O-Ton Daniel Cohn-Bendit: "”Wissen Sie, die Sexualität eines kleinen Kindes ist etwas absolut Fantastisches. Bei den ganz Kleinen ist das etwas anderes, aber bei den Vier- bis Sechsjährigen, wissen Sie, wenn ein Kleines, fünf-, fünfeinhalbjähriges Mädchen beginnt, sie auszuziehen, ist das fantastisch. Es ist fantastisch, weil es ein Spiel ist, ein wahnsinnig erotisches Spiel.""
Dirk-Oliver Heckmann: Daniel Cohn-Bendit im Jahr 1982 in einer französischen Talkshow. Ihm und seiner Partei wurde und wird vorgeworfen, sich in den 70er- und 80er-Jahren für die Belange von Pädophilen eingesetzt zu haben, auch wenn Cohn-Bendit für sich in Anspruch nimmt, lediglich provoziert zu haben. In der Tat ist die Forderung nach Legalisierung im Jahr 1985 in Form eines Parteitagsbeschlusses der nordrhein-westfälischen Grünen verabschiedet worden. Kürzlich hat die Partei beschlossen, den Einfluss von pädophilen Aktivisten innerhalb der Grünen wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Das Zwischenergebnis, das gestern die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" veröffentlichte, besagt: ihr Einfluss war größer als bisher bekannt und er war nicht auf Nordrhein-Westfalen beschränkt und auch nicht auf die Grünen. Auch innerhalb der FDP ist es demnach zu Verirrungen gekommen.
Am Telefon dazu begrüße ich jetzt Rebecca Harms, sie ist Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Schönen guten Tag, Frau Harms.
Rebecca Harms: Guten Morgen.
Heckmann: Frau Harms, nicht nur im Landesverband NRW, auch in Bremen, in Hamburg, in Berlin und in Rheinland-Pfalz hat die Forderung nach Legalisierung pädophiler Handlungen Eingang in Wahlprogramme gefunden. Es ist also alles noch schlimmer, als zunächst befürchtet. Sind Sie überrascht?
Harms: Als erstes mal würde ich sagen, es war alles noch viel schlimmer, als wir das gewusst haben, auch gerade diejenigen, die erst später in die Partei eingetreten sind. Und das, was Franz Walter jetzt als Zwischenbericht vorgelegt hat, das zeigt, wie wichtig das ist zu klären, welche Beschlüsse es in den 1980er-Jahren bei den Grünen gegeben hat, wie die zustande gekommen sind und auch welche Folgen das gehabt hat. Weil, man muss das ja einordnen in eine gesellschaftliche Diskussion, die es in der Zeit offensichtlich in anderer Form gegeben hat als heute.
Heckmann: Wie ist das denn einzuordnen aus Ihrer Sicht?
Harms: Meiner Meinung nach ist das alles völlig unakzeptabel. Es ist ein großer Fehler, der offensichtlich in dieser ganzen Haltung, in dieser ganzen antiautoritären Haltung, in diesem Versuch, sexueller Befreiung anderen Raum zu verschaffen, der in diesem gesellschaftlichen Kontext stattgefunden hat. Aber – und das muss wirklich gesagt werden – Missbrauch von Kindern, das Ausnutzen von Schwachen, von Schwächeren oder Schutzbefohlenen zur Sexualität, das ist und war auch damals nicht akzeptabel und da ist offensichtlich etwas völlig aus dem Ruder gelaufen.
Heckmann: Ein schrecklicher Fehler, da ist etwas völlig aus dem Ruder gelaufen. Aber wie ist das zu erklären, dass das aus dem Ruder gelaufen ist?
Harms: Ich kann Ihnen das nicht erklären. Ich war in dieser Zeit überhaupt nicht aktiv innerhalb der Partei, war nicht Mitglied.
Heckmann: Sie sind1984 eingetreten?
Harms: Ich bin 1994 in die Partei eingetreten.
Heinemann:1994.
