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HBL als Ziel der Stars
Was die Handball-Bundesliga zur besten der Welt macht

Das Selbstverständnis der deutschen Handball-Bundesliga (HBL) lautet: Wir sind die beste Liga der Welt. Im Dlf-Interview erklärt Michael Allendorf, Sportvorstand des hessischen Überraschungsteams MT Melsungen, was die deutsche Bundesliga so besonders macht.

Michael Allendorf im Gespräch mit Matthias Friebe |
Michael Allendorf, Sportvorstand der MT Melsungen (l.) und Spieler Adrian Sipos jubeln.
Sportvorstand Michael Allendorf (l.) hat bei der MT Melsungen ein schlagkräftiges Team zusammengestellt, das in dieser Saison bislang positiv überraschte. Er sieht die deutsche Handball-Bundesliga als international führend an. (IMAGO / Eibner / IMAGO / Eibner-Pressefoto / Roland Sippel)
Der Blick auf die aktuelle Tabelle der HBL dürfte so manchen Beobachter verdutzt zurücklassen. Zumindest die, die sonst Handball nicht allzu intensiv verfolgen. So hatte etwa der deutsche Rekordmeister THW Kiel Startprobleme, ist derzeit nicht unter den besten fünf Teams zu finden – dort mischt stattdessen etwa der VfL Gummersbach mit. Ebenfalls überraschend gut positioniert ist die MT Melsungen, die derzeit den Tabellenführer Füchse Berlin verfolgen.
Sportdirektor Michael Allendorf ist der Architekt des Erfolgs. Im Deutschlandfunk-Gespräch unterstrich er das Selbstverständnis der HBL als beste Liga der Welt: "Das trifft so zu. Vor allem die Ausgeglichenheit, die in der Bundesliga herrscht, die findet man nirgendwo anders in der Welt. Und wir sehen es ja gerade an den Ergebnissen. Es kann wirklich jeder jeden schlagen. Wir haben mit Sicherheit Top-Mannschaften in Frankreich, Polen, Ungarn oder Spanien. Aber dort ist überall die Liga bei Weitem nicht so ausgeglichen wie in Deutschland."
In den letzten zehn Jahren gab es in Deutschland vier unterschiedliche Meisterteams (Kiel, SC Magdeburg, Rhein-Neckar Löwen, SG Flensburg-Handewitt). Allendorf betonte aber mit Blick auf speziell diese Saison: "Die Liga ist so spannend wie nie zuvor."

Kristopans kam auch wegen der Liga nach Melsungen

Und das fungiert für international weniger bekannte Teams wie Melsungen auch als Hebel, um echte Top-Spieler für einen Schritt zu einem HBL-Klub zu begeistern. So verstärkte Allendorf die MT Melsungen vor der Saison mit den drei Neuzugängen Adrian Sipos (Veszprem KC/Ungarn), Erik Balenciaga (FENIX Toulouse/Frankreich) und Dainis Kristopans (Paris Saint-Germain/Frankreich).
Wie Allendorf im Dlf-Interview bestätigte, war etwa bei der Verpflichtung von Champions-League-Sieger Kristopans die Attraktivität der deutschen HBL ein Thema: "Das war tatsächlich auch ein Argument. Kristopans war vor einigen Jahren schon mal in Deutschland in der Liga. Er hat, glaube ich, ein knappes halbes Jahr für Berlin gespielt. Und er hat in den Gesprächen mit uns mehrfach betont, dass das damals alles andere als gut für ihn gelaufen ist. Und er will den Fans in Deutschland beweisen, dass er es auch in Deutschland schaffen kann."
Der lettische Rückraumspieler kennt außerdem den Trainer der MT Melsungen, Roberto Garcia Parrondo, mit dem er schon 2019 bei Vardar Skopje (Mazedonien) gemeinsam den Königsklassen-Titel gewann, gut. Auch international erfolgreiche Trainer zieht die deutsche Liga also an.

Melsungen-Manager lobt auch die 2. Bundesliga

Die HBL-Klubs können bei ihrer Strahlkraft auch auf Etats zurückgreifen, die insgesamt laut Frank Bohmann seit der Corona-Pandemie tatsächlich gestiegen sind. Das hatte der HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann schon vor der Saison im Interview mit "Handball inside" verraten. So seien die Etats von 115 Millionen Euro in der Vor-Corona-Saison 2019/20 auf 145 Millionen Euro gestiegen.
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Bei Melsungen ist zwar laut Allendorf "die Veränderung nicht so riesengroß", zudem muss sicherlich berücksichtigt werden, dass die Kosten für die Klubs im Rahmen der Inflation ebenfalls enorm gestiegen sind. Aber der Melsungen-Manager erklärte: "Natürlich haben wir einen neuen TV-Partner mit DYN. Handball ist viel präsenter in den Medien. Man hat jeden Tag die Möglichkeit, Handball im Fernsehen zu schauen. Wir merken schon, dass die öffentliche Wahrnehmung vom Handballsport insgesamt deutlich größer geworden ist."
Anteil an dieser Stärkung der 1. Liga habe laut Allendorf auch der Unterbau: "Ich muss auch sagen, in der 2. Liga wird hervorragende Arbeit von den Vereinen gemacht, das ist über Jahre hinweg gewachsen. Das ist wirklich super professionell alles geworden. Wir sehen es dieses Jahr: Die Aufsteiger sorgen auch für Furore. Was Eisenach und Balingen da gerade machen, das ist schon bemerkenswert."

Schritt in 1. Liga für junge Talente anderswo leichter

Womit auch das Thema Nachwuchsarbeit einhergeht. Allendorf bescheinigte Deutschland im Allgemeinen einen guten Job in der Jugendförderung – die U21 holte jüngst den Europameistertitel im eigenen Land. Doch in der 1. Liga stehen auch viele internationale Stars ganz vorne im Rampenlicht.
Der Melsungen-Manager räumte ein: "Aber natürlich ist es so, dass Nachwuchspieler, die 17, 18, 19 sind, talentierte Spieler – für die ist der Schritt in die 1. Liga in Dänemark, Frankreich, Ungarn, Polen natürlich leichter als hier in Deutschland."