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Hamburger Hafenarbeiter bangen um Jobs

Auf rund 100 Kilometer Länge soll die Elbe ausgebaggert werden, damit auch Containerschiffe der größten Kategorie in den Hamburger Hafen einlaufen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Arbeiten vorerst gestoppt. 160.000 Jobs rund um den Hafen stehen nun auf der Kippe.

Von Verena Herb |
    Um Punkt fünf vor zwölf setzt sich der Protestzug in Bewegung: Die rund 2000 Hafenarbeiter folgen einem Aufruf der Gewerkschaft ver.di – auch Vorstände und Geschäftsführer verschiedener Hafenunternehmen sowie Vertreter von SPD, CDU und FDP haben sich der Demonstration angeschlossen.

    Sie alle eint die Angst vor Beschäftigungsverlust. Sollte die Elbvertiefung nicht kommen, stehen viele Jobs auf der Kippe. 160.000 Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt vom Hamburger Hafen abhängig. Bernd arbeitet bei der HHLA, der Hamburger Hafen und Logistik AG – der 42-jährige befürchtet:

    "Dass ich meinen Job verliere. Das ist die größte Sorge. Und das ist die größte Sorge aller Kollegen. Denn wenn das Ganze verlagert wird, letztendlich die ganzen Schiffe nach Wilhelmshaven oder Bremerhaven gehen, dann ist der Standort Hamburg hier gefährdet."

    Bernd ist verärgert über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das dem Eilantrag von Umweltschützern gegen die Fahrrinnenanpassung stattgegeben hatte. Damit ist das Projekt erst einmal gestoppt. Wenngleich dies noch nicht das endgültige Aus für die Elbvertiefung bedeutet. Doch könnte es zu weiteren Verzögerungen, mancher fürchtet von bis zu vier Jahren, kommen, ehe mit den Baggerarbeitern begonnen werden kann. Das wäre viel zu spät für den Hafenstandort Hamburg – es muss bald etwas passieren, findet Detlef, ebenfalls Mitarbeiter bei der HHLA:

    "Weil die großen Schiffe sind alle gebaut. Und die können nicht nach Hamburg kommen, wenn das nicht gemacht wird."

    Die Anzahl der Frachtriesen mit Transportvolumen von bis zu 16.000 Standardcontainern steigt. Schon jetzt können viele Schiffe Hamburg nicht voll beladen und nur bei Flut anfahren. Deshalb soll die Elbe so vertieft werden, dass Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 14,5 Metern einlaufen können. Schon jetzt denken immer mehr Reeder, besonders in Asien, über einen Abzug ihrer Liniendienste aus Hamburg nach. Auch aus Verärgerung über die Verzögerungen und immer neuen Ankündigungen der Hamburger Wirtschaftsbehörde.

    Rotterdam und Antwerpen sind die größten Konkurrenten – auch der Jade Weser Port in Wilhelmshaven könnte zu einem Problem für Hamburgs Hafen werden, sagt Michael Bräuninger, Forschungsdirektor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts:

    "Im Augenblick ist dieser noch vergleichsweise klein. Auch die Hinterlandanbindungen fehlen. Aber langfristig wird er sicherlich zu einem Konkurrenten für den Hamburger Hafen."

    "Hamburg lebt vom Hafen" – steht auf einem der Plakate der Hafenarbeiter. Das kann Michael Bräuninger nur bestätigen:

    "Das muss nicht immer so bleiben. Wir können sicherlich uns auch vorstellen, dass sich die Stadt wegentwickelt vom Hafen. Aber es ist tatsächlich große Umstrukturierung dann notwendig. Wir brauchen dann nicht nur eine Umstrukturierung im Hafen, im Transportgewerbe sondern auch in der Industrie. Das ist ein sehr schwieriger und langwieriger Prozess."

    Von allen Seiten sind Gespräche zwischen Politik, Gewerkschaften und Umweltverbänden gewünscht – doch diese, das meinen viele, werden letztendlich nicht viel bringen. Die Befürworter der Fahrrinnenanpassung können von ihrer Zielvorgabe – Ausbaggern für einen Tiefgang von 14,5 Metern – nicht abrücken. Denn das würde ein komplett neues Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren nach sich ziehen. Die Konsequenz: ein weiterer Stillstand für viele Jahre. Wann das Leipziger Bundesverwaltungsgericht entscheiden wird, steht noch nicht fest.