Harms: Ich habe aber eine sehr gute Freundin, Undine von Blottnitz, eine renommierte Grüne der ersten Stunde, und ich habe damals für sie gearbeitet und ich weiß, dass sie von vielen Parteitagen, in denen die Partei sich auf unglaubliche Art und Weise auch wieder falsch verstandener Antiautorität von der Indianerkommune hat terrorisieren lassen, und die Debatten, die eigentlich Undine von Blottnitz hätte führen wollen, die waren gar nicht möglich, weil die Indianerkommune mal wieder das Podium besetzt hatte. Also es hat in dieser Zeit Fehlsteuerungen gegeben. Es ist sehr gut, dass Franz Walter, ein kritischer Parteienforscher, auch gerade was Grüne angeht, diese Studie übernommen hat. Ich bin froh, dass die Partei diesen Schritt gegangen ist, und wir werden klären, welche Verantwortung für völlig falsches Verständnis für Pädophilie die Grünen haben.
Heckmann: Frau Harms, nicht erst in Lüdenscheid im Jahr 1985 gab es diesen besagten Parteitagsbeschluss, sondern bereits 1980 - das hat Franz Walter jetzt publiziert - …
Harms: Ja!
Heckmann: … hat eine entsprechende Forderung nach Legalisierung ins Grundsatzprogramm Eingang gefunden …
Harms: Ja.
Heckmann: …, nämlich pädophile Handlungen straffrei zu stellen. Und er hat auch herausgefunden, dass diese Forderung bis 1993 Bestand hatte. Wie kann das sein?
Harms: Ja, das ist eine gute Frage. Ich kenne diesen Zwischenbericht ja auch erst jetzt und ich kann nur wieder sagen, es ist gut, dass es diesen Zwischenbericht gibt. Wir haben die Studie als Partei in Auftrag gegeben, um uns genau mit diesem Kapitel der Grünen-Vergangenheit zu beschäftigen. Ich glaube, dass man innerhalb der Grünen auch lernen muss, sich mit Fehlern auseinanderzusetzen. Das ist aber nicht das erste Mal, dass wir das tun. Wir werden Schlussfolgerungen aus Bewertungen dann auch zu ziehen haben. Und für mich ist ein ganz wichtiger Aspekt dabei, dass wir unsere Haltung zu uns selber, dass wir die nicht sozusagen unter uns neu ausmachen, sondern dass wir das, was wir falsch gemacht haben, dass wir das genauso öffentlich und gesellschaftlich zur Debatte stellen, wie wir das mit anderen Themen auch machen.
Heckmann: Sehen Sie Anlass, sich bei den Opfern pädophiler Handlungen zu entschuldigen als Partei?
Harms: Wir haben das bereits mehrfach getan. Cem Özdemir oder Claudia Roth, unsere Bundesgeschäftsführerin, andere haben gesagt, auch Daniel Cohn-Bendit übrigens, wenn das, was wir da vertreten haben, wenn das, was mit unseren Worten angerichtet wurde, wenn das wirklich so schlimm ist, dann entschuldigen wir uns dafür. Aber das ist nach wie vor eine andere Qualität des Vorwurfs und der Entschuldigung, als wir das aus anderen Zusammenhängen kennen, denn bisher gibt es niemanden, der uns als Parteiorganisation vorwerfen kann, dass wir organisiert Pädophilie betrieben haben. Diese Vorwürfe gibt es gegenüber den Grünen nicht und die ergeben sich auch nicht aus dem Zwischenbericht von Franz Walter.
Heckmann: Frau Harms, auch gegenüber der FDP sind Vorwürfe jetzt vorgebracht worden. Ist das ein Umstand, der die grüne Partei entlastet?
Harms: Ich glaube, dass es nicht um Entlastung geht in dieser ganzen Auseinandersetzung, sondern dass es darum geht, dass man die Verantwortung, die man durch fehlgeleitete Debatten, falsch verstandene Politik des Antiautoritären, falsch verstandene sexuelle Befreiung oder auch falsche Entgrenzung, dass man diese Fehler, dass man die aufarbeiten muss und dass es nicht um wirkliche Entlastung geht.
