Tischlermeister Taskin Özcan und sein Geselle sprechen das Arbeitspensum für den Tag durch. Das Regal für den Kindergarten muss fertig werden, die Ladentheke für einen Imbissstand soll heute noch an den Kunden gehen. Der Auftragsbestand, sagt der 45-Jährige, reicht für die nächsten zwei Monate. Was danach kommt, wird sich zeigen. Nervös macht es ihn nicht.
"Nein, irgendetwas kommt immer. Ich wollte eigentlich immer mein eigener Chef sein. Irgendwann kam der Zeitpunkt und ich habe die Ärmel hochgekrempelt und habe gesagt, jetzt fange ich ein neues Kapital im Leben an."
Taskin Özcan kam 1990 nach Deutschland. 19 Jahre war er damals alt. In der Türkei, in Istanbul, hatte er sich zum Tischler ausbilden lassen. Drei Jahre lang, so lang wie hierzulande, ging er in die Lehre. Selbst Holzdübel, die es zu der Zeit längst abgepackt in deutschen Baumärkten zu kaufen gab, fertigte er in seiner Ausbildung noch eigenhändig an. Handwerklich konnte ihm keiner etwas vormachen, sein Gesellenbrief wurde in Deutschland dennoch nicht anerkannt. Taskin Özcan suchte sich andere Arbeit, verkaufte Getränke. Das war ihm auf Dauer zu wenig und er ging mit seinen Ausbildungspapieren zur Handwerkskammer Bremen:
"Da hat man mir zumindest einen Lichtblick gezeigt, wenn ich die Papiere übersetzen lasse, könnte man testen, wie mein Niveau ist. Man hat mir gesagt, wichtig ist, dass ich die Prüfung ablege."
Der Weg über eine deutsche Gesellenprüfung hätte jedem offen gestanden. Der berufliche Werdegang von Taskin Özcan blieb jedoch eine Ausnahme und wird auch, nachdem im April 2012 das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Kraft getreten ist, nicht zur Regel werden. Wer nach dem neuen Gesetz einen Antrag stellt, hat zumindest den Anspruch auf Beratung und Überprüfung. Metin Harmanci bearbeitet in der Handwerkskammer Bremen die einlaufenden Anfragen:
"Man hat sich eigentlich sehr viel mehr erhofft von den Gesamtzahlen. Es waren Überlegungen jährlich an die 30.000 Leuten, die man dann gewinnt von Leuten, die dann qualifiziert sind. Zurzeit ist es so, dass es aktuell an die 3000 Anträge gibt im ganzen Bund."
Die Zahlen beziehen sich auf das Handwerk. In Bremen waren es im ersten Jahr 55 Anträge - quer durch alle Gewerke: Friseure, Maurer, Sanitätsanlagetechniker, Kfz-Mechaniker. 18 Frauen waren darunter. Die Hälfte aller Anträge stellten Migranten aus der Türkei und aus Polen. In einem Drittel der Fälle erkannte Metin Harmanci den ausländischen Berufsabschluss an:
"Zwei Drittel nicht. Das hat was damit zu tun, dass relativ viele nach der Beratung den Antrag zurückziehen oder sie stellen ihn, aber es fehlen Unterlagen. Sie kommen der Aufforderung nicht nach, weitere Unterlagen beizubringen. Dann haben wir noch einen Teil, der wegfällt, wo es einfach nicht langt für eine Teil- bzw. für eine volle Anerkennung. Da braucht es noch Qualifizierungsmaßnahmen."
