Talentförderung im Handball
Was für und gegen ein "Team Deutschland" in der HBL spricht

Bob Hanning will für U21-Spieler ein "Team Deutschland" in der Handball-Bundesliga (HBL) einführen. Das würde für die anderen Klubs bedeuten, junge Talente an einen direkten Konkurrenten abzugeben. Melsungen-Manager Michael Allendorf findet die Idee spannend, aber noch nicht zu Ende gedacht.

Michael Allendorf im Gespräch mit Christian von Stülpnagel |
Bob Hanning, Trainer des Handball-Zweitligisten VfL Potsdam und Geschäftsführer des Bundesliga-Klubs Füchse Berlin, blickt konzentriert drein.
Als Möglichkeit für eine bessere Förderung deutscher Handballtalente hat Bob Hanning ein "Team Deutschland" beim VfL Potsdam (derzeit noch 2. Liga) vorgeschlagen, das nur mit Nachwuchshoffnungen um den Klassenerhalt in der HBL spielt. (picture alliance / Noah Wedel / Noah Wedel)
Die MT Melsungen gehört zu den Überraschungsteams in der Handball-Bundesliga (HBL). Manager Michael Allendorf hat ein schlagkräftiges Team zusammengebaut, im Kader stehen aber auch junge Spieler wie Manuel Hörr (Rückraum) und Florian Drosten (Außen), beide 20 Jahre alt. Sie waren im letzten Sommer als 19-Jährige noch nicht Teil der U21-Weltmeister-Mannschaft, tasten sich in der HBL als stärkster Liga der Welt ran, gehören nicht zu den Spielern mit viel Einsatzzeit.
Diese Einsatzzeit für Talente will Bob Hanning, aktueller Trainer des VfL Potsdam und Geschäftsführer der Füchse Berlin, erhöhen. Seine Idee: Ein "Team Deutschland" bei seinen Potsdamern, mit denen er in die Bundesliga aufsteigen will. Sollte dem Zweitliga-Tabellenführer der Aufstieg gelingen, könnte dort ein Team aus U21-Talenten um den Klassenerhalt spielen.

Team für deutsche Handballtalente "sicher kein Nachteil"

Melsungen-Manager Allendorf findet die Idee grundsätzlich spannend, aber noch nicht zu Ende gedacht. Er sagte im Deutschlandfunk-Gespräch: "Ich finde es gut, dass es Lösungsansätze gibt, um unsere Nachwuchs- und U21-Spieler zu fördern und zu fordern. Allerdings fehlen mir dazu noch die konkreten Details. Die müssten erstmal mit allen Beteiligten besprochen werden."
Michael Allendorf (l.), Sportdirektor des Handball-Bundesligisten MT Melsungen, steht neben Trainer Roberto Garcia Parrondo an der Seitenlinie.
Michael Allendorf (l.), Sportdirektor des Handball-Bundesligisten MT Melsungen, begrüßt die Debatte um bessere Talentförderung im deutschen Handball. Er hat jedoch noch einige offene Fragen nach dem Vorstoß von Bob Hanning. (picture alliance / Eibner-Pressefoto / Eibner-Pressefoto - Roland Sippel)
Deshalb könne er auch nicht sagen, ob und wie viele Talente er zu einem deutschen Talente-Team nach Potsdam abgeben würde. Hanning warb in seinem Konzept dafür, U19- und U21-Spieler für ein Jahr auf Leihbasis zum VfL wechseln zu lassen.
Prinzipiell glaubt Allendorf an ein solches Modell: "Wir haben auf Rechtsaußen zum Beispiel Dimitri Ignatow, den wir nicht nach Potsdam, aber nach Essen in die 2. Liga ausgeliehen hatten. Und er hat sich da wirklich zum gestandenen Bundesligaspieler entwickelt. Wenn es jetzt einen Verein gibt, der dann auch noch in der 1. Liga spielt, der nur auf die jungen deutschen Spieler setzt, ist das mit Sicherheit kein Nachteil."

Auch andere Bundesliga-Klubs leisten gute Nachwuchsarbeit

Der Melsungen-Manager machte aber auch darauf aufmerksam: "Wenn wir in unseren eigenen Reihen ein riesengroßes Talent haben aus dem Nachwuchs, sind wir erstmal natürlich bestrebt, das bei uns weiter auszubilden und dass es bei uns den Sprung schafft." Einen direkten Konkurrenten zu stärken, liegt natürlich nicht im Sinne eines HBL-Klub-Managers.
In diese Kerbe schlug in seiner Reaktion auf Hannings Vorstoß auch HBL-Chef Frank Bohmann: "Es ist ganz sicher nicht im Sinne des Wettbewerbs, seine besten Talente an einen direkten Konkurrenten abzugeben. Konzentration ist prinzipiell nicht schlecht, aus den besten Nachwuchsspielern aber ein Team zu formen, das zudem im Wettbewerb zu anderen Wirtschaftsunternehmen steht, halte ich für problematisch. Bei anderen Bundesligisten wird schließlich auch sehr gute Arbeit geleistet."

Kritik am Zeitpunkt von Hannings Vorschlag

Allendorf begrüßte jedenfalls, dass Hanning sich mit der Nachwuchsförderung beschäftigt. Der MT-Manager betonte aber auch: "Vielleicht muss man drüber nachdenken, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, kurz vor unserer Heim-Europameisterschaft." Diese bewertete Allendorf als "Riesenmöglichkeit, eine Euphorie zu entfachen".
Auch Bohmann und Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), kritisierten den Zeitpunkt von Hannings Vorschlag. Gleichwohl sagte Michelmann dem Sportinformationsdienst jüngst: "Nach dem Turnier werden wir uns aber ganz sicher mit den Plänen auseinandersetzen."