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Hannover-Messe
5G-Anwendungen in der Praxis

Wir brauchen das 5G-Netz, so die Forderung von Industrieunternehmen auf der Hannover-Messe. Während die Mobilfunkanbieter gerade für die Frequenzen des neuen Mobilfunkstandards bieten, werden auf der Industrie-Messe konkrete Anwendungen gezeigt. Mancher Firmenchef kommt dabei ins Träumen.

Von Hilde Weeg |
Symbol für das 5G-Netz
5G-Aufsteller auf der Hannover-Messe (Christophe Gateau / dpa)
In Halle 16 schlägt das digitale Herz der Messe.
"Uns ist es hier gelungen, mit Nokia zusammen, mit Qualcom zusammen, ein Industrienetz hinzukriegen, wo Maschinen untereinander über ein 5G-Netz miteinander kommunizieren."
Erläutert der Geschäftsführer der Deutsche Messe Technology Academy, Thomas Rilke. Ein ehrgeiziger Klimmzug für die insgesamt rund 40 beteiligten Unternehmen. Für die Besucher wird dadurch nachvollziehbar, welche Revolution 5G für die Produktion bedeutet – auf den zweiten Blick. Denn hier schwenken und surren Roboterarme hin und her wie überall auf der Messe - aber ohne Kabel.
"Ich kann unheimlich viele Sensoren in industriellen Produktionsanlagen verbauen, weil ich nicht mehr verkabeln muss. Ich kriege unheimlich viele Sinne in eine Anlage, Intelligenz in eine Anlage und flexible Anwendungen."
Gleichzeitig steuern, bündeln und verarbeiten
5G, das bedeutet tausendfach höhere Datenkapazität bei hundertfach schnellerer Leistung. Mit Sender und Empfänger hat das nichts mehr zu tun. Mehr mit einem Nervensystem, das viele Informationen zeitgleich verarbeitet, bündelt und steuert. Kai-Uwe Modrich von Zeiss steht neben seiner Anlage, an der ein Roboterarm per Kamera ein Blechteil mit pulsierendem blauem Lichtstrahl abtastet.
"Streifenprojektionssensoren haben wir hier, wo wir Punktewolken erzeugen. Und damit können wir Geometrie-Elemente, die die Qualität widerspiegeln, erfassen."
Die Punktewolken bestehen aus hunderten Parameter zur Beurteilung der Qualität, die von der Kamera in Echtzeit erfasst und ausgewertet werden können. Die Daten können nicht nur die Produktqualität überwachen, sondern auch die Produktion. Ist etwas schadhaft oder läuft eine Spur ungenau, wird sofort reagiert.
Industrie sieht enorme Verbesserungspotentiale
Wie ein komplettes System mit solcher Technik aussieht, wird am Stand von Bosch-Rexroth gezeigt. Von links nach rechts werden vollautomatisch kleine Kisten vom Band abgenommen, zu einer Bearbeitungsstation gebracht und von dort zu einer Auslieferungseinheit gefahren. Der Strom kommt aus Induktionsschleifen am Boden. Jedes einzelne Teil ist mit Sensoren versehen, die gesamte Produktion wird per 5G überwacht.
"Wir konnten in eigenen Werken im Bereich der Logistik bis zu 30 Prozent und in der Produktion bis zu 25 Prozent Verbesserungspotential erzielen."
Erläutert Stefan Bastian von Bosch-Rexroth. Hier ist man besonders stolz auf die Software, die aus der permamenten Datenwolke sinnvolle Informationen generiert.
"Wir überwachen zum Beispiel auch den Transport von Waren vom Lieferanten bis zum Kunden und können zu jeder Zeit sagen, wo die Ware sich befindet und in welchem Zustand sie ist, sodass wir just-in-time und zeitnah Dinge liefern können."
"Ein Nervensystem, das wir brauchen"
Auf den zögerlichen Ausbau der Netz-Infrastruktur in Deutschland angesprochen, erklärt Boschrexroth-Vorstand Marc Wucherer:
"Wenn wir kein 5G-Netz haben, können wir diese Vision - die Industrie 4.0, factory of the future – nicht realisieren. Das ist das Nervensystem. Wir brauchen es."
Weil die Industrie aber nicht warten kann, bis die Frequenzen ersteigert und der Ausbau irgendwann in den nächsten Jahren realisiert wird, sind viele Unternehmen auf eigene Lösungen angewiesen. Andere Technologienationen sind schneller: In Japan soll zur Sommerolympiade 2020 das Netz bereits stehen.