Vorgelegt werden müssen ein lückenloser Lebenslauf, die Berufsabschlüsse und Arbeitsnachweise jeweils im Original sowie beglaubigte Übersetzungen. Das ist vor allem denen, die aus einem Krisenland kommen, nicht immer möglich. Der Maßstab, der der Entscheidung zugrunde liegt, ist das duale Ausbildungssystem in Deutschland:
"Friseur hat eine duale Ausbildung, zumindest von der Form her, in der Türkei abgeschlossen, sprich auch betriebliche Anteile, die aber geringer sind als in Deutschland, zum Beispiel zwei Praktika pro Jahr über sechs Wochen. Das würde hier natürlich nicht reichen für eine duale Ausbildung. Wir sagen immer, mit betrieblichen Anteilen. Ansonsten, die Inhalte würden stimmen. Da stellen wir fest, da gibt es eine Lücke, dual passt nicht so ganz, wie sieht es denn aus mit der Berufserfahrung? Da gibt es dann so einen Schlüssel, wo wir sagen, man kann die Lücke schließen, wenn man das Anderthalbfache der Ausbildungsdauer betrieblich arbeitet und nachweist."
In Ländern wie Großbritannien, die eine duale Ausbildung nicht kennen, können sich die Immigranten in Ausbildungs- und Qualifizierungsmodulen weiterbilden und den Anschluss an heimische Standards finden.
Ein wenig flexibler sollte auch das deutsche Anerkennungsgesetz werden; hier müsste nachgebessert werden – da sind Handwerkskammer-Mitarbeiter Metin Harmanci und Tischlermeister Taskin Özcan einer Meinung:
"Gewisse Unterschiede gibt es sicherlich. Ich könnte nicht sagen, dass zumindest die damalige Ausbildung eins zu eins identisch mit der deutschen war. Allerdings sollte man das ein bisschen individuell betrachten. Wenn einer wie ich damals in der Lage ist, als Geselle zu agieren, dann sollte die Möglichkeit bestehen, gewisse Formalitäten wie Gesellenbrief, diese Chance müsste gefördert werden. Bei vielen heißt es, du hast keine Chance, komm, lass es. Viele geben auch viel zu früh auf."
Mit dem deutschen Gesellenbrief in der Hand war der Weg offen zum Meister und zum eigenen Chef, der nun seinerseits ausbilden darf. Drei Lehrlinge beschäftigt Taskin Özcan in seiner Tischlerei. Wer, wenn nicht er, kann beurteilen, ob es gerechtfertigt sei, dass ausländische Berufsabschlüsse hierzulande nicht anerkannt werden:
"Ich würde glatt behaupten, das deutsche Ausbildungssystem ist ganz oben angesiedelt. Daran zu kommen, ist natürlich schwierig, aber nicht unmöglich!"
"Nein, irgendetwas kommt immer. Ich wollte eigentlich immer mein eigener Chef sein. Irgendwann kam der Zeitpunkt und ich habe die Ärmel hochgekrempelt und habe gesagt, jetzt fange ich ein neues Kapital im Leben an."
Taskin Özcan kam 1990 nach Deutschland. 19 Jahre war er damals alt. In der Türkei, in Istanbul, hatte er sich zum Tischler ausbilden lassen. Drei Jahre lang, so lang wie hierzulande, ging er in die Lehre. Selbst Holzdübel, die es zu der Zeit längst abgepackt in deutschen Baumärkten zu kaufen gab, fertigte er in seiner Ausbildung noch eigenhändig an. Handwerklich konnte ihm keiner etwas vormachen, sein Gesellenbrief wurde in Deutschland dennoch nicht anerkannt. Taskin Özcan suchte sich andere Arbeit, verkaufte Getränke. Das war ihm auf Dauer zu wenig und er ging mit seinen Ausbildungspapieren zur Handwerkskammer Bremen:
"Da hat man mir zumindest einen Lichtblick gezeigt, wenn ich die Papiere übersetzen lasse, könnte man testen, wie mein Niveau ist. Man hat mir gesagt, wichtig ist, dass ich die Prüfung ablege."
Der Weg über eine deutsche Gesellenprüfung hätte jedem offen gestanden. Der berufliche Werdegang von Taskin Özcan blieb jedoch eine Ausnahme und wird auch, nachdem im April 2012 das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Kraft getreten ist, nicht zur Regel werden. Wer nach dem neuen Gesetz einen Antrag stellt, hat zumindest den Anspruch auf Beratung und Überprüfung. Metin Harmanci bearbeitet in der Handwerkskammer Bremen die einlaufenden Anfragen:
"Man hat sich eigentlich sehr viel mehr erhofft von den Gesamtzahlen. Es waren Überlegungen jährlich an die 30.000 Leuten, die man dann gewinnt von Leuten, die dann qualifiziert sind. Zurzeit ist es so, dass es aktuell an die 3000 Anträge gibt im ganzen Bund."
