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Handball, Volleyball und Eishockey in der Zwangspause
Teamsportarten hoffen auf Hilfe durch Politik

Handball, Volleyball, Eishockey: Die Ligen der Sportarten pausieren in Deutschland. Eine Rückkehr in den Wettkampfbetrieb ist schwierig, aber ohne Zuschauereinnahmen droht den Vereinen die Pleite. Drei Funktionäre erhoffen sich daher im Dlf einen Notfallfonds vom Bund, um die Einbußen auszugleichen.

Ein Gespräch mit Jennifer Kettemann, Daniel Sattler und Gernot Tripcke |
Bälle verschiedener Sportarten in einem Schrank.
Die Bälle der Teamsportarten ruhen in der Coronakrise. (imago images / Jürgen Schwarz)
Es habe in der Vergangenheit an gemeinsamer Lobbyarbeit der kleineren Teamsportarten gemangelt. So sieht es Jennifer Kettemann, Geschäftsführerin des Handball-Bundesligisten Rhein Neckar Löwen: "Die Coronakrise bringt uns dazu, mehr zusammenzurücken."
Eine Besonderheit würden Handball, Volleyball und Eishockey teilen: Alle sind Hallensportarten. Da sei es eine spezielle Herausforderung, in der Coronazeit wieder zurück in den Spielbetrieb zu kommen. Es sei wichtig, gegenüber der Politik mit einer Stimme zu sprechen, so Kettemann.
"Den Sport nicht ausbluten lassen"
Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), findet es verständlich, dass sich die Politik zunächst nicht um die einzelnen Sportarten gekümmert habe. In den vergangenen Wochen habe es aber Bewegung gegeben: "Man will den Sport nicht ausbluten lassen." Möglicherweise beschäftige sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung schon an diesem Dienstag (2. Juni 2020) mit Hilfen für den Sport.
Ein Thema sei zum Beispiel das Kurzarbeitergeld. Es werde darüber diskutiert, ob Sportler möglicherweise trotz des Kurzarbeitergeldes trainieren können sollen: "Einen Athleten können sie nicht vier Monate auf den Balkon setzen." Kredite zu bekommen, sei schwierig: "Profisportklubs sind in der Regel nicht auf Gewinne machen, sondern auf Gewinnen ausgerichtet."
Handball-Geschäftsführerin hat Spielern Finanzlage des Klubs offenbart
Daniel Sattler, Geschäftsleiter Organisation und Prokurist der Volleyball-Bundesliga (VBL), hält es für möglich, dass die Ligen mit reduzierten Sitzplatz-Angeboten wieder starten. Ein vollständiger Betrieb sei aber in diesem Jahr wohl nicht vorstellbar: "Da kann die Politik unterstützen und durch Schutzschirme entsprechende Einnahmeeinbußen kompensieren." Wichtig sei, dass es auf Bundesebene Hilfen gebe. Bei allen Bemühungen auf kommunaler und Länderebene gebe es sonst in den Ligen Wettbewerbsverzerrungen.
Sattler sieht bei den finanziellen Fragen auch die Spieler in der Pflicht: Sie müssten die Folgen der Coronakrise mit abfedern. Es gehe darum, "das System zu stabilisieren und nicht den individuellen Vorteil daraus zu ziehen". Kettemann berichtet, sie habe ihren Spielern Zahlen gezeigt, die sonst nur der Aufsichtsrat der Rhein Neckar Löwen zu sehen bekomme. Auch sie betont: "Es geht nicht darum, dass sich jemand bereichern möchte. Es ging um die Rettung der Rhein Neckar Löwen."
Handball-Torwart Johannes Bitter beim Spiel in der Handball-Bundesliga zwischen seinem Vereien, dem TVB 1898 Stuttgart, und dem  SC Magdeburg
Johannes Bitter über Spielergewerkschaften - "Viele erkennen, wie dringend notwendig dieses Instrument ist"
In der Coronakrise erkennen immer mehr Athleten den Vorteil von Spielergewerkschaften. Im Handball erfahre die Gewerkschaft enormen Zuspruch, erklärte Johannes Bitter von GOAL. Es gehe aber nicht darum "Krawall zu machen". Vielmehr wolle man einen Konsens finden, um die schwierige Zeit gemeinsam zu überleben.
In der Deutschen Eishockey-Liga hatte es hingegen Unmut gegeben, nachdem die DEL die Lizenzierung der Vereine mit der Auflage verknüpft hatte, dass alle Spieler zunächst auf 25 Prozent ihres Gehalts verzichten und nur bei wirtschaftlichem Erfolg ausgezahlt bekommen sollten. Daraufhin hatten mehrere Spieler die Gründung einer Interessensvertretung angekündigt. DEL-Geschäftsführer Tripcke zeigte sich dafür offen: Wenn eine solche Organisation den größten Anteil der Spieler vertrete, "dann erleichtert das sicher die Kommunikation".
VBL-Prokurist sieht kaum Möglichkeiten für Regeländerungen
Geisterspiele im Handball hält Kettemann für kaum vorstellbar: Der Sport lebe von Emotionen und von Ticket- und Sponsoreneinnahmen, so die Geschäftsführerin der Rhein Neckar Löwen. Auch DEL-Geschäftsführer Tripcke kann sich Geisterspiele nicht vorstellen. Die Einnahmen im Eishockey würden zu Dreiviertel durch die mit Spieltagen verbundenen Einnahmen zustande kommen: Ticketing, Merchandising, Catering und Sponsoring.
VBL-Prokurist Sattler sagt, ein weiteres Jahr ohne Wettkampfbetrieb würden die Volleyball-Vereine nicht überleben. Für die erste und zweite Liga könne es aber keine Regeländerungen geben, um Kontakte aus hygienischen Gründen zu reduzieren: "Entweder voll oder gar nicht." Möglich sei höchstens, die Netze mit Folien abzukleben, damit Spieler sich nicht durch die Netze hindurch gegenseitig anatmen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.