Bundestrainer Hansi Flick ist neun Monate vor der Heim-EM entlassen worden. Das gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen Tag nach der 1:4 (1:2)-Blamage in Wolfsburg gegen Japan bekannt.
Gegen die Trennung könne man "keinen Einspruch" einlegen, sagte Günter Klein im Deutschlandfunk. Flick habe zu Amtsbeginn einen großen Vertrauensvorschuss zugesprochen bekommen, er habe "viel investieren" dürfen, habe sich entfalten dürfen. "Doch am Ende zählen die Ergebnisse und die haben ganz einfach gegen ihn gesprochen", sagte Klein, der beim Münchner Merkur als Chefreporter Sport arbeitet und die Biografie "Hansi Flick - Die Biografie. Leben und Karriere des Bundestrainers und Champions-League-Gewinners" verfasst hat.
Eine einfache Erklärung für Flicks DFB-Aus könne es nicht geben. Dafür müsse man tiefer schauen, sagte Klein. "Das, dass was Flick als Trainer einer Mannschaft geben kann und worin er gut ist, nicht das war, was diese Mannschaft gebraucht hat", sagte der Sportjournalist. Beim FC Bayern sei seine Menschlichkeit voll zum Tragen gekommen und seine Vergangenheit mit vielen Bayern-Spieler durch die gemeinsame Zeit beim DFB als Assistent unter Joachim Löw.
Die DFB-Elf bräuchte einen anderen Typ Trainer
"Jetzt bräuchte die Nationalmannschaft, die unter den strukturellen Problemen leidet, die der Verband aber auch die Klubs zu verantworten haben, die bräuchten halt jemanden, der vielleicht mehr ein Typ Jürgen Klopp ist, der einheizt, der eine Vision hat, der Hoffnung verleid. Den gibt es frei wahrscheinlich nicht auf dem Markt. Jedenfalls war Hansi Flick spürbar nicht der Mann, an den die Spieler dann geglaubt haben", sagte der Flick-Biograf.
Im Vorfeld der WM in Katar sei Klein auch eine kleine Veränderung bei Flick aufgefallen, dieser habe sich politisch in der Katar-Frage geäußert, auch machte er die Erkrankung seiner Ehefrau in einem Buch öffentlich. "Er war bemüht, mehr zu sein als der brave Hansi. Er hat sich bemüht eine Kontur zu bekommen", sagte Klein.
Einkaufspolitik der Vereine kritikwürdig, kein Vertrauen in deutsche Nachwuchsspieler
Der Journalist und Flick-Biograf zielte mit seiner Kritik am deutschen Fußball dabei nicht nur auf den DFB, sondern nahm auch die Vereine in die Verantwortung. "Wenn wir in die Bundesliga schauen, gibt es da Stürmer, Torjäger, die für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verfügbar sind? Da werden wir kaum etwas finden. Die Einkaufspolitik der Vereine ist so ausgerichtet, sie schauen in den französischen und englischen Nachwuchsakademien, was da an guten jungen Spielern ist und die Ausbildung der eigenen Quellen, die findet fast nicht mehr statt. Zwar so pflichtgemäß in den Nachwuchsleistungszentren, aber es wird diesen Spielern dann auch kein Vertrauen mehr entgegen gebracht."
Die Entlassung werde Flick zusetzen, mutmaßte Klein. "Es war ein Traumjob für ihn Bundestrainer zu werden. Seine Karriere hatte einen wunderbaren späten Schub bekommen. Er ist vom Assistenten zum ernstzunehmenden Cheftrainer geworden. Und jetzt muss er irgendwie den Weg zurück in die Bedeutungslosigkeit antreten."