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Handwerker-Betriebe
Meisterbrief bald wieder Pflicht?

Politiker fordern die Wiedereinführung der Meisterpflicht für bestimmte Handwerksberufe. Der teilweise Wegfall des Meisterzwangs habe zu Qualitätsverlusten geführt. Es gebe immer mehr selbstständige Raumausstatter oder Fliesenleger, die kaum ausbilden.

Von Theo Geers |
    Ein Mann im orangefarbenen T-Shirt verlegt große graue Fußbodenfliesen in einem Bad.
    Fliesenleger brauchen seit 2004 keinen Meisterbrief mehr (dpa / Patrick Pleul)
    Weniger Meister gleich weniger Ausbildung - dieser Zusammenhang wurde 2004, als die Meisterpflicht für mehr als 50 Handwerksberufe abgeschafft wurde, zu wenig beachtet. Doch die Gleichung gilt. Carsten Linnemann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, zieht daraus nur eine Erkenntnis: "Wir sehen heute objektiv, dass es ein Fehler war, in so vielen Berufen den Meisterbrief abzuschaffen."
    Dreimal so viel Fliesenleger wie vor 13 bis 14 Jahren
    Carsten Linnemann und Sören Bartol (SPD) - beide sind ihren Parteien auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende - wollen deshalb die Meisterpflicht 14 Jahre nach ihrer Abschaffung zumindest in einigen Gewerken wieder einführen. Linnemann begründet ihren Vorstoß mit einem Beispiel: "Wir haben heute dreimal so viel Fliesenleger wie vor 13-14 Jahren, aber kaum noch duale Ausbildung. Und die die Qualität leidet auch drunter. mit anderen Worten: Wir haben einen Qualitätsverlust und in einigen Gewerken auch einen signifikante Verringerung der Ausbildungszahlen. Das war damals nicht gewollt, da muss man sich ehrlich machen, heute ist es eingetreten - und deshalb müssen wir diesen Fehler revidieren."
    Die Statistik spricht für den Vorstoß. Seit Wegfall der Meisterpflicht 2004 hat sich die Zahl der Betrieb etwa bei Raumausstattern oder Fliesenlegern mehr als verdoppelt, die Zahl der Azubis ging um über ein Drittel zurück. Zwar bilden auch Meisterberufe wie Zimmerer, Bäcker oder Fleischer weniger Lehrlinge aus, aber hier war der Rückgang nicht so scharf wie in den Berufen ohne Meisterpflicht.
    Beim Zentralverband des Handwerks laufen Linnemann und Bartol - und das ist keine Überraschung - scheunengroße Tore beim ein. Bei immer weniger Meistern sei die Weitergabe von Wissen gefährdet, sagt Handwerkspräsident Wollseifer. Es drohe eine Dequalifizierungsspirale und damit das Gegenteil von dem, was gegenwärtig gebraucht werde, sprich mehr Fachkräfte. Andererseits: Ein Selbstläufer ist die Wiedereinführung der Meisterpflicht auch wieder nicht. Die Monopolkommission forderte schon 2006 die Abschaffung des Meisterzwangs und zwar für alle Gewerke, weil sie den Wettbewerb beschränke.
    EU-Freizügigkeit und der deutsche Meisterbrief
    Die Verhältnisse im Handwerk rechtfertigten keine Sonderstellung, auch die Sicherung der Ausbildung liefere keine hinreichende Begründung. Und für die EU-Kommission war und ist es immer noch ein Hemmnis für den Binnenmarkt, wenn etwa ein Franzose in Deutschland einen Handwerksbetrieb nur deshalb nicht gründen darf, weil ihm der deutsche Meisterbrief fehlt. Bei dessen Wiedereinführung für bestimmte Berufe muss also EU-Recht strikt beachtet werden, eine Ausnahme vom Recht auf Freizügigkeit müsste wohlbegründet sein.
    Das erklärt, warum auch Carsten Linnemann am Ende zugeben muss, dass die Rückkehr zur Meisterpflicht in so vielen Berufen auch wieder nicht die zu erwarten ist: "Am Ende des Tages werden es einige wenige und wahrscheinlich einige Gewerke aus dem Bau sein, vielleicht kommen einige noch hinzu, aber wahrscheinlich wird es das dann sein."