach viele Plätze brauchen, um die schwierigen Situationen, die wir in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen für die Flüchtlinge haben, möglichst schnell zu beseitigen."
    "Paten" wollen Flüchtlingen helfen
    Vor anderthalb Jahren, als die Pläne für die Unterkunft bekannt wurden, hatten drei Nachbarn Klage gegen das Projekt eingereicht. Das Hamburger Verwaltungsgericht gab ihnen Recht. Der Bezirk ließ nicht locker, änderte erst den Bebauungsplan und einigte sich dann mit den Klägern auf 190 statt 220 Neuankömmlinge im Viertel.
    Die Zimmer im Gebäude sind spartanisch eingerichtet: ein Tisch, drei Stühle, drei Betten, drei schmale Schränke, eine kleine Küche. Die Vorhänge fehlen noch. Es riecht nach frischer Farbe. Auch Hendrikje Blandow-Schlegel, Rechtsanwältin, Bürgerschaftsabgeordnete und Anwohnerin, freut sich, dass es endlich losgeht. Sie ist Gründungsmitglied der "Flüchtlingsinitiative Harvestehude". "Die ersten Aktivitäten, die an den Start gehen, ist die Teestube, die täglich geöffnet ist. Parallel dazu die Kinderbetreuung und die ebenfalls parallel angebotenen Ausflüge in die Umgebung vom Stadtteil, wo wir alle Spielplätze anlaufen werden. Aber auch natürlich die Einkaufsmöglichkeiten, wo wir Spaziergänge machen zum Bezirksamt. Wir haben allerdings auch eine Umgebungskarte erstellt und gehen davon aus, dass viele auch selbstständig loslaufen." 200 Unterstützer stark ist die Flüchtlingsinitiative Harvestehude. Den Flüchtlingen, die das wollen, werden Paten zur Seite gestellt. Die sollen helfen, sich in Hamburg, im Viertel, bei der Arbeitssuche zurechtzufinden.
    Wichtiges Signal an andere Stadtviertel
    Bevor am Mittwoch die ersten Flüchtlinge ins Nobelviertel ziehen, konnten sich auch die Nachbarn die Unterkunft ansehen. "Ich finde, es ist gut gelöst. Es ist alles hell und freundlich und auf Familien zugeschnitten. Was ich eben ganz wichtig finde: dass es Familien werden und nicht viele alleinstehende Männer, vor denen man Angst haben muss. Möglicherweise. Insbesondere nach den Vorfällen von Silvester und dem, was man täglich in der Zeitung liest. Dass Einsätze gefahren werden müssen wegen Schlägereien, hätte ich da schon Angst."
    Aber mit dem Einzug von jungen Familien wird es diese Probleme nicht geben, hofft die Harvestehuderin. Ihre Nachbarin sieht es ähnlich: "Ich erinnere mich an meine eigenen Zeiten. Als ich Flüchtling war. Und zwangseinquartiert wurde hier in Hamburg. Und sehr liebevoll aufgenommen worden bin. Deswegen finde ich das auch sehr schön, dass die Flüchtlinge auch eine so schöne Unterkunft in einer so schönen Gegend haben und einen großen Freundeskreis, der sich auch um sie kümmert! Das ist ein ganz großes Glück für die Leute, die eine so schwere Zeit hinter sich haben. Das kann ich sehr gut verstehen."
    Die Unterkunft in den Sophienterrassen gehört mit ihren 190 Bewohnerinnen und Bewohnern zu den kleineren Hamburger Einrichtungen. Wichtig ist sie vor allem als Signal in andere Stadtviertel: "Seht her, nicht nur bei Euch, auch im reichen Harvestehude werden Flüchtlinge einquartiert!"