"Dieses Schaubild ist ein bisschen beladen. Dich interessiert jetzt eigentlich nur dieser Weg! – OK. – Du stehst erst mal hier: mittlerer Schulabschluss, der liegt vor bei dir. Strebst eine betriebliche Ausbildung an im Einzelhandel."
Die Berufsberaterin Patricia Lobscheid nimmt sich Zeit. Zeigt ihrer Kundin, der 19jährigen Leila Taverdi ein Diagramm, das ihr den Weg zum Traumjob aufzeigt. „Gestalterin für visuelles Marketing“ will Leila werden, das wusste sie schon nach den ersten Gesprächen in der Jugendberufsagentur in Hamburg-Altona. Wie sie das werden kann - mit einer Ausbildung und dem Fachabitur - das erklärt Patricia Lobscheid der jungen Kundin.
"Und jetzt habe ich auch schon Bewerbungen abgeschickt. Und jetzt warte ich halt, bis eine Antwort kommt. Aber ich bin guter Dinge. Weil ich denke, dass es da eher klappt."
Leila Taverdi verabschiedet sich. Im Gepäck: zwei Broschüren. Und das Angebot ihrer Beraterin, jederzeit wieder vorbeikommen zu können. – Nur um Jobvermittlung geht es beim Hamburger Modell der Jugendarbeitsagentur aber nicht. Genauso wichtig ist Patricia Lobscheid und ihren Kollegen, die Situation der Ratsuchenden zu verstehen und – wenn nötig – Hilfestellung in fast allen Lebenslagen zu bieten. Zum Beispiel bei Leila Taverdis Wohnungssuche. Bisher lebt sie abwechselnd bei guten Freundinnen, eine eigene Wohnung kann sie sich vom kleinen Aushilfsjob in einem Schuhgeschäft nicht leisten.
"Aber natürlich sucht sie natürlich noch ein Eigenheim, eine Wohnung. Und so kam es dann, dass ein Kontakt eben zu Herrn Hasenbein, unserem Straßensozialarbeiter vom Bezirk hergestellt werden konnte. Einfach, um sie aufzufangen, damit sie eben nicht abrutscht. Leila ist auch eine sehr tolle, sehr starke Person - sie hat ja doch schon in ihrem junge Alter sehr, sehr viel erlebt. Aber von diesen ganzen Angeboten wusste sie gar nicht."
Jetzt arbeiten alle Stellen unter einem Dach zusammen: Das Jobcenter ist gleich nebenan, genauso wie Lobscheids Kollegen von der Jugendberufshilfe. Die Schulen sind mit eingebunden, das Sozialamt, die Wohngeldstelle.
"Und wir waren doch ein bisschen voneinander losgelöst. Und jetzt sitzen wir zusammen und arbeiten auch miteinander. Das ist einfach das Neue, was es so vorher noch nicht gab. Ich sag mal: Vielleicht hat jeder auch ein bisschen sein eigenes Süppchen gekocht?"
Flächendeckendes Angebot
Im April dieses Jahres kamen knapp 600 Jugendliche in die Agentur, im Juli waren es schon 1.500. Initiiert hat das Projekt „Jugendarbeitsagentur“ der Hamburger Senat gleich nach Amtsantritt. Bürgermeister Olaf Scholz, schon als Bundesarbeitsminister mit dem Problem Jugendarbeitslosigkeit befasst, holte alle Beteiligten an einen Tisch, trieb sie an, die Idee umzusetzen. Seit Mittwoch besteht das Angebot nun flächendeckend im Stadtstaat. Nach der feierlichen Eröffnung der siebten Agentur in Hamburg-Bergedorf. Anwesend: der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz:
"Es ist eben nicht nur die Aufgabe, jemandem mit einem Zettel zu entlassen, wo draufsteht: „Schulabschluss“. Sondern wir müssen auch wissen: Wie geht es hinterher weiter? Damit es mit dem Start in das berufliche Leben die eigene unabhängige Lebenszukunft auch gelingen kann."
Hochzufrieden mit dem Betrieb der Jugendberufsagenturen ist Scholz. Und damit, das ihr Konzept in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD aufgenommen wurde. Das „Hamburger Modell“, so sieht es der Vertrag vor, soll Stück für Stück auch in anderen Bundesländern umgesetzt werden, als Blaupause dienen, erklärt Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit:
"Es ist Berlin, in dem wir fast vergleichbar eine Jugendberufsagentur in allen Bezirken einrichten wollen. Und es sind auch Flächenländer: Bayern, Baden-Württemberg, in denen diese - nicht ganz auf diesem Niveau - aber beginnend eingesetzt werden."
Und sogar aus Schweden, Russland und Kanada waren schon Arbeitsmarktexperten in Hamburg zu Gast, haben sich ein Bild gemacht von einem vielversprechenden Projekt.