Die Zahlen beziehen sich auf das Handwerk. In Bremen waren es im ersten Jahr 55 Anträge - quer durch alle Gewerke: Friseure, Maurer, Sanitätsanlagetechniker, Kfz-Mechaniker. 18 Frauen waren darunter. Die Hälfte aller Anträge stellten Migranten aus der Türkei und aus Polen. In einem Drittel der Fälle erkannte Metin Harmanci den ausländischen Berufsabschluss an:
"Zwei Drittel nicht. Das hat was damit zu tun, dass relativ viele nach der Beratung den Antrag zurückziehen oder sie stellen ihn, aber es fehlen Unterlagen. Sie kommen der Aufforderung nicht nach, weitere Unterlagen beizubringen. Dann haben wir noch einen Teil, der wegfällt, wo es einfach nicht langt für eine Teil- bzw. für eine volle Anerkennung. Da braucht es noch Qualifizierungsmaßnahmen."
Vorgelegt werden müssen ein lückenloser Lebenslauf, die Berufsabschlüsse und Arbeitsnachweise jeweils im Original sowie beglaubigte Übersetzungen. Das ist vor allem denen, die aus einem Krisenland kommen, nicht immer möglich. Der Maßstab, der der Entscheidung zugrunde liegt, ist das duale Ausbildungssystem in Deutschland:
"Friseur hat eine duale Ausbildung, zumindest von der Form her, in der Türkei abgeschlossen, sprich auch betriebliche Anteile, die aber geringer sind als in Deutschland, zum Beispiel zwei Praktika pro Jahr über sechs Wochen. Das würde hier natürlich nicht reichen für eine duale Ausbildung. Wir sagen immer, mit betrieblichen Anteilen. Ansonsten, die Inhalte würden stimmen. Da stellen wir fest, da gibt es eine Lücke, dual passt nicht so ganz, wie sieht es denn aus mit der Berufserfahrung? Da gibt es dann so einen Schlüssel, wo wir sagen, man kann die Lücke schließen, wenn man das Anderthalbfache der Ausbildungsdauer betrieblich arbeitet und nachweist."
In Ländern wie Großbritannien, die eine duale Ausbildung nicht kennen, können sich die Immigranten in Ausbildungs- und Qualifizierungsmodulen weiterbilden und den Anschluss an heimische Standards finden.
Ein wenig flexibler sollte auch das deutsche Anerkennungsgesetz werden; hier müsste nachgebessert werden – da sind Handwerkskammer-Mitarbeiter Metin Harmanci und Tischlermeister Taskin Özcan einer Meinung:
"Gewisse Unterschiede gibt es sicherlich. Ich könnte nicht sagen, dass zumindest die damalige Ausbildung eins zu eins identisch mit der deutschen war. Allerdings sollte man das ein bisschen individuell betrachten. Wenn einer wie ich damals in der Lage ist, als Geselle zu agieren, dann sollte die Möglichkeit bestehen, gewisse Formalitäten wie Gesellenbrief, diese Chance müsste gefördert werden. Bei vielen heißt es, du hast keine Chance, komm, lass es. Viele geben auch viel zu früh auf."
Mit dem deutschen Gesellenbrief in der Hand war der Weg offen zum Meister und zum eigenen Chef, der nun seinerseits ausbilden darf. Drei Lehrlinge beschäftigt Taskin Özcan in seiner Tischlerei. Wer, wenn nicht er, kann beurteilen, ob es gerechtfertigt sei, dass ausländische Berufsabschlüsse hierzulande nicht anerkannt werden:
"Ich würde glatt behaupten, das deutsche Ausbildungssystem ist ganz oben angesiedelt. Daran zu kommen, ist natürlich schwierig, aber nicht unmöglich!"