Archiv

Handelskonflikt USA gegen China
"Trump könnte sich übel verrechnen"

Im Handelsstreit zwischen den USA und China will die Regierung in Peking jetzt auf die 25-prozentigen Sonderzölle der USA mit Gegenmaßnahmen reagieren. Einen solchen Handelskrieg könne aber niemand gewinnen, sagte Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel im Dlf. Auch Europa werde nicht profitieren.

Rolf Langhammer im Gespräch mit Klemens Kindermann |
    Ein chinesischer Arbeiter begutachtet die Stahlproduktion in einem Werk in Qingdao, China.
    Bisher erheben die USA nur Zölle auf Stahl und Aluminium, Freitag könnten weitere folgen (picture alliance/ dpa / Han Jiajun)
    Klemens Kindermann: Der Handelsstreit zwischen den USA und China spitzt sich immer mehr zu. Wenn nicht noch eine Lösung in letzter Minute gefunden wird, treten morgen Sonderzölle der USA von 25 Prozent auf chinesische Importe in Kraft, und zwar in einem Umfang von 34 Milliarden US-Dollar. Ich kann dazu jetzt sprechen mit dem China-Experten Professor Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Herr Professor Langhammer, wie sehr wird die Wirtschaft Chinas von diesen Strafzöllen getroffen?
    Rolf Langhammer: Die Experten, meine chinesischen Kollegen erwarten, dass, solange es bei diesen 34 Milliarden bleibt, die Wirkungen sich sehr in Grenzen halten. Diese Größenordnung betrifft etwa 0,4 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Gemessen am Welthandel sind das 0,11 Prozent, das sind sehr geringe Größenordnungen. Geplant sind 50 Milliarden; die erste Tranche mit 34 Milliarden würde jetzt in Kraft treten. Sie betrifft vor allen Dingen den Export von Halbleiter-Industrien und Computer-Equipment nach USA. Das hält sich jetzt noch sehr in Grenzen. Aber wie gesagt: Es ist ja nur der Anfang und es könnte sein, dass weitere 16 Milliarden innerhalb von zwei Monaten dazukommen. Das würde dann schon erheblich mehr gezielt auf chinesische Produkte sein, die mit der chinesischen Industriepolitik für 2025 in Zusammenhang gebracht werden können, und dann steht ja noch, oder droht im Raum, eine viel größere Größenordnung von etwa 200 Milliarden. Aber wie gesagt: Bis jetzt, die 34 Milliarden sind Nadelstiche und noch nicht so bedeutend.
    Kindermann: China versucht ja seit geraumer Zeit, vom Massenexport gerade in die USA unabhängiger zu werden. Wie weit ist China da?
    Langhammer: Da ist China noch nicht so weit. Der Umbau einer investitions- und exportorientierten Wirtschaft hin zu mehr Innovation und Binnenkonsum, dieser Übergang, der lässt auf sich warten. Es ist natürlich auch so, dass jetzt zurzeit der Yuan eine gewisse Schwächeperiode erlebt. Er wertet ab gegenüber dem Dollar. Das wiederum erleichtert eher die Exporte und hilft der Exportindustrie. China ist beim Umbau seiner Wirtschaft noch ganz am Anfang. Die Konsumquote ist deutlich niedriger als in wichtigen Industrieländern. Da werden wir noch eine Zeit lang warten müssen, ob das gelingt, und das ist natürlich auch nicht ohne Friktion, denn es würde Arbeitslosigkeit in bestimmten Sektoren bedeuten, gerade in der Exportindustrie. Und der Übergang zu einer qualitativ hochwertigen Dienstleistungsgesellschaft, der lässt noch auf sich warten.
    "Einen solchen Handelskrieg kann niemand gewinnen"
    Kindermann: Der amerikanische Präsident Donald Trump hat erklärt, dass die USA den Handelskonflikt mit China gewinnen würden, weil China mit seinem 300 Milliarden Dollar hohen Handelsüberschuss mehr zu verlieren habe als die USA. Stimmt das eigentlich?
    Langhammer: Da könnte er sich übel verrechnen. Die beiden Volkswirtschaften sind eng miteinander verklammert. China ist ein großer Gläubiger der USA, sie halten sehr viele amerikanische Schulden. Auf der anderen Seite ist natürlich der chinesische Markt für amerikanische Unternehmen, gerade für Dienstleistungsunternehmen sehr, sehr wichtig. Er ist noch relativ geschlossen und wenn er sich öffnen würde, wären das große Chancen für die amerikanische Wirtschaft. Einen solchen Handelskrieg kann niemand gewinnen, verlieren beide. Und zu glauben, dass nur aufgrund des Handelsbilanzüberschusses der Chinesen, der übrigens geringer geworden ist im Vergleich zu den Vorjahren, die Amerikaner einen solchen Krieg gewinnen würden, das ist reichlich naiv.