Heckmann: Die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, war das, live hier im Deutschlandfunk. Frau Harms, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Harms: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Dirk-Oliver Heckmann: Daniel Cohn-Bendit im Jahr 1982 in einer französischen Talkshow. Ihm und seiner Partei wurde und wird vorgeworfen, sich in den 70er- und 80er-Jahren für die Belange von Pädophilen eingesetzt zu haben, auch wenn Cohn-Bendit für sich in Anspruch nimmt, lediglich provoziert zu haben. In der Tat ist die Forderung nach Legalisierung im Jahr 1985 in Form eines Parteitagsbeschlusses der nordrhein-westfälischen Grünen verabschiedet worden. Kürzlich hat die Partei beschlossen, den Einfluss von pädophilen Aktivisten innerhalb der Grünen wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Das Zwischenergebnis, das gestern die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" veröffentlichte, besagt: ihr Einfluss war größer als bisher bekannt und er war nicht auf Nordrhein-Westfalen beschränkt und auch nicht auf die Grünen. Auch innerhalb der FDP ist es demnach zu Verirrungen gekommen.
Am Telefon dazu begrüße ich jetzt Rebecca Harms, sie ist Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Schönen guten Tag, Frau Harms.
Rebecca Harms: Guten Morgen.
Heckmann: Frau Harms, nicht nur im Landesverband NRW, auch in Bremen, in Hamburg, in Berlin und in Rheinland-Pfalz hat die Forderung nach Legalisierung pädophiler Handlungen Eingang in Wahlprogramme gefunden. Es ist also alles noch schlimmer, als zunächst befürchtet. Sind Sie überrascht?
Harms: Als erstes mal würde ich sagen, es war alles noch viel schlimmer, als wir das gewusst haben, auch gerade diejenigen, die erst später in die Partei eingetreten sind. Und das, was Franz Walter jetzt als Zwischenbericht vorgelegt hat, das zeigt, wie wichtig das ist zu klären, welche Beschlüsse es in den 1980er-Jahren bei den Grünen gegeben hat, wie die zustande gekommen sind und auch welche Folgen das gehabt hat. Weil, man muss das ja einordnen in eine gesellschaftliche Diskussion, die es in der Zeit offensichtlich in anderer Form gegeben hat als heute.
Heckmann: Wie ist das denn einzuordnen aus Ihrer Sicht?
Harms: Meiner Meinung nach ist das alles völlig unakzeptabel. Es ist ein großer Fehler, der offensichtlich in dieser ganzen Haltung, in dieser ganzen antiautoritären Haltung, in diesem Versuch, sexueller Befreiung anderen Raum zu verschaffen, der in diesem gesellschaftlichen Kontext stattgefunden hat. Aber – und das muss wirklich gesagt werden – Missbrauch von Kindern, das Ausnutzen von Schwachen, von Schwächeren oder Schutzbefohlenen zur Sexualität, das ist und war auch damals nicht akzeptabel und da ist offensichtlich etwas völlig aus dem Ruder gelaufen.
Heckmann: Ein schrecklicher Fehler, da ist etwas völlig aus dem Ruder gelaufen. Aber wie ist das zu erklären, dass das aus dem Ruder gelaufen ist?
Harms: Ich kann Ihnen das nicht erklären. Ich war in dieser Zeit überhaupt nicht aktiv innerhalb der Partei, war nicht Mitglied.
Heckmann: Sie sind1984 eingetreten?
Harms: Ich bin 1994 in die Partei eingetreten.
Heinemann:1994.
