Maximilian Schönher: Die Gamescom ist die lauteste Messe, die ich kenne, viel lauter als die Musikmesse in Frankfurt. Das liegt daran, dass Spiele nun einmal Wettstreit bedeuten. In dieser Halle wird am Bildschirm gekämpft, mit Schwertern, mit magischen Kräften und, wie bei der russischen Firma hier links, mit Panzern und Kriegsschiffen. Das ist optisch anspruchsvoll und akustisch heftig, also sehr laut. Diese Spiele laufen auf PCs mit starken Grafikkarten und auf sogenannten Konsolen, also Computern, die zu nichts anderem als zum Spielen da sind. Sie sind nach wie vor die tragenden Säulen der Computerspiele-Industrie, die in Deutschland allein über eine Milliarde Euro jährlich umsetzt. Aber die Umsätze bei diesen anspruchsvollen teuren "Boxed Games" gehen bereits zurück. Was dagegen wächst, ist das Genre der kostenlosen Browserspiele. Und besonders stark, mit ungefähr 50 Prozent Wachstumsraten, legen die Spiele für Smartphones zu, die "Mobile Games".
Manfred Kloiber: Maximilian Schönherr meldete sich für uns von der gamescom, der Daddel-Messe in Köln. Und weil das kurze Stück nicht alles sein soll über die Messe für Computerspiele, hat er sich aus dem Lärm verabschiedet und in eine ruhige Ecke verzogen. Maximilian Schönherr, Sie waren ja eigentlich auch gar nicht wegen der gamescom selbst auf dem Messegelände, sondern wegen der Game Developers Conference. Ist nun dieser Kongress oder die Messe selbst für Sie bedeutender?
Schönherr: Es ist eindeutig der Kongress, abgekürzt GDC. Der fand Anfang der Woche auch in Köln statt und war diesmal ganz besonders gelungen, mit einem sehr breiten Spektrum. Die Game Developers Conference fing mit dem Vortrag eines amerikanischen Spieleentwicklers an, der seit fünf Jahren in der Volksrepublik China lebt und dort "free 2 play"-Spiele herstellt und vertreibt, Jared Poigoda.
Kloiber: "Free 2 play" – das heißt ja kostenlos spielen, wie verdienen denn die Hersteller damit Geld?
Schönherr: Dadurch, dass die Spieler über diese niedrige Einstiegsschwelle – also kostenlos - hunderttausendfach angelockt werden. Wenn man sie erst einmal so weit hat, dass sie in dem Spiel drin sind, bietet man ihnen für wenige Cent Dinge an, die sie in dem Spiel schneller weiterkommen lassen: ein Schwert, ein Haus oder einen Zaubertrank. Diese Spiele sind im Westen, also bei uns und in Amerika, auch im Kommen, vor allem war hier Facebook die treibende Kraft. Die Chinesen fahren ganz besonders darauf ab. Der Markt ist dort so hart umkämpft, dass die Entwickler in den ersten zwei Wochen nach Veröffentlichung Gewinn machen müssen – also in den ersten zwei Wochen nach dem Release. Oder sie werfen dann gleich das nächste Spiel in den Topf. Der Topf sind in China außergewöhnlich viele Töpfe. Es ist nicht unüblich, dass ein neues Spiel innerhalb weniger Tage nach Veröffentlichung auf 200 Servern gefahren wird, also Rechenzentren, die dann einzelne Spielwelten darstellen. Und weil die Chinesen, so Jared Poigoda, das Glücksspiel und Zahlen lieben, gibt es dann Prämien für den ersten, der auf Server 99 spielt, der kann dann die Gilde auf Server 100 anführen. Und um da oben zu bleiben, also als Anführer einer Gilde, muss er schon ordentliche Beiträge zahlen. Und da sind wir bei den Haupteinkünften. Auch das war eine Neuigkeit in diesem Vortrag. Die Haupteinkünfte kommen nicht von den Mikrozahlungen der Massen an Spielern, sondern von etwa nur fünf Prozent der neuen Reichen in China. Hier sind monatliche Zahlungen von 100.000 Dollar ganz üblich.
Kloiber: 100.000 Dollar für einen Goldthron in einem Computerspiel?
