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Hamburger SV im Abstiegskampf
Angst vor dem finanziellen Absturz

Dem HSV droht der erste Abstieg seit Bestehen der Bundesliga. Das wäre ein sportliches und auch ein wirtschaftliches Desaster – nicht nur für den Verein selbst. Auch die Staatskasse der Stadt Hamburg würde die Folgen des Abstiegs zu spüren bekommen.

Von Axel Schröder |
    Hamburgs Fans stehen nach Spielende enttäuscht auf der Tribüne.
    HSV-Fans stehen nach dem Ende eines Spiels enttäuscht auf der Tribüne. (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
    Noch tickt sie, die riesige Uhr im Hamburger Volksparkstadion. Noch zählt sie die stolzen Jahre, die Tage, Stunden und Sekunden, die der HSV bereits in der 1. Liga spielt. 51 Jahre und 271 Tage. Morgen könnte diese Ära vorbei sein. Und dann, so der Direktor des Hamburger Weltwirtschaft-Instituts Henning Vöpel, müsste der HSV mit massive Umsatzeinbußen rechnen:
    "Die Einnahmen eines Vereins kommen typischerweise aus dem Ticketverkauf. Daneben gibt es Fernsehrechte, die Vermarktung der Fernsehrechte, die dann natürlich auch den Vereinen zufließen. Und zum dritten natürlich die Sponsoren. Und es ist so, dass alle drei Einnahmequellen weniger werden. Sodass der HSV - oder: der Absteiger - in allen drei Kategorien, in allen drei Einnahmequellen direkt betroffen ist und dazu führt, dass man eben mit deutlich weniger Einnahmen zurechtkommen muss."
    Dabei hat der HSV schon heute enorme Schulden angehäuft. Vor allem der Einkauf neuer, vermeintlich wertvoller Spieler wie Rafael van der Vaart, schraubte die Schuldenlast auf fast 100 Millionen im vergangenen Jahr. Wolfgang Maennig, Professor für Sportökonomie an der Uni Hamburg, hält die Einnahmeausfälle durch einen möglichen Abstieg des Vereins aber für verkraftbar.
    "Ein Beispiel, wo so etwas passiert ist, ist Berlin. Da ist die Hertha abgestiegen in die 2. Liga. Dann wieder aufgestiegen. Aus dieser Erfahrung kann man für den HSV vorhersagen, dass sich die Zahl der Zuschauer, die ins Stadion kommt, gar nicht so wesentlich verringert. Wie viele befürchten. Allerdings wird der HSV wahrscheinlich nicht in der Lage sein, das gleiche Preisniveau für die Tickets aufrechtzuerhalten. Hertha hatte damals ungefähr einen Umsatzeinbruch von 20 Prozent."
    Dämpfer für das Stadtmarketing
    Das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut hat auch berechnet, wie die Stadt Hamburg vom Erstliga-Club und seinen Fans profitiert. Ein Drittel der Anhänger kommt direkt aus Hamburg, ein Drittel aus dem Umland. Ein weiteres Drittel bilden die Fans, die aus der ganzen Republik nach Hamburg reisen, um ihre Mannschaft beim Duell mit dem HSV zu unterstützen.
    "Es kommen Fans von Außerhalb, die anreisen. Die natürlich in einer Stadt wie Hamburg auch gerne mal über Nacht bleiben. Ein Wochenende hier verbringen, Geld ausgeben. Sodass nicht nur der HSV direkt, sondern auch sehr viele angrenzende Branchen - Einzelhandel, Gastronomie, Hotelerie auch indirekt vom HSV profitieren. Und die wiederum zahlen natürlich Steuern, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Und insofern ist der HSV insgesamt für die Stadt Hamburg durchaus substanziell, was auch die Steuereinnahmen angeht."
    Unterm Strich fließen so durch den HSV, seine Fans und die Schlachtenbummler anderer Vereine rund 84 Millionen Euro jährlich in die Stadt. Welche Steuereinnahmen dadurch über Steuerzahlungen direkt in die Stadtkasse fließen, darüber gibt weder in der Finanz- noch in der Wirtschaftsbehörde Berechnungen. Viel gravierender als diese rein monetären Effekte, heißt es aus der Behörde, seien die Effekte eines Abstiegs für das Marketing einer Stadt, die sich selbst so oft ganz vorne sieht.