    Kindermann: Könnte es sein, dass die Arbeit von US-Unternehmen in einem solchen Handelskrieg in China erheblich erschwert wird, zum Beispiel bei Zulassungsanträgen für Produkte?
    Langhammer: Ja, genau das ist das, was die Chinesen ja auch vorhaben. Sie könnten amerikanischen Unternehmen es sehr schwermachen, gerade im Dienstleistungsbereich tätig zu werden. Sie könnten ihnen Lizenzen entziehen und das alles ist möglich. Die Amerikaner wissen das und auch die, sagen wir mal, ernst zu nehmenden Ökonomen in den USA warnen Präsident Trump davor, diesen Handelskrieg wirklich weiter anzufachen, weil dann auch die amerikanische Wirtschaft erheblich leiden würde. Sie ist nicht nur eine reine binnenorientierte Wirtschaft, wie er immer glaubt, sondern sie ist auch eine exportorientierte Wirtschaft im Bereich der Dienstleistung. Da ist China ein riesiger Markt und wenn China den Zugang zu diesem Markt verbauen würde, dann würde es ein erhebliches Problem geben.
    Kindermann: Was ist noch zu erwarten? Wird China seine Währung abwerten, um Exporte zu erleichtern? Wird es Gegenzölle geben?
    Langhammer: Da ist doch eine erhebliche Schwäche zurzeit bei dem Wechselkurs und China will sicherlich nicht Präsident Trump ein weiteres Argument geben, nämlich eine Wechselkurs-Manipulation nach unten, um seine Exporte anzuregen. Das ist ja der Vorwurf, der in der Vergangenheit immer wieder geäußert wurde, dass die chinesische Währung unterbewertet ist. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Sie unterliegt zurzeit einer Schwäche, das kann auch mit der amerikanischen Geldpolitik zusammenhängen, die deutlich angezogen hat. Ich glaube nicht, dass die chinesische Regierung oder die Notenbank - aber die hängt ja an der Regierung - jetzt tatsächlich einen Kurs fahren würde, den Yuan künstlich zu verbilligen, um die Exportindustrie zu unterstützen. Das wäre Munition für Herrn Trump und das wissen die Chinesen.
    Kindermann: Aber Gegenzölle werden kommen?
    Langhammer: Gegenzölle werden kommen. Sie sind angekündigt, genau in dem Ausmaß, in dem die Amerikaner Zölle erheben, also wirklich Schritt für Schritt und "wie Du mir, so ich Dir". Und es betrifft vor allen Dingen Landwirtschaftsexporte der USA, also Sojabohnen. Das trifft natürlich gerade die Wähler in den Bundesstaaten, die Trump gewählt haben. Das haben die Chinesen sich genauso ausgedacht. Trifft natürlich auch die chinesischen Verbraucher, aber Sojabohnen kann man auch von woanders beziehen, beispielsweise aus Brasilien. Da wird kein großes Problem auftreten. Aber das ist natürlich eine gezielt politische Maßnahme gegen die Wähler in den USA, die Trump gewählt haben.
    "Wenn zwei Elefanten streiten, leidet das Gras"
    Kindermann: Könnte Europa Nutznießer des Handelsstreits sein? In die Richtung zielt ja auch das Projekt "Neue Seidenstraße".
    Langhammer: Nein! Nein, das sehe ich nicht. Ich sehe eher, dass europäische Unternehmen, die hier sowohl in den USA als auch in China investieren und von dort jeweils in die anderen Länder exportieren, auch darunter leiden werden. Es gibt ja ein indisches Sprichwort, das sagt: Wenn zwei Elefanten sich streiten, leidet das Gras. In diesem Fall würden auch Drittländer leiden. Dazu gehört die Europäische Union genauso und die europäischen Unternehmen. Es würden auch natürlich Anbieter aus Südostasien leiden, weil sie alle in diese grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten, in diese Lieferketten verflochten sind. Auch das ist eine große Gefahr als Folge dieses Handelskrieges. Das heißt, ich sehe nicht, dass europäische Unternehmen daraus Nutzen ziehen können.
    Die Seidenstraßen-Initiative ist natürlich zunächst einmal eine Initiative für chinesische Unternehmen, denn die werden die meisten Aufträge bekommen. Das hat natürlich auch den Hintergrund, in den erheblichen Überkapazitäten in der Grundstoffindustrie Chinas, die über den letzten Jahren aufgelaufen sind, also in der Zementindustrie und so weiter. Und da will China versuchen, durch die Initiative in der Seidenstraße diese Überkapazitäten abzubauen beziehungsweise im Export loszuwerden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.