Schönherr: Ja, die Chinesen, so Poigoda, halten das Leben für ungerecht, also ist ihnen die Devise geläufig: Pay to Win – zahle, um zu gewinnen, statt Play to Win, wie wir das ja hier verstehen würden. Also: Spiele, um zu gewinnen. Auch die Ästhetik ist eine andere als bei uns. Wer in dem Spiel groß ist, will sich auch groß am Bildschirm sehen. Da werden die Flügel des Haustierdrachens dann, wenn der ordentlich herangezüchtet wird, fast bildschirmfüllend. Man kann in den Spielen alles kaufen, sogar einen Bot, also einen künstlichen Spieler, der für einen selbst weiterspielt. Das hat in westlichen Spielen einen ganz unangenehmen Beigeschmack, und davon erzählte ein deutscher Spieleentwickler auch auf der Game Developers Conference gegen Ende.
Weiteres zum Thema:
Sonderseite zur gamescom
Manfred Kloiber: Maximilian Schönherr meldete sich für uns von der gamescom, der Daddel-Messe in Köln. Und weil das kurze Stück nicht alles sein soll über die Messe für Computerspiele, hat er sich aus dem Lärm verabschiedet und in eine ruhige Ecke verzogen. Maximilian Schönherr, Sie waren ja eigentlich auch gar nicht wegen der gamescom selbst auf dem Messegelände, sondern wegen der Game Developers Conference. Ist nun dieser Kongress oder die Messe selbst für Sie bedeutender?
Schönherr: Es ist eindeutig der Kongress, abgekürzt GDC. Der fand Anfang der Woche auch in Köln statt und war diesmal ganz besonders gelungen, mit einem sehr breiten Spektrum. Die Game Developers Conference fing mit dem Vortrag eines amerikanischen Spieleentwicklers an, der seit fünf Jahren in der Volksrepublik China lebt und dort "free 2 play"-Spiele herstellt und vertreibt, Jared Poigoda.
Kloiber: "Free 2 play" – das heißt ja kostenlos spielen, wie verdienen denn die Hersteller damit Geld?
Schönherr: Dadurch, dass die Spieler über diese niedrige Einstiegsschwelle – also kostenlos - hunderttausendfach angelockt werden. Wenn man sie erst einmal so weit hat, dass sie in dem Spiel drin sind, bietet man ihnen für wenige Cent Dinge an, die sie in dem Spiel schneller weiterkommen lassen: ein Schwert, ein Haus oder einen Zaubertrank. Diese Spiele sind im Westen, also bei uns und in Amerika, auch im Kommen, vor allem war hier Facebook die treibende Kraft. Die Chinesen fahren ganz besonders darauf ab. Der Markt ist dort so hart umkämpft, dass die Entwickler in den ersten zwei Wochen nach Veröffentlichung Gewinn machen müssen – also in den ersten zwei Wochen nach dem Release. Oder sie werfen dann gleich das nächste Spiel in den Topf. Der Topf sind in China außergewöhnlich viele Töpfe. Es ist nicht unüblich, dass ein neues Spiel innerhalb weniger Tage nach Veröffentlichung auf 200 Servern gefahren wird, also Rechenzentren, die dann einzelne Spielwelten darstellen. Und weil die Chinesen, so Jared Poigoda, das Glücksspiel und Zahlen lieben, gibt es dann Prämien für den ersten, der auf Server 99 spielt, der kann dann die Gilde auf Server 100 anführen. Und um da oben zu bleiben, also als Anführer einer Gilde, muss er schon ordentliche Beiträge zahlen. Und da sind wir bei den Haupteinkünften. Auch das war eine Neuigkeit in diesem Vortrag. Die Haupteinkünfte kommen nicht von den Mikrozahlungen der Massen an Spielern, sondern von etwa nur fünf Prozent der neuen Reichen in China. Hier sind monatliche Zahlungen von 100.000 Dollar ganz üblich.
Kloiber: 100.000 Dollar für einen Goldthron in einem Computerspiel?
Schönherr: Ja, die Chinesen, so Poigoda, halten das Leben für ungerecht, also ist ihnen die Devise geläufig: Pay to Win – zahle, um zu gewinnen, statt Play to Win, wie wir das ja hier verstehen würden. Also: Spiele, um zu gewinnen. Auch die Ästhetik ist eine andere als bei uns. Wer in dem Spiel groß ist, will sich auch groß am Bildschirm sehen. Da werden die Flügel des Haustierdrachens dann, wenn der ordentlich herangezüchtet wird, fast bildschirmfüllend. Man kann in den Spielen alles kaufen, sogar einen Bot, also einen künstlichen Spieler, der für einen selbst weiterspielt. Das hat in westlichen Spielen einen ganz unangenehmen Beigeschmack, und davon erzählte ein deutscher Spieleentwickler auch auf der Game Developers Conference gegen Ende.
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