Harms: Ich habe aber eine sehr gute Freundin, Undine von Blottnitz, eine renommierte Grüne der ersten Stunde, und ich habe damals für sie gearbeitet und ich weiß, dass sie von vielen Parteitagen, in denen die Partei sich auf unglaubliche Art und Weise auch wieder falsch verstandener Antiautorität von der Indianerkommune hat terrorisieren lassen, und die Debatten, die eigentlich Undine von Blottnitz hätte führen wollen, die waren gar nicht möglich, weil die Indianerkommune mal wieder das Podium besetzt hatte. Also es hat in dieser Zeit Fehlsteuerungen gegeben. Es ist sehr gut, dass Franz Walter, ein kritischer Parteienforscher, auch gerade was Grüne angeht, diese Studie übernommen hat. Ich bin froh, dass die Partei diesen Schritt gegangen ist, und wir werden klären, welche Verantwortung für völlig falsches Verständnis für Pädophilie die Grünen haben.
Heckmann: Frau Harms, nicht erst in Lüdenscheid im Jahr 1985 gab es diesen besagten Parteitagsbeschluss, sondern bereits 1980 - das hat Franz Walter jetzt publiziert - …
Harms: Ja!
Heckmann: … hat eine entsprechende Forderung nach Legalisierung ins Grundsatzprogramm Eingang gefunden …
Harms: Ja.
Heckmann: …, nämlich pädophile Handlungen straffrei zu stellen. Und er hat auch herausgefunden, dass diese Forderung bis 1993 Bestand hatte. Wie kann das sein?
Harms: Ja, das ist eine gute Frage. Ich kenne diesen Zwischenbericht ja auch erst jetzt und ich kann nur wieder sagen, es ist gut, dass es diesen Zwischenbericht gibt. Wir haben die Studie als Partei in Auftrag gegeben, um uns genau mit diesem Kapitel der Grünen-Vergangenheit zu beschäftigen. Ich glaube, dass man innerhalb der Grünen auch lernen muss, sich mit Fehlern auseinanderzusetzen. Das ist aber nicht das erste Mal, dass wir das tun. Wir werden Schlussfolgerungen aus Bewertungen dann auch zu ziehen haben. Und für mich ist ein ganz wichtiger Aspekt dabei, dass wir unsere Haltung zu uns selber, dass wir die nicht sozusagen unter uns neu ausmachen, sondern dass wir das, was wir falsch gemacht haben, dass wir das genauso öffentlich und gesellschaftlich zur Debatte stellen, wie wir das mit anderen Themen auch machen.
Heckmann: Sehen Sie Anlass, sich bei den Opfern pädophiler Handlungen zu entschuldigen als Partei?
Harms: Wir haben das bereits mehrfach getan. Cem Özdemir oder Claudia Roth, unsere Bundesgeschäftsführerin, andere haben gesagt, auch Daniel Cohn-Bendit übrigens, wenn das, was wir da vertreten haben, wenn das, was mit unseren Worten angerichtet wurde, wenn das wirklich so schlimm ist, dann entschuldigen wir uns dafür. Aber das ist nach wie vor eine andere Qualität des Vorwurfs und der Entschuldigung, als wir das aus anderen Zusammenhängen kennen, denn bisher gibt es niemanden, der uns als Parteiorganisation vorwerfen kann, dass wir organisiert Pädophilie betrieben haben. Diese Vorwürfe gibt es gegenüber den Grünen nicht und die ergeben sich auch nicht aus dem Zwischenbericht von Franz Walter.
Heckmann: Frau Harms, auch gegenüber der FDP sind Vorwürfe jetzt vorgebracht worden. Ist das ein Umstand, der die grüne Partei entlastet?
Harms: Ich glaube, dass es nicht um Entlastung geht in dieser ganzen Auseinandersetzung, sondern dass es darum geht, dass man die Verantwortung, die man durch fehlgeleitete Debatten, falsch verstandene Politik des Antiautoritären, falsch verstandene sexuelle Befreiung oder auch falsche Entgrenzung, dass man diese Fehler, dass man die aufarbeiten muss und dass es nicht um wirkliche Entlastung geht.
Heckmann: Die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, war das, live hier im Deutschlandfunk. Frau Harms, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Harms: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.