Über Open Source und Open Hardware wird viel diskutiert. Oft ist Frage, wie offen sollen Projekte und Produkte überhaupt sein. Und so manches als offen deklarierte Projekt entpuppt sich bei näherer Betrachtung als teilgeschlossen, weil beispielsweise Treiber oder Programmteile nicht freigegeben werden. Ganz anders soll das Projekt "mangOH" werden. Das ist eine nicht kommerzielle Hard- und Software-Plattform für das Internet der Dinge und die Industrie 4.0. Und diese Plattform ist in jeder Hinsicht offen, erklärt Projektleiter Thibault Cantegrel, Direktor des Entwicklerprogramms beim Kommunikationstechnikausrüster Sierra Wireless.
"Es ist offen im eigentlichen Sinne. Zuerst das Design, dann alle Platinenpläne und die gesamte Hardware. So kann man unsere Platine einfach nachbauen. Und weil wir damit die Industrie anpeilen, haben wir unsere Hardware geschäftsfreundlich lizenziert. Wir nutzen die Creative Commons Attribution Lizenz. Die lässt alle Freiheiten. Nur eins ist Pflicht: Irgendwo in den Notizen des Produkts wollen wir genannt werden. Ansonsten: Kommerzialisiere es oder mach damit was immer du willst.
Zu mangOH gehören eine Hardware-Platine und die passende Entwicklungsumgebung namens Legato. Sie kann auf Linux- oder Windows-Systemen eingesetzt werden. Die Hardware ist eine Platine im Eurocard-Format. Die Bauform mit den Maßen zehn mal 16 Zentimeter hat sich zu einem Standard in der Elektrotechnik entwickelt – vor allem im industriellen Umfeld, dass von mangOH profitieren soll.
"Auf dem Board haben wir zwei Sockel für Applikationsprozessoren und Funkmodems, falls die genutzt werden sollen. Diesen Applikationsprozessor haben wir vom eigentlichen Board getrennt. So kann der Prozessor benutzt werden, der gefällt. Gerne den von uns, aber eben auch jeden anderen."
Verbindungsmodule zum Internet der Dinge
Dazu stellt die Platine übliche Anschlüsse wie USB und Netzwerk und einen Einschub für Speicher-Karten bereit. Dazu noch ein Steckplatz für Arduino-Erweiterungen. Was die Platine neben den CF3-Sockeln aber ausmacht, sind drei besondere Steckplätze. Sie heißen "IoT Connector slots" und sind Verbindungsmodule zum Internet der Dinge. Ein solcher IoT Connector kann zum Beispiel eine Platine für die drahtlose Kommunikation über WiFi, Bluetooth oder Zigbee sein oder auch die Verbindung zum Can-Bus herstellen, wie er in Autos eingesetzt wird. Platinen für weitere Verbindungen, die im Internet der Dinge viel genutzt werden, sind in Entwicklung – sowohl von Sierra Wireless als auch von Partnern. Davon hat das Projekt mittlerweile eine ganze Menge. Namhafte Firmen wie Texas Instrument oder Freescale beteiligen sich und bieten bereits passende Einschübe beziehungsweise Applikationsprozessoren an. Doch warum sollte die Industrie eigentlich dieses neue Board und nicht eines der bereits erhältlichen Open-Hardware-Boards nutzen? Thibault Cantegrel erklärt:
"Wenn wir über Open Hardware sprechen, denken die meisten Menschen an Arduino oder den Beagle Bone. Die sind für Bildungszwecke konzipiert. Es ist tolle Hardware, um damit zu spielen und zu experimentieren. Die Industrie braucht aber andere offene Hardware. Robuster, Hotplugging-fähig, im richtigen Format. Damit sollen dann neue Produkte entstehen. Und genau dafür ist unsere neue Art Open Hardware gedacht: um neue industrielle Produkte damit zu bauen."
Die Frage stellt sich, ob sich Sierra Wireless vom Projekt auch finanzielle Erfolge verspricht beziehungsweise ob es eine Art Werbung ist. Bevor er antwortet, grinst der Franzose breit.
"Natürlich ist das Marketing. Aber wir wollen damit eine Entwicklergemeinschaft aufbauen und befeuern. Es geht nicht darum, damit möglichst viel Geld zu verdienen. Wir bauen hier ein Ökosystem rund um dieses Open-Source-Projekt. Das ist kein Ding nur von unserer Firma. Das Projekt ist komplett unabhängig."